Vitamin-D-Supplementierung und Verringerung des COVID-19-Risikos: Zwei aktuelle Studien finden keinen Zusammenhang

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Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine Vitamin-D-Supplementierung das Risiko, an COVID-19 oder anderen akuten Atemwegsinfektionen zu erkranken, nicht verringert.

Zwei große klinische Studien, die kürzlich publiziert wurden, zeigen, dass die Erhöhung des Vitamin-D-Spiegels bei Erwachsenen während der SARS-CoV-2-Pandemie nicht mit einem Schutz vor Atemwegsinfektionen oder COVID-19 verbunden war.

Es ist seit Langem bekannt, dass Vitamin-D-Metaboliten die angeborene Immunantwort auf Viren und Bakterien der Atemwege unterstützen. In einigen Studien ist gezeigt worden, dass Vitamin D vor Infektionen der Atemwege schützen kann, insbesondere bei Personen mit Vitamin-D-Mangel.

Vitamin D hat daher viel Aufmerksamkeit im Hinblick auf eine mögliche Rolle bei der Prävention und Behandlung von COVID-19 erhalten. Bei den meisten bisher veröffentlichten Untersuchungen handelte es sich jedoch um Beobachtungsstudien, die insgesamt keine eindeutigen Ergebnisse gezeigt haben.

Die erste Studie wurde zwischen Dezember 2020 und Juni 2021 in Großbritannien durchgeführt und umfasste 6200 Erwachsene (16 Jahre und älter), die bei Einschluss in die Studie keine Vitamin-D-Ergänzungen einnahmen. Der Hälfte der Probanden (3100 Teilnehmern) wurde ein Bluttest zur Feststellung des Vitamin-D-Spiegels angeboten. Personen, bei denen ein niedriger Vitamin-D-Spiegel festgestellt wurde (2674; 86%), erhielten sechs Monate lang Vitamin-D-Ergänzungen in einer Dosierung von entweder 3200 Internationalen Einheiten (IE)/Tag oder 800 IE/Tag. Die andere Hälfte der Studienteilnehmer (Kontrollen) erhielten weder einen Bluttest noch eine Supplementierung.

Keine der Vitamin-D-Dosen zeigte über einen Zeitraum von sechs Monaten eine Wirkung auf diagnostizierte akute Atemwegsinfektionen oder Lateral-Flow-Tests oder mittels Reverser Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion bestätigte COVID-19-Fälle. Die Anzahl der unerwünschten Ereignisse war zwischen den Gruppen ähnlich, und den in der Studie verabreichten Supplementen wurde kein schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis zugeschrieben.

In der zweiten Studie (November 2020 bis Juni 2021) verwendeten deren Autoren in Norwegen Lebertran, der geringe Mengen an Vitamin D und Vitamin A sowie Omega-3-Fettsäuren enthält.

Insgesamt 34.741 Erwachsene (Alter 18–75 Jahre), die keine Vitamin-D-Präparate einnahmen, erhielten sechs Monate lang täglich entweder 5 ml Lebertran oder 5 ml Placebo (Maisöl). Die Mehrheit der getesteten Teilnehmer (86%) hatte zu Beginn der Studie einen ausreichenden Vitamin-D-Spiegel.

Auch hier fanden die Forschenden im Vergleich zu Placebo keine Wirkung von Lebertran auf akute Atemwegsinfektionen oder eine mittels PCR-Test bestätigte COVID-19-Erkrankung. Die Lebertran-Gruppe hatte nicht mehr Nebenwirkungen als die Placebo-Gruppe, und es wurden nur geringfügige Nebenwirkungen berichtet.

Bei beiden Studien ist auf Einschränkungen hinzuweisen: In der britischen Untersuchung zum Beispiel waren sich die entsprechenden Teilnehmer bewusst, dass sie ein aktives Präparat erhielten, und fast die Hälfte der Kontrollgruppe nahm während der Studie mindestens einmal ein Vitamin-D-Präparat ein. In der norwegischen Studie waren die Teilnehmer relativ jung und gesund, und die meisten hatten (bei den Tests) zu Beginn der Studie einen ausreichenden Vitamin-D-Spiegel.

Die Ergebnisse sollten auch im Zusammenhang mit einem hochwirksamen Impfstoff interpretiert werden, der während beider Studien eingeführt wurde.

Dennoch haben beide Studien auch Stärken, darunter die Verwendung von RT-PCR-Abstrichtests zur Bestätigung von Infektionen und ein hohes Maß an Compliance unter den Teilnehmern. Die Ergebnisse stimmen auch mit früheren Untersuchungen überein, in denen keine vorbeugende Wirkung von Vitamin D auf das COVID-19-Risiko festgestellt wurde.

Zusammengenommen deuten diese neuen Ergebnisse darauf hin, dass Vitamin-D-Ergänzungen das Risiko für COVID-19 oder andere akute Atemwegsinfektionen nicht verringern.

In einem Kommentar zu der Studie schreibt Prof. Peter Bergman vom Karolinska Institutet in Schweden, dass die Impfung immer noch der effektivste Weg sei, Menschen vor COVID-19 zu schützen, und dass gesunde Menschen mit normalen Vitamin-D-Spiegeln keine Nahrungsergänzung mit Vitamin D und Lebertran verwenden sollten. Stattdessen schlägt er vor, dass Ärzte sich auf Risikogruppen konzentrieren sollten – darunter Menschen mit dunkler Haut oder solche, die selten der Sonne ausgesetzt sind sowie schwangere Frauen und ältere Menschen mit chronischen Erkrankungen, die vor Veranlassung einer Supplementierung getestet werden sollten.