Vollnarkose bei Kaiserschnitt: Wie sicher ist sie für das Kind?

Bei rund einem Drittel der Geburten in Deutschland wird ein Kaiserschnitt durchgeführt. (Symbolfoto: ©DieFotografin/stock.adobe.com)

Nur selten wird ein Kaiserschnitt unter Vollnarkose durchgeführt. Manchmal ist sie jedoch nötig. Eine aktuelle Metaanalyse deutet an, dass eine Allgemeinanästhesie für das Kind fast genauso sicher ist wie eine Regionalanästhesie.

Ein Großteil der Kaiserschnittentbindungen wird heutzutage unter einer Regionalästhesie durchgeführt. Zu den Vorteilen der Spinal- bzw. Periduralanästhesie zählen ein geringerer mütterlicher Blutverlust und eine geringere Medikamentenexposition des Kindes, die Vermeidung potenzieller Aspirationen und Intubationsprobleme sowie das aktive Miterleben der Geburt.

Vollnarkosen werden meist nur in Notfallsituationen vorgenommen. Aber auch Kontraindikationen für eine neuraxiale Punktion oder der ausdrückliche Wunsch der Schwangeren können eine Indikation für eine Allgemeinanästhesie im Rahmen einer Sectio caesarea sein. Zudem kommt die Allgemeinanästhesie bei unzureichender Spinalanästhesie zum Einsatz. Neben der „verpassten“ Geburt stehen häufig Bedenken hinsichtlich der Sicherheit für das Kind im Vordergrund der elterlichen aber auch der ärztlichen Vorbehalte gegen die Vollnarkose.

Nur geringe Unterschiede für das Kind zwischen Regional- und Allgemeinanästhesie

Eine aktuelle Metaanalyse von 36 randomisierten klinischen Studien, die insgesamt 3456 Neugeborene umfassten, gibt nun aber teilweise Entwarnung bezüglich der negativen Auswirkungen für das Kind. Die Metaanalyse inkludierte Studien, die über einen Zeitraum von 30 Jahren eine Regionalanästhesie (Spinal-, Peridural- oder kombinierte Spinal-Epiduralanästhesie) mit einer Allgemeinanästhesie bei Kaiserschnittentbindungen verglichen. Die Studienergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Anesthesiology“ publiziert.

Demnach haben Babys, die unter einer Regionalanästhesie geboren werden, zwar etwas höhere Apgar-Werte (0,58 Punkte nach einer Minute und 0,09 Punkte nach fünf Minuten) als Babys, die unter Vollnarkose auf die Welt kommen. Die Unterschiede sind jedoch so gering, dass sie klinisch wahrscheinlich nicht relevant sind. Ferner benötigen die Neugeborenen nach Regionalanästhesie etwas seltener eine Atemunterstützung. Der Bedarf an neonatologischer intensivmedizinischer Versorgung unterschied sich aber nicht zwischen den verschiedenen Anästhesietechniken.

Vollnarkose als sinnvolle Alternative bei unzureichender Regionalanästhesie

„Für Patientinnen, die einer Regionalanästhesie offen gegenüberstehen, bleiben die Spinal- oder Epiduralanästhesie weiterhin die erste Wahl“, sagt der leitende Studienautor Dr. Mark Neuman von der Perelman School of Medicine an der University of Pennsylvania (Philadelphia, USA). Die Vollnarkose könne aber eine sinnvolle Alternative sein, besonders bei Patientinnen, die unter der Regionalanästhesie starke Schmerzen erleiden. Schätzungen zufolge kann dies bei bis zu 15 Prozent der Patientinnen vorkommen.

„Keine Patientin sollte während eines Kaiserschnitts Schmerzen erleiden müssen. Als Anästhesist möchte ich nicht, dass sich jemand gezwungen sieht, zwischen der Gesundheit seines Babys und der Vermeidung von Schmerzen während der Operation zu wählen“, sagt Neuman. „Da die Regionalanästhesie so weit verbreitet ist, glauben die Patientinnen häufig, dass eine Spinal- oder Epiduralanästhesie die einzige sichere Option für einen Kaiserschnitt ist. Wie unsere Studie jedoch zeigt, muss die Art der Anästhesie während der Schwangerschaft nicht für alle gleich sein.“

„Diese Studie liefert Frauen evidenzbasierte Informationen über den Einsatz von Vollnarkosen bei Kaiserschnitten“, ergänzt Erstautorin Dr. Sarah Langer. „Die Geburt eines Kindes ist ein körperlich und emotional anstrengender Prozess, aber wir möchten nicht, dass Patientinnen das Gefühl haben, keine Wahl zu haben, wenn es um die Anästhesie für ihren Kaiserschnitt geht.“ „Patientinnen haben ein Recht darauf, zu wissen, dass sie verschiedene Optionen haben, und unsere Studie liefert die Evidenz, um diese Gespräche zu unterstützen“, resümiert Neuman.

Studienlimitationen

Einschränkend weisen die Autoren darauf hin, dass die meisten der in die Analyse einbezogenen Studien außerhalb Nordamerikas durchgeführt wurden. Auch wiesen sie ein hohes oder unklares Verzerrungspotenzial auf. Historisch bedingte Einschränkungen bei der Untersuchung der Schwangeren könnten die Verfügbarkeit solider Daten zudem eingeschränkt haben. Und schließlich ist die Evidenz über die ersten Lebensstunden hinaus begrenzt. Daher sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich, um die längerfristigen neurologischen Ergebnisse, die Versorgung auf der Neugeborenen-Intensivstation und die Mortalität zu klären.

(ah/BIERMANN)