Vollnarkose bei Kindern: Verbesserte Überwachung per Atemanalyse3. Juni 2025 Erstautor Jiafa Zeng drückt die Atemluft aus dem Probenbeutel in ein Massenspektrometer, um die Stoffwechselprodukte in der ausgeatmeten Luft zu analysieren. (Foto: © Department of Biomedical Engineering, Universität Basel) Eine Arbeitsgruppe aus der Schweiz berichtet in einer aktuellen Veröffentlichung, dass sich mithilfe einer Exhalatanalyse eine Anästhesie bei Kindern besser überwachen lässt, als es bisher möglich war. Exhalat enthält eine Vielzahl an Molekülen. Mit Messgeräten, die speziell dafür an der Universität Basel (Schweiz) entwickelt wurden, lassen sich Stoffwechselprodukte sowie Medikamente und ihre Abbauprodukte im Atem aufspüren. Dies machen sich Forschende um Prof. Pablo Sinues vom Departement Biomedical Engineering und dem Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) zunutze. Das Anästhetikum Propofol ist seit mehr als 30 Jahren im Einsatz und gilt als sicheres Medikament, um eine Vollnarkose einzuleiten und aufrecht zu erhalten. Die optimale Dosierung ist gerade bei Kindern eine Herausforderung: Als Parameter kommen Körpergröße, Gewicht, Geschlecht und Alter zur Anwendung. Die Exposition des Gehirns, wo sich der Effekt entfaltet, können Fachleute nur anhand indirekter Rückschlüsse bestimmen. Vitalzeichen und Bewegungen oder auch Messungen der Hirnaktivität dienen als Anhaltspunkte für nötige Anpassungen der Propofolmenge, damit das Kind weder aufwacht noch einer zu hohen Konzentration ausgesetzt ist. Aufwendige Bluttests Die Messung der Propofolkonzentration im Blut wäre ein guter Anhaltspunkt, um abzuschätzen, wie viel des Wirkstoffs das Gehirn erreicht. Allerdings gibt es bisher keinen Bluttest, der schnell genug Ergebnisse liefert. Deshalb hat Sinues’ Team in Zusammenarbeit mit der Abteilung für pädiatrische Anästhesie am UKBB untersucht, ob eine Atemanalyse bei der Dosierung unterstützen und während der Vollnarkose quasi in Echtzeit Ergebnisse liefern könnte. „Propofol ist recht flüchtig und lässt sich gut im Atem messen“, erklärt Sinues. Die Pilotstudie umfasste zehn Kinder, die sich aus verschiedenen Gründen einer Operation unter Vollnarkose unterziehen mussten. Bei ihnen nahmen die Forschenden vor und während der Anästhesie alle 30 Minuten gleichzeitig Atem- und Blutproben. Dr. Jiafa Zeng, Erstautor der Studie, sammelte die ausgeatmete Luft der Patienten mit der Hilfe und Anleitung des verantwortlichen Anästhesisten Dr. Nikola Stankovic. Die Atemluftprobe sammelten sie dabei in speziell dafür entwickelten Kunststoffbeuteln, um sie im Labor mittels Massenspektrometrie zu analysieren. „Das Gerät ist zu groß, um es im Operationssaal unterzubringen“, erklärt Zeng. Die Blutproben untersuchten Forschende am Universitätsspital Zürich Tage bis Wochen nach der jeweiligen Entnahme. Atemanalyse zeigt auch Stress im Körper Der Vergleich der Messwerte zeigte: Der Wirkstoff und seine Abbauprodukte ließen sich zuverlässig im Atem nachweisen. Zudem entsprachen die Ergebnisse der Atemanalyse sehr gut den im Blut gemessenen Konzentrationen. Die Atemanalyse zeigte aber noch mehr, nämlich eine ganze Reihe von Stoffen, die der Organismus in Reaktion auf eine bestimmte Art von Stress während einer Narkose und Operationen produziert (oxidativer Stress). „Wir können mit dieser Methode also nicht nur die Propofolkonzentration bestimmen, sondern auch messen, wie der Körper auf die Anästhesie und die Operation reagiert“, berichtete Sinues. Die sehr seltenen Fälle, in denen Propofol zu Komplikationen führt – insbesondere bei Kindern –, ließen sich anhand dieser Messwerte womöglich frühzeitig erkennen. Atemluft statt Blutproben Mit Unterstützung eines Eccellenza-Stipendiums des Schweizerischen Nationalfonds erforschen Sinues und sein Team seit mehreren Jahren, wie man Atemanalysen für die Diagnostik und individuelle Dosierung von Medikamenten einsetzen kann. Insbesondere Kinder und ältere Personen könnten davon profitieren. In früheren Arbeiten konnten die Forschenden beispielsweise zeigen, dass sich Epilepsie-Medikamente und ihre Abbauprodukte im Atem messen lassen, und diese Werte helfen können, die Medikamente richtig zu dosieren. Bisher sind dafür regelmäßige Bluttests nötig. Auch den Zustand hospitalisierter Kinder mit Diabetes konnten sie mit dieser Methode gut überwachen.
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