Von Hefe für Demenzerkrankungen lernen

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Biophysiker der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und des Forschungszentrums Jülich (FZJ) haben zusammen mit japanischen Kollegen die Faltung bestimmter Proteine bei Hefeorganismen untersucht und dabei ähnliche Mechanismen wie bei Prionen gefunden.

Proteine, die zum Teil aus hunderten bis tausenden Aminosäuren bestehen, sind komplex gefaltete dreidimensionale Gebilde. Ihre Struktur ist von entscheidender Bedeutung für ihre Funktion. Kommt es zu Faltungsfehlern, verlieren die Proteine nicht nur ihre biologische Funktion; sie können unter anderem auch neurodegenerative Erkrankungen verursachen. Für die Rinderkrankheit BSE beziehungsweise die Creutzfeld-Jakob-Erkrankung beim Menschen sind Prionen verantwortlich, Aggregate aus fehlgefalteten körpereigenen Proteinen. Diese sind in der Lage, ihre falsche Struktur auf andere Proteine zu übertragen und sind damit ansteckend.

Auch in Hefen gibt es Proteine, die – wie bei den Krankheitserregern beim Tier und Menschen – infektiöse Zusammenlagerungen, Prionen, bilden können. Hefen eignen sich deshalb gut als Studienobjekt, um zentrale Mechanismen bei den humanen Krankheiten zu untersuchen.

Die Arbeitsgruppe um Prof. Henrike Heise vom Institut für Physikalische Biologie der HHU untersuchte zusammen mit Kollegen des japanischen RIKEN-Forschungsinstituts mithilfe der Kernspinresonanztomografie die Strukturen verschiedener Stämme der Prionen, die vom N-terminalen Fragment Sup35NM des Hefeprions Sup35p gebildet werden. Vor allem wollten die Wissenschaftler klären, welchen Einfluss Umweltbedingungen oder genetische Faktoren auf die Struktur der Prionen und damit auf ihre spezifischen Eigenschaften wie Infektiosität haben.

Nachdem frühere Versuche gezeigt hatten, dass thermodynamische Faktoren wie die Umgebungstemperatur zu verschiedenen Prionenstämmen mit unterschiedlichen Strukturen und Eigenschaften führen können, untersuchten die Forscher nun eine Punktmutation, in der eine einzige Aminosäure im Zentrum des fehlgefalteten Bereiches – des Amyloid-Kernbereiches – durch eine andere ersetzt ist. Dieser einzelne Aminosäureaustausch führt dazu, dass das mutierte Protein zwar auch Prionen bilden kann, die sich in ihren Eigenschaften allerdings deutlich von den Prionen des ursprünglichen „Wildtyp“-Proteins unterscheiden.

Unabhängige Untersuchungen durch Proteinverdau-Experimente sowie durch Festkörper-Kernspinresonanzspektroskopie zeigten, dass der Amyloid-Kernbereich der Prionen, die vom mutierten Sup35NM-Protein gebildet werden, in einer Region liegt, die im Wildtyp-Prion nicht zum Amyloid-Kernbereich gehört. Weiterhin fand man, dass diese Proteinmutante bereits im ungefalteten Zustand weniger kompakt ist, was letztendlich Auswirkungen auf die Zusammenlagerung der Proteine hat.

Dies sind wichtige Erkenntnisse für das Verständnis der Bildung von fehlerhaften und krankmachenden Proteinstrukturen. Auf dieser Grundlage kann es auch möglich sein, neue Therapieansätze zu finden. Neben der Creutzfeld-Jakob-Krankheit ist dies auch für andere neurologische Erkrankungen wie die Alzheimer-Demenz oder Parkinson relevant, da auch diese von fehlerhaft aufgebauten Proteinen verursacht werden, die sich verklumpen und in der Folge Nervenzellen schädigen können.

Originalveröffentlichung:
Ohhashi Y et al.: PNAS, 21. Februar 2018