Von Mutter auf Kind übertragene Ureaplasmen gefährden Lungengesundheit20. September 2018 Foto: © MoiraM/Fotolia Bestimmte Bakterien, die während der Schwangerschaft im Mutterleib an das Kind weitergegeben werden, sind offenbar mit Frühgeburten und Atembeschwerden beim Nachwuchs assoziiert, könnten aber sicher mit Antibiotika behandelt werden. Kinder, die sehr früh vor dem errechneten Termin geboren werden, weisen laut einer neuen Studie mit höherer Wahrscheinlichkeit Ureaplasma-Bakterien auf. Die aktuelle Arbeit wurde kürzlich auf dem internationalen Kongress der European Respiratory Society in Paris vorgestellt. Das Bakterium Ureaplasma kommt häufig im Geburtskanal vor. Es ist jedoch ungewöhnlich klein und nur schwer zu erkennen. Die Bakterien können während der Schwangerschaft oder der Geburt an das Kind weitergegeben werden und bei Neugeborenen eine Atemwegsinfektion verursachen. Die neue Forschung zeigt, dass Babys, die lange vor dem errechneten Termin zur Welt kommen und bei der Geburt in der Lunge Ureaplasmen aufweisen, in ihrem ersten Lebensjahr mit höherer Wahrscheinlichkeit Atemprobleme entwickeln und weniger wahrscheinlich überleben. Es zeigt sich auch, dass ein weit verbreitetes Antibiotikum, das im Labor gegen Ureaplasmen wirksam ist, auch Frühgeborenen sicher verabreicht werden kann und somit in Zukunft eine Rolle bei der Behandlung von Frühgeborenen spielen könnte. Die Studie wurde von in Paris von Dr. Rose Marie Viscardi, Professorin für Pädiatrie an der medizinischen Fakultät der Universität von Maryland (Baltimore) vorgestellt. Sie erklärt: “Die Forschung hat bereits einen Zusammenhang zwischen Ureaplasma-Infektionen, Frühgeburt und der schweren Lungenerkrankung bronchopulmonale Dysplasie vermutet. Frühgeborene Babys mit dieser Erkrankung können an langfristigen Atmungsproblemen wie Asthma leiden und benötigen möglicherweise zu Hause eine Sauerstoffversorgung, Medikamente für die Atemwege, müssen häufiger zum Arzt und kommen mit höherer Wahrscheinlichkeit erneut ins Krankenhaus.” Viscardi ergänzt: “Ich untersuche den Zusammenhang zwischen einer Infektion der Atemwege mit Ureaplasma und bronchopulmonaler Dysplasie seit mehr als 20 Jahren. Eine der Hauptfragen ist, ob dieses Bakterium Neugeborene krank macht und ob eine Eliminierung dieser Bakterien die Outcomes bei diesen sehr kleinen Babys verbessert. “ Viscardi und Kollegen untersuchten eine Gruppe von 121 Säuglingen, die zwischen der 24. und 28. Gestationswoche geboren wurden. Die Hälfte der Babys wurde über drei Tage mit Azithromycin (20 mg/kg/KG pro Tag) behandelt, während die andere Hälfte ein Placebo erhielt. Alle wurden vor und nach der Behandlung auf Ureaplasmen in Nase und Luftröhre getestet und während ihres ersten Lebensjahres nachbeobachtet. Die Forscher fanden heraus, dass 36 Prozent aller Säuglinge in dieser Studie Ureaplasma-positiv waren. Der Anteil stieg aber auf 45 Prozent bei den am frühesten geborenen Kindern, die zwischen der 24. und 26. Gestationswoche geboren worden waren. Im Vergleich zu Kindern ohne eine solche Infektion oder jenen, bei denen die Bakterien nur in der Nase gefunden wurden, besaßen die viel zu früh Geborenen mit Ureaplasmen in der Luftröhre eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit (71% vs. 90% und 100%). Außerdem war die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie während des ersten Lebensjahres eine bronchopulmonale Dysplasie und andere Atemprobleme entwickelten (67% vs. 50% und 21%). Die Studie legt nahe, dass die Gabe von Azithromycin über drei Tage hinweg für diese Frühgeborenen unbedenklich war und Ureaplasmen so wirksam eradiziert werden konnte. Die Wissenschaftler warnen, dass es sich hier um eine nur kleine Studie handelt. Die Ergebnisse zeigten aber auch, dass die Wahrscheinlichkeit für Tod oder eine schwere Atemwegserkrankungen ein Jahr nach der Geburt bei den mit Azithromycin behandelten Säuglingen geringer war als bei jenen, die Ureaplasma-positiv waren und mit Placebo behandelt wurden (33% vs. 86%). “Wir glauben, dass Ureaplasmen mit der Immunabwehr von Mutter und Kind interagieren können, was zu einer chronischen Infektion mit anhaltenden Entzündungen führt. Dies kann vorzeitige Wehen oder einen vorzeitigen Blasensprung zur Folge haben. Bei Frühgeborenen kommt es durch Entzündungen zu einer veränderten Entwicklung der unreifen Lunge, was zur Entstehung einer bronchopulmonalen Dysplasie beiträgt”, erklärt Viscardi. “Diese Studie zeigt, dass Ureaplasma-Infektionen der Atemwege bei extrem frühgeborenen Säuglingen sehr häufig sind. Ärzte sollten in Erwägung ziehen, Neugeborene mit einem erhöhten Risiko auf eine solche Infektion zu testen. Die Studie lässt auch darauf schließen, dass eine dreitägige Gabe von Azithromycin sicher und wirksam ist. Die Evidenz ist allerdings noch nicht ausreichend, um eine routinemäßige Behandlung von Ureaplasma-Infektionen zu empfehlen. Wir planen eine größere klinische Studie, um diese Frage zu behandeln.” Viscardi und ihre Arbeitsgruppe werden die in diese Studie eingeschlossenen Kinder weiter beobachten und hoffen, eine größere Untersuchung durchführen zu können, um zu zeigen, ob eine Behandlung mit Azithromycin die Ergebnisse längerfristig verbessert. Prof. Tobias Welte von der Universität Hannover ist Präsident der European Respiratory Society erklärt: “Es gibt derzeit keinen Konsens unter Neonatologen, ob auf Ureaplasmen getestet werden soll oder ob eine Behandlung erfolgen soll, wenn die Bakterien nachgewiesen werden. Ureaplasmen werden bei Routinetests auf Infektionen nicht erkannt und erfordern spezielle Labortests. Diese Bakterien sind beim gesunden Menschen nicht gefährlich, daher glauben viele Ärzte nicht, dass eine Behandlung notwendig ist.” “Diese Studie legt jedoch nahe, dass diese Infektion bei extrem Frühgeborenen mit einer bronchopulmonalen Dysplasie und einem höheren Sterberisiko einhergeht. Größere klinische Studien sind notwendig, um die Bedeutung des Nachweises von Ureaplasma bei Frühgeborenen zu klären und um zu zeigen, ob eine Behandlung mit Antibiotika sinnvoll ist. Bis dahin sollte eine Antibiotikatherapie nicht routinemäßig angewendet werden”, erklärt Welte.
Mehr erfahren zu: "NSCLC nach stereotaktischer Strahlentherapie: Vorhersage lokaler Rezidive mithilfe von Radiomics-Modellen" Weiterlesen nach Anmeldung NSCLC nach stereotaktischer Strahlentherapie: Vorhersage lokaler Rezidive mithilfe von Radiomics-Modellen Forschende aus den USA haben kürzlich über die Entwicklung eines Radiomics-Modells zur Vorhersage lokaler Rezidive bei Nichtkleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) nach stereotaktischer Strahlentherapie (SBRT) berichtet.
Mehr erfahren zu: "Kleinzelliger Lungenkrebs: Mithilfe von Radiomics lassen sich Risiko-stratifizierte Entscheidungen treffen" Weiterlesen nach Anmeldung Kleinzelliger Lungenkrebs: Mithilfe von Radiomics lassen sich Risiko-stratifizierte Entscheidungen treffen Bei der Behandlung des Kleinzelligen Lungenkarzinoms (SCLC) stellt die Entwicklung einer Resistenz gegen die eingesetzte Chemotherapie ein anhaltendes Problem dar. Der Einsatz von „Radiomics“ könnte das nun ändern.
Mehr erfahren zu: "Radikale thorakoskopische Lungenkrebsoperation: Prä- und Rehabilitation führt zu weniger Komplikationen und rascherer Genesung" Radikale thorakoskopische Lungenkrebsoperation: Prä- und Rehabilitation führt zu weniger Komplikationen und rascherer Genesung Mit der Rehabilitation (auch Prähabilitation) von Patienten, die sich einer radikalen thorakoskopischen Lungenkrebsoperation (TLCRS) unterzogen haben, hat sich jüngst ein Forscherteam aus China beschäftigt. Die Frage lautete, welcher Ansatz am […]