Von Vocal Fry bis Falsett: Zahnwale verwenden unterschiedliche Stimmlagen6. März 2023 (Symbolbild) Foto: © Claudia Beer – pixabay.com Delfine, Schwert- und Pottwale gehören zu den Zahnwalen. Um zu kommunizieren, zu jagen und sich zu orientieren, erzeugen sie Geräusche. Wie die Tiere die Geräusche tausend Meter unter Wasser generieren, wo der Druck hundert Mal höher ist als an der Oberfläche, war bisher nicht bekannt. Eine aktuelle Studie im Fachmagazin „Science“ beschreibt drei unterschiedliche Stimmlagen und die Anatomie, die es ermöglicht, die Töne unter Wasser zu erzeugen. Zahnwale produzieren die lautesten Töne im Tierreich. Um die erforderliche Technik zu entwickeln und die Daten für die Studie zu sammeln, benötigte das Team, das aus Professorin Dr. Ursula Siebert, Leiterin des Instituts für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo), Professor Coen Elemans, Stimmforscher am Fachbereich Biologie der Universität Süddänemark, und Professor Peter Madsen, Walbiologe am Fachbereich Biologie der Universität Aarhus in Dänemark bestand, zehn Jahre. Die Stimmlagen Wie Menschen haben Zahnwale mindestens drei Stimmlagen: Vocal Fry, eine Bruststimme und Falsett. Vocal Fry beschreibt eine tiefe, knarrende Stimme. Im amerikanischen Englisch wird sie häufig verwendet. Kate Perry oder Kim Kardashian sind Beispiele dafür. Die Bruststimme ist mit unserer Sprechstimme vergleichbar. Falsett erzeugt eine höhere Frequenz wie die männliche Kopfstimme. Sie ist auch mit der weiblichen Sopran- oder Altstimme zu vergleichen. „Die Vocal-Fry-Stimmlage setzen die Wale ein, wenn sie jagen“, erklärt Siebert. Die Tiere erzeugen Geräusche, deren Schall von den Beutetieren abprallt und als Echo zu den Walen zurückkehrt. Mit Hilfe dieser Echoortung können sie ihre Beute in bis zu zweitausend Metern Tiefe in völliger Dunkelheit orten, verfolgen und fangen. Sie stoßen dafür kurze kräftige Ultraschall-Töne mit einer Geschwindigkeit von bis zu 700 Tönen pro Sekunde aus. Schall verbreitet sich im Wasser fünfmal schneller aus als in der Luft. „Für die Vocal-Fry-Töne müssen sie die Stimmlippen nur kurz öffnen, sodass sie nur sehr wenig Luft für diesen Ton benötigen – für die Echoortung und die Jagd ideal“, so Siebert. Bei tiefen Tauchgängen wird die Luft in den Lungen der Wale durch den hohen Druck unter Wasser zusammengepresst. Die Anatomie Vor bereits 40 Jahren wurden entdeckt, dass Zahnwale, Töne nicht wie andere Säugetiere mit dem Kehlkopf, sondern mit sogenannten Schalllippen in der Nase erzeugen. Was genau dabei passiert beschreibt das Forschungsteam in der aktuellen Studie. Sie nutzten dafür Hochgeschwindigkeitsvideos, die sie mit Endoskopen, also kleinen Kameras, aufzeichneten. Ihre Messungen machten sie mit trainierten Delfinen und Tieren in freier Wildbahn, die sie von kleinen Booten aus mit kleinen Sendern versehen hatten. „Physikalisch funktioniert ihr System genauso wie der Kehlkopf bei Säugetieren oder der Stimmkopf bei Vögeln“, erklärt Siebert, „auch sie nutzen Luft, um Töne zu erzeugen.“ Die Töne entstehen statt in der Luftröhre aber in der Nase. Das ermöglicht es den Walen, einen höheren Druck zu erzeugen: Er kann bis zu fünfmal so hoch sein wie der Druck, den ein Trompeter mit seinem Instrument erzeugen kann. „Eines der Rätsel, das wir lösen mussten, war, wie es ihnen gelingt, in tausend Metern Tiefe einen ausreichenden Luftstrom zu erzeugen. Der Druck ist dort so groß, dass die Luft in den Lungen der Wale auf ein Prozent des Volumens, das sie an der Oberfläche haben würde, zusammengepresst wird. Die verbliebene Luft sammelt sich in einem kleinen Muskelsack im Maul. Herauskommen dabei schließlich die lautesten Töne, die Tiere überhaupt erzeugen können“, so Siebert. Wenn die Tiere tiefer als hundert Meter tauchen, kollabieren ihre Lungen, um die Druckfall- oder Taucherkrankheit zu vermeiden. Die Luft aus den Lungen steht den Zahnwalen also nicht mehr zur Verfügung. Um Töne zu erzeugen, nutzen sie die im Muskelsack gesammelte Luft: Der Wal öffnet für etwa eine Millisekunde ein Ventil, wodurch ein Luftstoß mit sehr hohem Druck an den vibrierenden Schalllippen in der Nase entlangströmt. Wenn die Lippen wieder zusammenschlagen, entsteht der Klicklaut. Diese Schallwellen breiten sich dann zur Vorderseite des Walkopfes aus.
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