Vorbild Miesmuschel: Druckbarer Klebstoff für Gewebe und Knochen20. Dezember 2023 Der dopaminbasierte Gewebekleber wird von einem Drucker auf einen dreidimensionalen Titaniumshaft eines Hüftgelenks aufgebracht. (Foto: © Fraunhofer CMI) Forschende haben einen Gewebekleber entwickelt, mit dem der frühzeitige Austausch von Prothesen künftig vermeidbar ist. Auf die Titanoberfläche des Implantates aufgebracht, stellt das biomimetische, antimikrobielle Material die Verbindung zum Knochen her. Der Kleber, der die haftende Eigenschaft von Miesmuscheln nachahmt, lässt sich zudem auf gekrümmte, unebene Flächen drucken. Sie sind das Ärgernis eines jeden Reeders: Miesmuscheln haften fest an Außen- und Unterseiten von Schiffen, der Bewuchs lässt sich nur schwer entfernen. Ein Protein, das die Aminosäure Dihydroxyphenylalanin – auch DOPA genannt – enthält, ist verantwortlich für die haftende Wirkung der Muscheln an Oberflächen. Forschende am Fraunhofer IAP im Potsdam Science Park haben in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IGB und dem Fraunhofer USA CMI einen biomimetischen Kleber entwickelt, der diese Eigenschaft nachahmt. Er zeichnet sich durch außergewöhnliche Haftungs- und Bindungseigenschaften aus und hat daher das Potenzial, in verschiedenen biomedizinischen Anwendungen eingesetzt zu werden. So lassen sich etwa offene Wunden damit verschließen. Auch können Titanoberflächen von Implantaten damit beklebt werden, damit der Körper die Oberfläche als knochenähnliche Substanz erkennt und die Verbindung zum Knochen herstellt, berichtet die Fraunhofer Gesellschaft. „DOPA sorgt für eine äußerst effektive Haftung. Diese Eigenschaft haben wir auf unseren Klebstoff übertragen, indem wir Polymere synthetisiert haben, die den Baustein Dopamin enthalten, ein chemisches Analogon von DOPA. Der dopaminbasierte Klebstoff lässt sich mit verschiedenen Additiven, wie Apatit-Partikeln – eine Substanz, aus der Zähne bestehen –, Proteinen und Signalmolekülen versetzen. Diese fördern das Wachstum von Knochenzellen und können als Beschichtungsmaterial etwa für Titanimplantate verwendet werden”, erläutert Dr. Wolfdietrich Meyer, Wissenschaftler am Fraunhofer IAP. Nach Angaben der Forscher lässt die spezielle Beschichtung das Implantat für den Körper natürlicher erscheinen und kann die Heilung und Integration des Implantates im Körper fördern. Zudem besitze der biobasierte, nachhaltig hergestellte Klebstoff antimikrobielle Eigenschaften. Die dopaminbasierten Polymere eignen sich nicht nur für Gewebeklebstoffe, sondern auch für die Entwicklung funktionalisierter Oberflächen, antibakterieller Materialien und intelligenter Beschichtungen mit speziellen Funktionen, so die Forschenden weiter. Photoreaktiver Kleber lässt sich auf unebene Flächen drucken Durch chemische Synthese kann man die Funktionalität des Klebers erweitern. Er lässt sich derart modifizieren, dass er auf Licht reagiert. Wird er mit UV-Licht bestrahlt, so härtet er aus. Dabei verstärkt sich seine haftende Wirkung. Photoreaktive Materialien lassen sich im 3-D-Druck in Gegenwart von UV-Strahlung verarbeiten. Auf diese Weise können komplexe Strukturen für maßgeschneiderte medizinische Implantate aufgebaut werden, erklärt die Fraunhofer-Gesellschaft. Dem Forscherteam an den Fraunhofer-Instituten IAP und IGB sei es gelungen, den Kleber durch Vernetzung der Polymere druckbar zu machen. „Wir haben quasi das Druckmaterial für den 3-D-Druck entwickelt”, sagt Meyer. Am Fraunhofer Center for Manufacturing Innovation CMI in Boston, USA, wurde das Material mithilfe eines Bioprinters auf einen dreidimensionalen Titaniumshaft eines Hüftgelenkes aufgebracht. Künftig arbeiteten die Forscherinnen und Forscher an Lösungen, wie man den Kleber schaltbar machen kann. „Hat der Chirurg den medizinischen Klebstoff beispielsweise geringfügig falsch platziert, muss er diesen Fehler schnell korrigieren und die klebende Wirkung deaktivieren können”, erklärt der Chemiker.
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