VSOU digital: “O & U für Jung und Alt”

Corona hat die kinder- und jugendorthopädischen Patienten nachhaltig getroffen (Foto: rocketclips, stock.adobe.com)

Das Motto des diesjährigen Online-Kongresses spiegelt zugleich einen Themenschwerpunkt wider: die Betrachtung von orthopädischen Erkrankungen jeweils aus Sicht von Spezialisten für Verletzungen im Kindes- und Jugendalter und denen der Erwachsenenmedizin – durchaus keine alltägliche Herangehensweise, so die Experten.

Maßgeblich dafür verantwortlich ist laut VSOU einer der beiden diesjährigen Kongresspräsidenten. Prof. Thomas Wirth ist Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik des Olgahospital Stuttgart und arbeitet schwerpunktmäßig im Bereich der Kinder- und Jugendorthopädie.

Er sagt: „Die Idee ist, dass wir über die Zusammenführung von Aspekten in der jeweiligen Altersgruppe voneinander lernen, uns austauschen wollen. Traditionell haben die Spezialisten ihre eigenen Kongresssitzungen. Wir wollen das aufbrechen, um gemeinsam den aktuellen Wissensstand zu Erkrankungen und Verletzungen von Kindern und Erwachsenen zu diskutieren.“

Corona hat die kinder- und jugendorthopädischen Patienten nachhaltig getroffen

Die Corona-Pandemie habe die kinder- und jugendorthopädischen Patienten nachhaltig getroffen, so der Stuttgarter Mediziner. „Reduzierte OP-Kapazitäten, die uns bisher auch noch nicht wieder zurückgegeben werden konnten, führen zu Priorisierung und partiell auch zu Rationierung des medizinischen Angebotes. Manche Krankheitsbilder werden zu spät erkannt, sind damit schwerwiegender und die Prognose ist schlechter“, erklärt er. Als Beispiel nennt er etwa eine verspätet diagnostizierte Skoliose.

Versorgung in den Kinderkliniken darf nicht unter der Pandemiebewältigung leiden

Andere Patienten konnten nicht zeitgerecht fachkompetent operiert werden. „Nach meiner persönlichen Ansicht verlieren Kinder- und Jugendliche nicht nur durch die Schließung der Schulen, sondern auch auf dem Feld der Gesundheit dadurch, dass Kinderkliniken den Erwachsenenkliniken bei der Pandemiebewältigung zur Seite stehen müssen. Diese Unterstützung ist selbstverständlich und notwendig. Aber auch unter Beachtung der besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie kann das nicht zu Ungunsten kranker Kinder und Jugendlicher geschehen“, sagt Wirth. Es sei hier mehr gesellschaftliche Verantwortung gefragt, nicht zuzulassen, dass die Kinder in der Medizin als Randgruppe behandelt werden.

Zu schaffen mache der Kinder- und Jugendorthopädie auch die langjährige Unterfinanzierung, die bekanntermaßen die gesamte Kinder- und Jugendmedizin seit Jahren fest im Griff habe. Das Wirth zufolge an dem sehr diversifizierten und breiten Leistungsspektrum, besonders sichtbar in Spezialabteilungen, an höheren Vorhalte- und Betreibungskosten, hohen Personalkosten und in erster Linie an der nicht ausreichenden Refinanzierung der medizinischen Leistungen.

„Es sind vor allem die aufwändigen und hochkomplexen Fälle und Prozeduren, die zu keinem Zeitpunkt annähernd kostendeckend im DRG-System abgebildet werden. Essenzielle Leistungen in der Kinder und Jugendmedizin, wie beispielsweise psychologische Begleitung oder Unterstützung durch Sozialarbeiter sind in diesem Vergütungssystem gar nicht vorgesehen. Das geht am medizinischen Berufsethos komplett vorbei“, fasst es der Kinderorthopäde zusammen.