Wache COVID-19-Patienten in Bauchlage: Die Adhärenz ist ein Problem25. März 2022 In der Studie verbrachten die Patienten im Interventionsarm während der ersten 72 Stunden trotz anderslautender Anweisung nur etwa 2,5 Stunden pro Tag in Bauchlage. (Foto: © Valerii/stock.adobe.com) Es wird angenommen, dass bei COVID-19-Patienten auf der Intensivstation eine Lagerung auf dem Bauch die Outcomes verbessert. Eine neue Studie legt jedoch nahe, dass viele COVID-19-Patienten im wachen Zustand die Bauchlage nicht lange genug tolerieren, um davon zu profitieren. Die COVID-PRONE-Studie, über die deren Autoren aktuell im „BMJ“ berichten, wurde vorzeitig abgebrochen, als klar wurde, dass keine ausreichenden Verbesserungen durch die Intervention erzielt werden würden. Die Forschenden hatten allerdings festgestellt, dass die Adhärenz der wachen Patienten möglicherweise nicht hoch genug war. Es seien innovative Ansätze erforderlich, um Patienten dazu zu bewegen, täglich mehr als ein paar Stunden in Bauchlage zu verbringen. Seit den 1970er-Jahren gehört die Bauchlage zur Standardversorgung von Patienten mit schwerem akutem Atemnotsyndrom (ARDS). Normalerweise kommt sie bei sedierten und intubierten Patienten in Betracht. Im Februar 2020 allerdings gab es erste Berichte, laut denen die Bauchlage auch bei wachen COVID-19-Patienten von Vorteil sein könnte. Seitdem sei in einer Reihe von Studien die Wirksamkeit der Bauchlagerung bei wachen COVID-19-Patienten untersucht worden, heißt es in einer Mitteilung des „BMJ“ anlässlich der Veröffentlichung der Studie – allerdings mit widersprüchlichen Ergebnissen. Um diese Unsicherheit auszuräumen, beschäftigte sich ein Team aus kanadischen und US-amerikanischen Forschenden mit der Wirksamkeit der Bauchlage in Bezug auf eine Verringerung des Risikos für Tod oder Atemstillstand bei hospitalisierten COVID-19-Patienten und versuchte, diese zu bewerten. Die Wissenschaftler nahmen 248 wache COVID-19-Patienten in ihre Untersuchung auf, die zwischen Mai 2020 und Mai 2021 in einem von 15 Krankenhäusern in Kanada und den USA behandelt wurden. Die betreffenden Personen waren nicht schwerst erkrankt, benötigten aber Sauerstoffunterstützung. Das Durchschnittsalter lag bei 56 Jahren, bei 36 Prozent handelte es sich um Frauen. Die Patienten wurden randomisiert entweder auf dem Bauch gelagert (Interventionsarm) oder standardversorgt (keine Anweisung zur Bauchlage; Kontrollarm). Den Personen Interventionsarm wurde geraten, viermal täglich bis zu zwei Stunden lang eine Bauchlage einzunehmen. Sie wurden zudem dazu ermuntert, nachts bis zu sieben Tage lang in Bauchlage zu schlafen. Dabei bemühte sich das Pflegepersonal immer wieder, die Therapietreue der Patienten zu verbessern. Im Durchschnitt verbrachten die Patienten im Interventionsarm während der ersten 72 Stunden etwa 2,5 Stunden pro Tag in Bauchlage, verglichen mit 0 Stunden pro Tag im Kontrollarm. Unbehagen war der Hauptgrund, der von den Patienten für ihre geringe Adhärenz angegeben wurde. Nach Berücksichtigung anderer potenziell einflussreicher Faktoren war das Risiko für Tod, Bedarf an maschineller Beatmung oder Verschlechterung der Ateminsuffizienz in beiden Studienarmen vergleichbar (Interventionsarm: 18 Ereignisse vs. Kontrollarm: 17). Der Unterschied im Verhältnis der Sauerstoffsättigung zum Anteil des eingeatmeten Sauerstoffes nach 72 Stunden war in beiden Gruppen ebenfalls ähnlich. In der nach Ansicht der Autoren gut konzipierten Studie wurden sowohl klinische als auch physiologische Outcomes bewertet, und die Ergebnisse belegen ihnen zufolge die Wirksamkeit von Interventionen zur Förderung der Bauchlage. Sie weisen jedoch auf einige Einschränkungen der Studie hin, von denen die wichtigste die geringe in Bauchlage verbrachte Zeit ist. Dieser Umstand unterstreiche „dass sie im Allgemeinen nicht gut vertragen wird und innovative Ansätze erforderlich sind, um die Adhärenz zu verbessern.“ Es reiche bei den meisten Patienten nicht aus, sie einfach anzuweisen, für längere Zeit auf dem Bauch zu liegen. Ob eine längere Lagerung auf dem Bauch mit einem klinischen Nutzen verbunden sei, müssten zukünftige Studien klären, so die Autoren. Diese neue Studie zeige zusammen mit älteren Arbeiten „dass sowohl die Dauer als auch der Zeitpunkt der Bauchlage im wachen Zustand wichtige Determinanten für deren Wirksamkeit bei COVID-19-Patienten ist“, schreiben die Autoren eines die Studie begleitenden Kommentars. „Zukünftige Studien müssen sich darauf konzentrieren, optimale Mittel zur Aufrechterhaltung der Bauchlage im wachen Zustand bei der Behandlung von Patienten mit schwerer COVID-19-Erkrankung im fortgeschrittenen Stadium zu finden.“ Dabei werde die Einbeziehung von Patienten und der Öffentlichkeit „entscheidend sein, um sicherzustellen, dass bei der Gestaltung und Bewertung komplexer Interventionen zur Förderung der Bauchlage im wachen Zustand dem Wohlbefinden und der Akzeptanz dieser Maßnahme angemessene Aufmerksamkeit geschenkt wird“.
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