Was Hänschen nicht lernt … Das Sehvermögen von Kindern früh untersuchen lassen

Eine kongenitale Katarakt – grau-weißliche Pupillen – muss möglichst früh therapiert werden, damit das Kind ein normales Sehvermögen entwickeln kann. Foto: © BVA/Busse

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr – an dieser alten Volksweisheit ist einiges dran, wenn es um das Sehvermögen von Kindern geht. Denn das Sehvermögen entwickelt sich in den ersten Lebensjahren. Wenn hier etwas „schief“ geht, kann das zu einer bleibenden Sehschwäche führen. Prof. Klaus Rüther vom Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) rät daher allen Eltern, ihre Kinder rechtzeitig augenärztlich untersuchen zu lassen.

Neugeborene sehen ihre Umwelt zunächst unscharf. Erst nach und nach lernt das Gehirn, die Informationen, die von den Augen kommen, zu einem scharfen, räumlichen Seheindruck zu verarbeiten. Diese Entwicklung des Sehvermögens findet vor allem in den ersten Lebensjahren statt. Wenn in dieser sensiblen Phase Probleme auftreten – eine Fehlsichtigkeit beispielsweise oder auch eine Fehlstellung der Augen, die zum Schielen führt – dann gefährdet das den Lernprozess. Wenn die beiden Augen Bilder mit unterschiedlicher Qualität ans Gehirn „liefern“, gelingt es nicht, diese beiden Bilder zu einem dreidimensionalen Seheindruck zu verarbeiten. Dann kann es passieren, dass der Seheindruck eines Auges unterdrückt wird. Das Auge wird gewissermaßen abgeschaltet. Geschieht dies dauerhaft, dann droht eine Sehschwäche des Auges, die ein Leben lang bestehen bleibt und nicht durch Brillen, Kontaktlinsen oder eine Operation behoben werden kann.

Gutes Sehen ist wichtig für die Entwicklung des Kindes
Rechtzeitig erkannt, so der BVA, lässt sich eine solche Sehschwäche behandeln, indem das schwächere Auge gezielt gefördert wird. Unter Umständen muss eine Fehlstellung der Augen auch mit einer Operation korrigiert werden. Bei einer Fehlsichtigkeit ist eine genau angepasste Sehhilfe eine gute Voraussetzung für eine reibungslose Entwicklung des Sehvermögens.
Diese Entwicklung des Sehens ist ein wichtiger Faktor für die Entwicklung des Kindes überhaupt. Wenn hier Einschränkungen auftreten, dann kann das ernstzunehmende Auswirkungen haben. In der Schule fällt es möglicherweise schwer, lesen zu lernen. Auch Unsicherheiten bei sportlicher Betätigung können die Folge sein. Schließlich spielt ein gutes Sehvermögen auch bei der Berufswahl eine Rolle.

Eltern sollten die Zukunft ihrer Kinder im Blick haben und sie deshalb schon früh augenärztlich untersuchen lassen, unterstreicht Rüther, der das Ressort Strabologie/Neuroophthalmologie im BVA leitet.
Der BVA empfiehlt eine augenärztlich-orthoptische Untersuchung
– sofort bei sichtbaren Auffälligkeiten der Augen. Dazu gehören beispielsweise Augenzittern, Hornhauttrübungen, grau-weißliche Pupillen, große, lichtscheue Augen, Lidveränderungen, aber auch eine auffällige Tollpatschigkeit des Kindes.
– mit sechs bis zwölf Monaten bei einem erhöhten Risiko für Schielen, Fehlsichtigkeit und/oder erbliche Augenkrankheiten. Ein erhöhtes Risiko ist anzunehmen bei Frühgeborenen, Kindern mit Entwicklungsrückstand, wenn Geschwister oder ein Elternteil schielen oder stark fehlsichtig sind sowie bei Kindern aus Familien mit bekannten erblichen Augenkrankheiten.
– mit 30 bis 42 Monaten für alle Kinder zur frühzeitigen Entdeckung eines unauffälligen, kleinwinkligen Schielens oder einer Fehlsichtigkeit.