Wearable verbessert mittels KI die Erstversorgung bei Rettungseinsätzen

Das Wearable wird am Handgelenk getragen und bündelt dort alle Einsatzdaten mittels KI. (Foto: Universität Siegen)

Wissenschaftler der Universität Siegen haben im Rahmen des KIRETT-Projektes ein tragbares Gerät entwickelt, das bei Rettungseinsätzen sichere Prognosen und praktische Handlungsempfehlungen zur Erstversorgung liefert.

Im Rahmen des Projektes „KIRETT – Computerunterstützung durch künstliche Intelligenz bei Rettungseinsätzen zur Verbesserung der Erstversorgung“, das nach dreijähriger Laufzeit endet, konnten Forschende der Universität Siegen unter der Leitung von Prof. Roman Obermaisser neue Erkenntnisse für die Notfallmedizin gewinnen, vermeldet die Universität Siegen. Ziel des KIRETT-Projekts war es, zu erforschen, ob die Erstversorgung bei Rettungseinsätzen durch ein tragbares Gerät (Wearable), verbessert werden kann. Dieses erkennt Notfallsituationen wie Atemwegs-, Herz-Kreislauf- oder neurologische Komplikationen durch maschinelles Lernen und gibt dem Rettungspersonal mittels künstlicher Intelligenz klare Handlungsempfehlungen, wie es Patienten behandeln sollte.

„Die innovativen Techniken zur Situationserkennung und für Handlungsempfehlungen in einem energieeffizienten und zuverlässigen Wearable haben das Potenzial, die Erstversorgung in Rettungseinsätzen signifikant zu verbessern“, erklärt Obermaisser.

Das Wearable vereint mehrere Funktionen während eines Rettungseinsatzes, erläutert die Uni Siegen: Der KI-Algorithmus im Inneren des Gerätes nutzt alle bekannten Daten der Leitstelle, die manuellen Eingaben der Rettungskräfte, die mittels Fragebogen erhoben werden, und Vitaldaten der Patienten wie Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz, die mittels Sensoren am Körper gemessen werden, um Prognosen zu erstellen und so die Effizienz und Qualität der Behandlung zu erhöhen. Der entwickelte Prototyp ermöglichte es den Rettungskräften, ihre volle Aufmerksamkeit auf den Notfallpatienten zu richten, indem er relevante Einsatzdaten automatisch im Behandlungsverlauf bereitstellte.

Das KIRETT-Wearable wurde ausführlich durch das Team der Rettungs- und Feuerwache Siegen in unterschiedlichsten Szenarien getestet und bewertet.

Das Wearable wurde durch das Team der Rettungs- und Feuerwache Siegen in unterschiedlichsten Szenarien getestet und bewertet. (Foto Universität Siegen)

Besonders bei spezielleren, kritischen Einsatzlagen sollte die Versorgungssituation durch das Wearable optimiert werden: In einem Massenanfall von Verletzten-Szenario, bei dem viele Menschen gleichzeitig behandelt werden müssen, oder in seltenen Notfällen, wie etwa einem Schlangenbiss, können Unsicherheit, Erfahrungslücken, hohe Arbeitsanforderungen und Überforderung der Einsatzkräfte zu Verzögerungen führen. Besonders in diesen Einsätzen erhöht das Wearable die Sicherheit und spart wertvolle Zeit durch eine schnelle und gründliche Situationsanalyse.

Getestet und erprobt wurde das Gerät in verschiedensten Einsatzszenarien durch die Feuer- und Rettungswache Siegen. In die finale Bewertung flossen qualitative Interviews mit den beteiligten Rettungskräften sowie eine quantitative Befragung ein. Sowohl die Qualität der Situationserkennung als auch die kontextabhängigen Handlungsempfehlungen wurden dabei unter die Lupe genommen. Die lokalen Partner spielten eine tragende Rolle, indem sie wertvolles Feedback und Unterstützung lieferten.

Gewinne für die Zukunft des Rettungsdienstes

Die Ergebnisse des KIRETT-Projekts legen den Grundstein für eine nachhaltige Verbesserung der Notfallmedizin. Ziel ist es, die neu entwickelten Technologien in zukünftigen Projekten und Anwendungen zu optimieren. Besonders die Kombination aus tragbaren Geräten und künstlicher Intelligenz bietet großes Potenzial für die Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung. Ein mögliches Einsatzgebiet des KIRETT-Wearables wäre die präklinische Versorgung in ländlichen Gebieten bei Rettungsszenarien. In Regionen, in denen der Zugang zu medizinischer Versorgung begrenzt ist, könnte das Wearable die Erstversorgung durch weniger erfahrenes Personal unterstützen und so die Überlebenschancen der Patienten erhöhen. Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen können zudem in die Weiterentwicklung von Ausbildungsprogrammen für Rettungskräfte einfließen.

Für Obermaisser sind die beiden wichtigsten Errungenschaften des Wearables der neuartige KI-basierte Algorithmus zur Erkennung von Komplikationen und die geringe Inferenzzeit für die Krankheitsprognose: „Bei Rettungseinsätzen ist Zeit der kritischste Faktor, der bei begrenzter Datenverfügbarkeit zu berücksichtigen ist, und hier soll das KIRETT-Gerät mit seiner Innovation einen wichtigen Beitrag leisten“, betont er.

Hintergrund:
An dem KIRETT-Projekt haben sich folgende Partner beteiligt: CRS Medical GmbH (Aßlar), mbeder GmbH (Siegen), der Lehrstuhl für Embedded Systems (Prof. Dr. Roman Obermaisser) sowie das Institut für Wissensbasierte Systeme und Wissensmanagement (Prof. Dr.-Ing. Madjid Fathi) der Universität Siegen. Die assoziierten Partner waren der Kreis Siegen-Wittgenstein, die Stadt Siegen, das Deutsche Rote Kreuz Siegen und das Jung-Stilling-Krankenhaus in Siegen. Die Gesamtzuwendung für das Projekt betrug 1,3 Millionen Euro.

KIRETT gehört zum Programm „Forschung für die zivile Sicherheit“ und wurde gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Initiative „KMU-innovativ“.