Wearables: Potenziell nützlich bei der Nachverfolgung kardialer COVID-19-Symptome

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Wenn man an COVID-19 erkrankt, können „Wearables“ den Verlauf der Symptome verfolgen und sogar anzeigen, wie schwer man erkrankt ist. Das geht aus einer Studie von Forschenden der University of Michigan hervor.

Die Wissenschaftler untersuchten die Auswirkungen von COVID-19 anhand von sechs Faktoren, die aus Herzfrequenzdaten abgeleitet wurden. Die gleiche Methode könnte auch bei anderen Erkrankungen, wie beispielsweise der Influenza, verwendet werden. Laut der Arbeitsgruppe eignet sich der Ansatz durchaus für telemedizinische Anwendungen oder im Falle knapper oder schwer zugänglicher medizinischer Ressourcen wie während einer Pandemie oder in Entwicklungsländern.

Die Forschenden schlossen in ihre Untersuchungen Studierende der University of Michigan sowie Assistenzärzte aus dem ganzen Land ein und entdeckten neue Signale innerhalb der Herzfrequenz. Diese ließen Rückschlüsse darauf zu, wann und wie schwer eine Person an COVID-19 erkrankte. Die Wissenschaftler stellten zudem fest, dass bei COVID-19-Patienten nach Beginn der Symptome die Herzfrequenz pro Schritt anstieg und Personen mit Husten eine viel höhere Herzfrequenz pro Schritt hatten als solche ohne Husten.

Laut Daniel Forger, Professor für Mathematik und Forschungsprofessor für Computermedizin und Bioinformatik, veränderte COVID-19 die Herzfrequenz in Reaktion auf Aktivität sowie die Grundherzfrequenz und Stress-Signale. Symptomatische Lebensphasen ließen sich so von solchen in Gesundheit unterscheiden.

„Es gab schon früher einige Arbeiten zum Verständnis von Erkrankungen auf der Grundlage von durch Wearables gemessenen Herzfrequenzdaten“, erklärt der Mathematiker Caleb Mayer. „Meiner Ansicht nach aber verfolgen wir hier tatsächlich einen anderen Ansatz, indem wir uns darauf konzentrieren, das Herzfrequenzsignal in mehrere verschiedene Komponenten zu zerlegen, um eine multidimensionale Ansicht der Herzfrequenz zu erhalten. Alle diese Komponenten basieren auf unterschiedlichen physiologischen Systemen. Dies gibt uns tatsächlich zusätzliche Informationen über den Krankheitsverlauf und fördert unser Verständnis dessen, wie sich Krankheiten im Laufe der Zeit auf diese unterschiedlichen physiologischen Systeme auswirken.“

Die Teilnehmer stammten aus den Kohorten der Jahre 2019 und 2020 der Intern Health Study. Dabei handelt es sich um eine standortübergreifende Kohortenstudie, in der Assistenzärzte in ihrem ersten Jahr in der Klinik begleitet werden. Die Forschenden verwendeten auch Informationen aus dem Roadmap College Student Data Set – einer Studie, in welcher der Gesundheitszustand von Studierenden während des Studienjahres 2020–21 unter Verwendung von Wearable-Daten, von den Teilnehmern selbst angegebenen COVID-19-Diagnosen und Informationen über Symptome sowie öffentlich zugänglichen Daten untersucht wurde.

In ihre Analyse schlossen die Wissenschaftler Personen ein, die einen positiven COVID-19-Test, Symptome und Wearable-Daten aus einem Zeitraum von 50 Tagen vor Beginn der Symptome bis 14 Tage danach meldeten. Insgesamt verwendeten die Forscher Daten von 43 Assistenzärzten und 72 Studierenden und Doktoranden.

Im Einzelnen stellten die Forschenden fest, dass die Herzfrequenz pro Schritt – einem Maß für kardiopulmonale Dysfunktion – nach Beginn der Symptome erhöht war. Bei Probanden, die an Husten litten, war sie sogar signifikant erhöht. Um den Zeitpunkt des Auftretens von COVID-19-Symptomen herum nahmen Abweichungen vom zirkadianen Rhythmus zu. Da sich dieses Maß auf die Stärke und Konsistenz der zirkadianen Komponente des Herzfrequenzrhythmus bezieht, kann diese Unsicherheit frühen Anzeichen einer Infektion entsprechen.

Die tägliche basale Herzfrequenz stieg tendenziell bei oder vor Beginn der Symptome an. Die Forschenden vermuten, dass dies auf Fieber oder erhöhte Angst der Betroffenen zurückzuführen ist. Die Herzfrequenz korrelierte tendenziell stärker mit dem Beginn der Symptome, was auf die Wirkung des stressbedingten Hormons Adenosin hindeuten könnte.

Die Wissenschaftler verwendeten einen Algorithmus, der ursprünglich dazu entwickelt wurde, die tägliche zirkadiane Phase aus von Wearables aufgezeichneten Herzfrequenz- und Schrittdaten zu schätzen. Die Forschenden betrachteten einen Baseline-Zeitraum von acht bis 35 Tagen vor Beginn der COVID-Symptome sowie einen Analysezeitraum, der als sieben bis 14 Tage um den Beginn der COVID-Symptome herum definiert war. Die Arbeitsgruppe hofft, dass mit weiteren Tests die gleichen Methoden die frühzeitige Identifizierung von COVID-19 mithilfe von Wearables verbessern könnten.

Nach Angaben der Studienautoren etabliert ihre Arbeit Algorithmen, die verwendet werden können, um die Auswirkungen von Krankheiten auf die Herzfrequenzphysiologie zu verstehen – auch als Grundlage für den Einsatz von Wearables im Gesundheitswesen.

„Die Identifizierung der unterschiedlichen Muster verschiedener Herzfrequenzparameter, die von Wearables im Verlauf einer COVID-19-Infektion abgeleitet werden, ist ein wesentlicher Fortschritt für das Gebiet“, betont Srijan Sen, Professor für Psychiatrie und Direktor des U-M Eisenberg Family Depression Center. „Diese Arbeit kann uns helfen, Populationen in zukünftigen COVID-19-Wellen aussagekräftiger zu beurteilen. Die Studie zeigt auch, dass die Beobachtung von Kohorten mittels mobiler Technologie und robustem Datenaustausch unerwartete und wertvolle Entdeckungen ermöglichen kann.“

Zu den Einschränkungen der Studie gehört, dass die Arbeit grippeähnliche Erkrankungen nicht berücksichtigt, wie die Forscher erklären. Zukünftige Arbeiten sollten sich ihrer Meinung nach darauf konzentrieren, ob die Ergebnisse die Auswirkungen von COVID-19 widerspiegeln oder ob diese Auswirkungen auch bei anderen Erkrankungen Bestand haben. Die Forscher waren außerdem nicht dazu in der Lage, die Auswirkungen von Faktoren wie Alter, Geschlecht oder Body-Mass-Index oder die saisonalen Effekte in den Daten zu berücksichtigen – das heißt, ob die Daten in einem Zeitraum erhoben wurden, in dem das Ansteckungsrisiko für Influenza oder andere Erkrankungen hoch ist.