Wechseljahresbeschwerden am Arbeitsplatz: Neuer Leitfaden für Unternehmen veröffentlicht

Miriam Stein (links) und Prof. Andrea Rumler (HWR Berlin) geben gemeinsam mit der BARMER Krankenkasse den Leitfaden „Menopause@work“ heraus – eine praxisnahe Orientierungshilfe für Unternehmen im Umgang mit Wechseljahresbeschwerden am Arbeitsplatz. Quelle: Uwe Neumann. Copyright: HWR Berlin

Die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und die Krankenkasse Barmer haben praktische Empfehlungen für Unternehmen zur Gesundheitsförderung von Mitarbeiterinnen in den Wechseljahren veröffentlicht.

Vor diesem Hintergrund haben die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) und die Krankenkasse Barmer unter dem Titel „Menopause@work“ zum ersten Mal konkrete Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Dabei handelt es sich um ein praxisnahes Kompendium, das Unternehmen dabei unterstützten soll, ein gesundheitsförderndes und wertschätzendes Arbeitsumfeld für Frauen in den Wechseljahren zu schaffen.

Die Empfehlungen basieren auf der MenoSupport-Studie, die von Prof. Andrea Rumler (HWR Berlin) geleitet wurde. Die Studie liefert erstmals umfangreiche Daten zur Arbeitsrealität von Frauen in den Wechseljahren in Deutschland – und zeigt nach Angaben der Forscher, wie groß der Handlungsbedarf ist:

  • 74 Prozent der Betroffenen berichten über Konzentrationsprobleme
  • 50 Prozent fühlen sich ungeduldiger oder gereizter
  • Jede fünfte Frau über 55 denkt über einen vorzeitigen Ruhestand nach

„Viele Frauen in dieser Lebensphase leiden im Beruf, sprechen aber nicht darüber – aus Scham, Unwissen oder Angst vor Stigmatisierung“, betont Rumler. „Mit Menopause@work schließen wir eine Lücke: Unsere Empfehlungen verbinden wissenschaftliche Erkenntnisse mit konkreten Handlungsanleitungen für die Praxis. Nur wenn Unternehmen dieses Thema aktiv angehen, können sie langfristig von der Erfahrung und Kompetenz dieser Mitarbeiterinnen profitieren.“

Drei Empfehlungsbereiche – viele Möglichkeiten

Die Handlungsempfehlungen gliedern sich in drei zentrale Bereiche:

  1. Aufklären: Mehr Wissen für alle
    Unternehmen sollten laut den Autorinnen Wissen über die körperlichen und psychischen Veränderungen in den Wechseljahren vermitteln – und zwar nicht nur an betroffene Frauen, sondern auch an Führungskräfte und Kollegen.
  2. Kommunikation fördern: Offenes Miteinander ohne Tabus
    Eine offene, sensibel geführte Kommunikation sei entscheidend. Rund 68 Prozent der befragten Frauen wünschen sich, dass Wechseljahre am Arbeitsplatz kein Tabu mehr sind. Austauschformate oder interne Informationskampagnen können hier wichtige Impulse setzen, so die Autorinnen.
  3. Handeln: Vom Reden ins tun – mit konkreten Maßnahmen
    Von flexiblen Arbeitszeitmodellen über betriebliches Gesundheitsmanagement bis zur Sensibilisierung von Führungskräften – Unternehmen haben viele Möglichkeiten, das Arbeitsumfeld besser auf die Bedürfnisse von Frauen in den Wechseljahren abzustimmen, betonen die Autorinnen. Besonders hilfreich empfinden Betroffene:
  • Schulungen für Führungskräfte (76 %)
  • Eine unterstützende Arbeitsatmosphäre (73 %)
  • Flexible Arbeitszeiten (73 %)
  • Betriebliche Gesundheitsangebote (65 %)

Thema mit hoher wirtschaftlicher Relevanz

Unbehandelte Wechseljahresbeschwerden sind nicht nur ein individuelles Gesundheitsproblem, sondern auch ein volkswirtschaftlicher Faktor: Wie Berechnungen von Rumler und Prof. Till Strohsal von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin zeigen, entstehen dadurch jährlich Kosten von rund 9,4 Milliarden Euro sowie etwa 40 Millionen Fehltage. Besonders vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels gewinnt dieses Thema an Brisanz. Frauen in dieser Lebensphase gezielt zu unterstützen und langfristig zu binden, ist nicht nur Ausdruck sozialer Verantwortung – es ist auch eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Investition.

„Die gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit wächst – aber entscheidend ist, was in den Betrieben passiert“, kommentiert Rumler. „Wenn wir die Fachkräfte von morgen sichern wollen, müssen wir heute über Wechseljahre sprechen.“

Die Handlungsempfehlungen richten sich daher an Unternehmen, Führungskräfte, Personalverantwortliche, Betriebsärzte und alle, die im betrieblichen Gesundheitsmanagement tätig sind. Besonders relevant ist der Leitfaden für Branchen mit hohem Frauenanteil – etwa in Pflege, Bildung, Verwaltung und im Dienstleistungssektor. Die Publikation „Menopause@work“ steht ab sofort auf den Webseiten der HWR Berlin und der BARMER zum Download bereit.

Die Autorinnen der Leitlinie

Die Handlungsempfehlungen „Menopause@work“ wurden von Prof. Dr. Andrea Rumler und Miriam Stein verfasst.

Andrea Rumler ist Professorin für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Sie studierte Betriebswirtschaftslehre in München, Köln und New York, promovierte an der Universität Köln und war unter anderem als Geschäftsführerin in New York tätig. Als Projektleiterin der MenoSupport-Studie (2023) verantwortete sie die erste deutschlandweite Untersuchung zum Erleben der Wechseljahre am Arbeitsplatz und veröffentlichte anschließend gemeinsam mit Till Strohsal eine volkswirtschaftliche Abschätzung der Folgekosten unbehandelter Wechseljahresbeschwerden.

Miriam Stein ist freie Journalistin, Buchautorin und Keynote-Speakerin. Sie wuchs in Osnabrück auf und studierte in New York. Zehn Jahre lang war sie Kulturchefin der deutschen Ausgabe des internationalen Modemagazins „Harper’s Bazaar“. Ihr Buch „Die gereizte Frau“ über die Wechseljahre wurde 2022 ein SPIEGEL-Bestseller. Als Aktivistin und Lobbyistin hat sie maßgeblich dazu beigetragen, dass das Thema Wechseljahre in Deutschland auch politisch wahrgenommen wird. In ihren Vorträgen spricht sie regelmäßig über die gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Menopause und engagiert sich für eine offene Diskussion in Unternehmen und Institutionen.