Welt-Pneumonie-Tag: DGP fordert Einbindung in Leitungsstrukturen der Interdisziplinären Notfallzentren

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Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) fordert anlässlich des Welt-Pneumonie-Tages (12. November), dass Lungenfachärzte frühzeitig in die notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung einbezogen werden.

Die Fachgesellschaft rechnet in einer aktuellen Mitteilung vor, dass rund 600.000 Menschen in Deutschland pro Jahr an einer Pneumonie erkranken und mehr als 40.000 daran versterben. Parallel wachse die Zahl von Patienten mit chronischen Lungen- und Atemwegserkrankungen, die in den Notfallzentren behandelt werden müssen. Für die DGP sind das starke Argumente, Lungenfachärzte schon früh in die Versorgungskette und damit zusammenhängende Prozesse zu involvieren.

„Um mehr Menschen sowohl im Krankenhaus als auch schon vor einer vielleicht noch vermeidbaren Klinik-Einweisung helfen zu können, müssen frühzeitig Ärztinnen und Ärzte mit pneumologischer Erfahrung eingebunden werden, da sie die Krankheitsverläufe, die Dynamik der Dekompensation pulmonaler Erkrankungen und die prognostische Bedeutung funktioneller Parameter am besten einschätzen können“, erklärt Prof. Martin Witzenrath, stellvertretender Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Dazu müsse die Lungenmedizin zukünftig verbindlich in wissenschaftliche Konsensprozesse und in die Leitungsstrukturen der Interdisziplinären Notfallzentren eingebunden werden, fordert die Fachgesellschaft.

Notwendig: Pneumologische Notfälle als Tracer-Diagnosen berücksichtigen

Martin Witzenrath, stellvertretender Präsident der DGP, fordert mehr pneumologische Expertise in wissenschaftlich-politischen Strategien und in der Leitungsstruktur von Interdisziplinären Notfallzentren. (Foto: © Mike Auerbach)

„Schon zu Zeiten der Corona-Pandemie wurde zur Behandlung schwerer Atemnot oder Atemschwäche ein Paradigmenwechsel hin zu einer differenzierten, pathophysiologisch begründeten Entscheidungsfindung eingeleitet“, erklärt Witzenrath. Der Direktor der Klinik für Pneumologie, Beatmungsmedizin und Intensivmedizin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin fügt hinzu: „Gerade in der Rettungsstelle entscheidet diese differenzierte Beurteilung, ob eine Intubation notwendig ist oder ob nicht invasive Verfahren besser geeignet sind.“

Die DGP sieht eine große Lücke der Gesundheitspolitik darin, dass trotz der großen Tragweite pneumologisch relevante Notfallbilder wie Atemnot, respiratorische und ventilatorische Insuffizienz, Exazerbation bei Chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) oder Pneumonie nicht als Tracer-Diagnosen berücksichtigt werden ‒ also als spezifische Diagnosen, anhand derer Qualität und Effektivität des Versorgungsprozesses in einem Gesundheitssystem oder einer Klinik beurteilt werden.

Diese Methode trägt laut den Pneumologen auch dazu bei, dass Patienten mit diesen zeitkritischen Diagnosen in geeignete Kliniken mit den notwendigen personellen und technischen Ressourcen gebracht werden.

Intensivstation: Atemnot zählt zu den fünf häufigsten Aufnahmegründen

Laut der DGP ist Atemnot eines der häufigsten und klinisch relevantesten Notfallsymptome. Neben kardiovaskulären Erkrankungen seien vor allem pneumologische Ursachen wie COPD-Exazerbationen, Asthma-Exazerbationen und Pneumonien für diese Notfallvorstellungen verantwortlich.

Pulmonale Vorerkrankungen – neben Asthma und COPD zum Beispiel auch Bronchialkarzinome, Bronchiektasen, interstitielle Lungenerkrankungen und pulmonalvaskuläre Erkrankungen – erhöhen die klinische Komplexität bei akuter Atemnot, betont die Fachgesellschaft. Die respiratorische Insuffizienz zähle zu den fünf häufigsten Aufnahmegründen auf deutschen Intensivstationen.

Forderung: Pneumologen frühzeitig in die Notfallversorgung integrieren

„Nur durch pneumologische Expertise in wissenschaftlich-politischen Strategien und in der Leitungsstruktur von Interdisziplinären Notfallzentren kann eine evidenzbasierte, differenzierte und patientenzentrierte Notfallversorgung gewährleistet werden – insbesondere mit Blick auf die steigenden Patientenzahlen der Intensivstationen im Herbst und Winter“, betont Witzenrath.

Die DGP weist auf die aktuelle Studienlage hin: Untersuchungen aus Deutschland belegten, dass Dyspnoe zu den häufigsten Leitsymptomen in Notaufnahmen gehört: In großen universitären Notaufnahmen würden 17 bis 25 Prozent aller Patienten mit dem Leitsymptom Atemnot vorstellig – mehr als die Hälfte der Aufnahmen stehen demnach in Zusammenhang mit Dyspnoe-bedingten Diagnosen wie Pneumonie, COPD oder kardialer Dekompensation.

Ambulant erworbene Pneumonien führen nach Angaben der pneumologischen Fachgesellschaft in Deutschland aktuell zu circa 300.000 stationären Aufenthalten im Jahr ‒ und damit zu mehr Hospitalisierungen als Myokardinfarkte oder Schlaganfälle. Die Krankenhausletalität der ambulant erworbenen Pneumonie liege mit zwölf bis 17 Prozent deutlich höher als die des Myokardinfarktes. „Deswegen müssen in der notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung Pneumologinnen und Pneumologen frühzeitig involviert werden“, fordert die DGP.