Welttag der Suizidprävention: Bundesärztekammer fordert mehr Unterstützung für gefährdete Menschen

Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt (Foto: © Die Hoffotografen)

In Deutschland sterben jährlich etwa so viele Menschen durch Selbsttötung wie durch Schlaganfall. Der Präsident der Bundesärztekammer fordert daher ein Suizidpräventionsgesetz.

Bei einem von hundert Verstorbenen in Deutschland liegt die Todesursache „vorsätzliche Selbstbeschädigung“ vor, wie das Statistische Bundesamt Suizide nennt. „Obwohl das etwa genauso viele Verstorbene sind wie bei der Todesursache Schlaganfall, haben wir immer noch keine durchdachte Vorsorgestrategie. Besonders eklatant ist der Mangel an niedrigschwelligen, also leicht zugänglichen Hilfen für suizidgefährdete Menschen“, erklärt Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, anlässlich des Welttags der Suizidprävention.

Bei Teenagern und jungen Erwachsenen bis 25 Jahre ist Selbsttötung sogar der häufigste Sterbegrund – Zahlen, die Reinhardt nicht hinnehmbar findet. Er fordert: „Wir brauchen in Deutschland endlich ein Suizidpräventionsgesetz, wie es der Deutsche Bundestag schon im Jahr 2023 mit großer Mehrheit gefordert hat. Um nicht noch mehr Zeit verstreichen zu lassen, muss die Suizidprävention bei den Haushaltsberatungen für das Jahr 2026 ausreichend berücksichtigt werden.“

Niedrigschwellige Hilfsangebote nachhaltig fördern

Wie ein solches Gesetz aussehen sollte, hatte der 129. Deutsche Ärztetag im Juni diskutiert: Es müsse niedrigschwellige Hilfsangebote und psychosoziale Unterstützung für Menschen mit Suizidgedanken bundesweit finanziell absichern. Bisher liegt kein entsprechender Entwurf vor. „Menschen, die sich mit Suizidgedanken tragen, brauchen jemanden, mit dem sie darüber offen sprechen können“, erklärt Reinhardt. „Aus der ärztlichen Praxis wissen wir, wie wichtig menschliche Zuwendung in diesen Fällen ist: Das Wissen, ernst genommen zu werden, kann dazu beitragen, von Suizidplänen abzulassen.“

Eine weitere effektive Methode, Menschen vor dem Tod durch eigene Hand zu bewahren, ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) die sogenannte Methodenrestriktion. Dabei werden zum Beispiel Bauwerke gesichert, von denen man sich herunterstürzen könnte, oder Packungen von Arzneimitteln so verkleinert, dass die Gesamtmenge nicht mehr für eine tödliche Dosis reicht. Aus Sicht der Ärzteschaft sollte ein erschwerter Zugang zu Selbsttötungsmethoden ebenfalls in einem Suizidpräventionsgesetz umgesetzt werden.

Auch Angehörige benötigen Hilfe

Den Welttag zur Suizidprävention haben WHO und International Association for Suicide Prevention (IASP), ein Zusammenschluss von Forschern und Therapeuten, erstmals im Jahr 2003 ausgerufen. Er soll bekannter machen, welche individuellen und gesellschaftsweiten Maßnahmen Selbsttötungen nachhaltig verhindern können. In diesem Jahr weisen die Fachleute zudem auf die Situation der Hinterbliebenen hin. Auch sie bräuchten leicht zugängliche professionelle Angebote.