Wenn die Diagnose am Rechner stattfindet: Pilotprojekt zeigt telemedizinische Lösungen für Bewohner von Pflegeeinrichtungen13. Juni 2024 Symbolbild.© rh2010-stock.adobe.com Eine augenärztliche Versorgung von Bewohnern in Pflegeeinrichtungen findet oft nicht in ausreichendem Maße statt. Wie können telemedizinische Ansätze helfen, die ophthalmologische Versorgung älterer Menschen zu verbessern? Dies war ein Thema der Pressekonferenz im Vorfeld der 4. Fachtagung „Sehen im Alter“. Über 80-Jährige sind in Bezug auf Augenerkrankungen eine Hochrisikogruppe. Krankheiten wie der Katarakt, der die Sehkraft akut einschränkt, zeigen eine deutliche Altersabhängigkeit. Dasselbe gilt für das Glaukom oder die Altersabhängige Makula-Degeneration (AMD), die zu einem permanenten Sehverlust führen können. Regelmäßige ophthalmologische Untersuchungen finden in Pflegeeinrichtungen meist nicht statt – und die Bewohner sind oft nicht mobil genug, um sich ihrerseits in die augenärztliche Praxis zu begeben. „Auf diese Versorgungslücke, die sich im Zuge des demografischen Wandels vermutlich noch vergrößern wird, haben in den letzten Jahren mehrere Studien hingewiesen“, erklärte Dr. Leon von der Emde von der Universitäts-Augenklinik Bonn, der das Thema auf der Pressekonferenz vorstellte. Bereits heute sei die Tragweite des Problems bei einer Zahl von knapp 800.000 älteren Menschen, die in rund 13.600 Pflegeeinrichtungen in Deutschland leben, beträchtlich. In einer eigenen Studie hat von der Emde nun untersucht, welche Möglichkeiten die Telemedizin bietet, um die Früherkennung gravierender Augenerkrankungen in Seniorenheimen zu verbessern. In Kooperation mit drei Pflegeeinrichtungen in Bonn nahm hierzu speziell geschultes, aber nichtaugenärztliches Personal verschiedene Augenuntersuchungen vor. In eigens ausgestatteten Untersuchungszimmern konnten neben der Sehschärfe auch ein Amsler-Gitter-Test, eine Augeninnendruckmessung, eine Spaltlampenuntersuchung, eine optische Kohärenztomographie (OCT) des Augenhintergrundes und eine Refraktometrie durchgeführt werden. „Mit diesen Verfahren können der aktuelle Status von Sehleistung und gegebenenfalls vorhandener Sehhilfe sowie die wichtigsten Augenerkrankungen und Risikofaktoren erfasst werden“, erläuterte von der Emde. Die Untersuchungen konnten bei fast allen Teilnehmern auch ohne fachärztliche Anwesenheit erfolgreich vorgenommen werden: Eine Sehschärfenbestimmung war in knapp 90 Prozent der Fälle möglich, eine Befundung des vorderen Augenabschnittes in 92,7 Prozent und eine Messung des Augeninnendruckes in 100 Prozent der Fälle. Die Aufnahme von Netzhautbildern gelang ebenfalls bei knapp 90 Prozent der Teilnehmenden, und die Bildqualität war hoch. Die Untersuchungsergebnisse wurden pseudonymisiert an die Universitätsklinik Bonn übermittelt und dort augenärztlich befundet. „Dabei zeigte sich, dass über 60 Prozent der Brillen nicht adäquat angepasst waren, dass fast jeder zweite Bewohner einen grauen Star hatte, der die Sehkraft einschränkte, und dass fast jeder Vierte AMD-typische Veränderungen aufwies“, fasste von der Emde die Ergebnisse zusammen. Zugleich sei auch ein erheblicher Informationsmangel festgestellt worden: Nur 31,2 Prozent der Senioren waren über ihre Diagnosen und den daraus resultierenden Behandlungsbedarf ausreichend informiert. Besonders ausgeprägt war die Unterversorgung bei Bewohnern mit höherem Pflegegrad und mit längerer Aufenthaltsdauer in den Pflegeheimen. In diesen Gruppen war der Anteil der Personen, die keine regelmäßigen Augenuntersuchungen wahrnahmen, am höchsten. Auch wiesen sie ein deutlich schlechteres Sehvermögen auf. „Diese Risikofaktoren zu kennen, ist ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Versorgung“, betonte Dr. Thomas Ach, Leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor der Universitäts-Augenklinik Bonn. Die zentrale Erkenntnis aus der Studie sei jedoch, dass sich diagnostische Barrieren in Pflegeheimen effektiv abbauen ließen, wenn eine Untersuchung durch geschultes Personal vor Ort mit einer teleophthalmologischen Befundung kombiniert werde. Gezielte Therapien, wie eine Katarakt-Operation oder eine Brillenanpassung, ließen sich dann zeitnah einleiten. Höhere Hürden bestünden jedoch bei der Therapie der AMD: Hier sei eine wirksame, das Augenlicht erhaltende Behandlung mit regelmäßigen Injektionen in das Auge verbunden, die jeweils einen Besuch in der augenärztlichen Praxis erforderten. Angesichts von Mobilitätseinschränkungen und Fachkräftemangel bleibe dies eine Herausforderung, die nicht leicht zu bewältigen sei. Ein Antrag für ein Projekt, das diese Probleme angeht, so heißt es, sei kürzlich beim Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss eingereicht worden. Die 4. Fachtagung „Sehen im Alter“ am 14. und 15. Juni in Bonn wird vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) in Kooperation mit der BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. organisiert. Das Tagungsmotto lautet „Verständnis verbessern, Versorgung verbessern, Sehen verbessern“.
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