Wenn die rechte Hand nach Verletzung der linken überempfindlich ist29. Juni 2021 Bei der quantitativ sensorischen Testung wird die Empfindlichkeit der Betroffenen auf verschiedene Reize gemessen, beispielsweise auf spitze Reize. Eine Überempfindlichkeit für spitze Reize auf der spiegelbildlichen, nicht betroffenen Seite bei Patienten mit einseitigen Nervenverletzungen scheint ein Hinweis für eine zentralnervöse Störung der körpereigenen Schmerzhemmung zu sein. (Foto: © Bergmannsheil) Bei einseitigen Nervenverletzungen können Wahrnehmungsstörungen nicht nur in dem betroffenen Areal des Körpers, sondern häufig auch spiegelbildlich in der gegenseitigen Körperregion auftreten. Das zeigt ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Ruhr-Universität Bochum. Lähmungserscheinungen, Taubheitsgefühle oder Schmerzen: Diese Symptome quälen viele Menschen mit Nervenverletzungen. Für die Betroffenen können solche Wahrnehmungsstörungen dauerhafte und erhebliche Einschränkungen bedeuten – bis hin zur Arbeitsunfähigkeit. Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Neurologischen Klinik am Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum hat nun gezeigt, dass Wahrnehmungsstörungen bei einseitigen Nervenverletzungen nicht nur in dem betroffenen Areal des Körpers, sondern häufig auch spiegelbildlich in der gegenseitigen Körperregion auftreten können. “Bei Patienten mit einer Gürtelrose ist bekannt, dass Wahrnehmungsstörungen nicht nur im betroffenen Areal, sondern auch auf der spiegelbildlichen Gegenseite des Körpers auftreten können”, erklärt Prof. Elena Enax-Krumova, Inhaberin der Stiftungsprofessur der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung. “Wir wollten herausfinden, inwiefern sich solche spiegelbildlichen Veränderungen auch bei einseitigen Nervenverletzungen zeigen und durch welche Faktoren sie bedingt sein können.” Gemeinsam mit weiteren Zentren des Deutschen Forschungsverbundes Neuropathischer Schmerz und anderen europäischen Zentren haben die Neurologische Klinik und die Abteilung für Schmerzmedizin am Bergmannsheil ein europaweites Forschungsprojekt durchgeführt. Um diese Frage zu beantworten, wurden Datensätze von insgesamt 424 PatientInnen analysiert. Sie alle litten unter einer einseitigen schmerzhaften oder einer schmerzlosen peripheren Neuropathie, ausgelöst entweder durch eine periphere Nervenverletzung, eine Nervenwurzelverletzung oder eine Gürtelrose. Bei allen Beteiligten wurde die jeweils nicht betroffene Körperseite hinsichtlich möglicher Wahrnehmungsveränderungen untersucht. Nach einem standardisierten Verfahren wurde die Schmerzwahrnehmung sowie Berührungswahrnehmung auf Kälte, Wärme, spitze und stumpfe Reize mittels der sogenannten quantitativ sensorischen Testung (QST) überprüft. Spiegelbildliche Wahrnehmungsstörungen Sowohl bei PatientInnen mit schmerzhafter einseitiger Neuropathie als auch mit schmerzloser Neuropathie stellten die Forschenden häufig spiegelbildliche Wahrnehmungsstörungen auch auf der nicht betroffenen Körperseite fest. Dabei zeigte sich eine spiegelbildlich verminderte Wahrnehmung für Temperatur und leichte Berührung als Hinweis auf eine möglicherweise ungünstige zentralnervöse Reaktion. Bei Teilnehmenden mit überhöhter Schmerzempfindlichkeit auf der betroffenen Körperseite wurde gleichzeitig eine spiegelbildliche Überempfindlichkeit gegenüber spitzen Reizen registriert. Dies könne, so das Forschungsteam, als Zeichen einer Überempfindlichkeit des zentralen Nervensystems (zentrale Sensibilisierung) gedeutet werden. Die von Hirnstammarealen stammende absteigende Verstärkung der Schmerzverarbeitung im Rückenmark scheint einen wichtigen Mechanismus der Schmerzchronifizierung darzustellen. Die festgestellten Veränderungen waren nicht von der Dauer der Erkrankung abhängig. Schmerzstärke, zugrundeliegende Erkrankung und die betroffene Körperregion gingen einher mit Veränderungen nur einzelner Parameter der durchgeführten Testbatterie. “Die Ergebnisse dieser Untersuchung legen nahe, dass sich die Mechanismen einer Wahrnehmungsstörung nach einer einseitigen Nervenverletzung sowohl bei schmerzhaften als auch bei schmerzlosen Nervenverletzungen auf die Gegenseite des menschlichen Körpers auszubreiten scheinen”, resümiert Enax-Krumova. “Patientinnen und Patienten mit Anzeichen einer zentralen Sensibilisierung auf der nicht betroffenen Gegenseite stellen eine Untergruppe dar, die sowohl hinsichtlich der genauen zugrunde liegenden Mechanismen als auch hinsichtlich ihres Ansprechens auf konkrete Therapiemaßnahmen weiter untersucht werden muss.” Die AutorInnen der Studie erwarten Erkenntnisse, die zukünftig individuell angepasste Behandlungsansätze bei neuropathischen Schmerzen möglich machen. Originalveröffentlichung: Enax-Krumova E et al.: Contralateral sensory and pain perception changes in patients with unilateral neuropathy. Neurology, 19. Mai 2021
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