Wichtiger Mediator für postoperative Schmerzen entdeckt

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Eine internationale Forschungsgruppe hat entscheidende Fortschritte im Verständnis jener Mechanismen erzielt, die das Schmerzempfinden nach chirurgischen Eingriffen beeinflussen.

Derzeit verfügbare Behandlungsmethoden für postoperative Schmerzen sind mit teils erheblichen Nebenwirkungen verbunden und oft nur begrenzt wirksam. Die aktuell gewonnenen Erkenntnisse unter der Leitung von Forschenden der MedUni Wien und des Institute of Molecular Biotechnology, Wien (Österreich), zeigen eine neue Möglichkeit für eine lokale und gezielte Therapie auf. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Science Immunology“ veröffentlicht.

Bei seinen Forschungen baute das Team um die Studienleiter Philipp Starkl, Shane Cronin und Josef Penninger auf frühere Erkenntnisse zur Rolle der Substanz Tetrahydrobiopterin (BH4, Synonym: Sapropterin) bei neuropathischen Schmerzen auf: Je höher die Konzentration von BH4, desto stärker die Nervenschmerzen. „Ob diese Korrelation auch bei postoperativen Schmerzen gilt, wurde bisher nicht untersucht“, beschreibt Penninger die Ausgangssituation der Studie.

Mastzellen in der Haut als Produktionsstätte von BH4

In einer Reihe von Experimenten an Mausmodellen mit chirurgisch ausgelösten Hautverletzungen und mithilfe neuartiger Analysemethoden brachten die Forschenden sowohl die zentrale Rolle von BH4 bei postoperativen Schmerzen als auch die zugrundeliegenden Mechanismen ans Licht. Wie sich herausstellte, spielt das angeborene Immunsystem dabei eine entscheidende Rolle. Denn die Signalkaskade startet in Mastzellen, die in der Nähe von schmerzempfindlichen Nervenzellen in der Haut positioniert sind und nach einer Operation als Produktionsstätte für BH4 fungieren. „Bei Mäusen, deren Mastzellen kein BH4 produzierten, konnten wir eine drastisch verringerte Schmerzempfindlichkeit nach einem chirurgischen Eingriff beobachten. Umgekehrt zeigte sich, dass eine erhöhte BH4-Produktion durch Mastzellen mit stärkeren Schmerzen verbunden war“, berichtet Cronin über die Details.

Mit der Schlüsselrolle von Mastzellen beim Schmerzempfinden hat das Forschungsteam auch eine mögliche Lösung für das Rätsel um die Funktion dieser Zellen im Körper gefunden: „Bisher kannte man vor allem ihren Einfluss bei allergischen Reaktionen und fragte sich, warum wir diesen Zelltyp über Hunderte von Millionen Jahren Evolution trotz seiner schädlichen und gefährlichen Rolle bei Allergien behalten haben“, unterstreicht Starkl die Tragweite der Erkenntnisse.

Wirkstoff mit Potenzial entwickelt

Auf der Suche nach Alternativen zu bisherigen Behandlungsmethoden chronischer postoperativer Schmerzen steht die Erforschung der molekularen und zellulären Mechanismen, die am postoperativen Schmerzempfinden beteiligt sind, schon länger im Fokus der medizinischen Wissenschaft. Mit der Blockade der BH4-Produktion in Mastzellen wurde nun ein vielversprechender Ansatz gefunden.

Dazu hat das Team um Starkl, Penninger und Cronin bereits einen therapeutischen Ansatz entwickelt, bei dem eine Wirksubstanz direkt auf die Haut aufgetragen werden kann, um die BH4-Konzentration spezifisch und prophylaktisch zu verringern. „Wir sehen hier großes Potenzial für eine lokale und gezielte Therapiemöglichkeit, um sowohl postoperative Schmerzen als auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Schmerz chronisch wird, zu reduzieren“, betonen die Studienautoren im Vorfeld weiterer Untersuchungen, die die Ergebnisse vertiefen und bestätigen sollen.