Gedächtnisforschung: Wie Atmen das Erinnern steuert18. Dezember 2025 Je besser Hirn und Atmung zusammenspielen, desto besser funktioniert vermutlich das Erinnern. (Symbolbild: © Beaunitta V W/peopleimages.com/stock.adobe.com) Einatmen – Ausatmen: Forschende der Ludwig-Maximilians-Universität München zeigen, dass die Atmung beeinflusst, wann wir uns am besten erinnern. In erster Linie atmen wir, um Sauerstoff aufzunehmen – aber möglicherweise hat dieser lebenswichtige Rhythmus auch noch weitere Funktionen. In den vergangenen Jahren haben eine Reihe von Studien gezeigt, dass die Atmung neuronale Vorgänge beeinflusst, unter anderem die Verarbeitung von Reizen sowie Gedächtnisprozesse. LMU-Forschende um Dr. Thomas Schreiner analysierten in Zusammenarbeit mit Kollegen des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und der University of Oxford, wie die Atmung das Erinnern von zuvor erlernten Inhalten beeinflusst und zeichneten auf, was dabei im Gehirn abläuft.Für das Experiment lernten 18 Probanden, 120 Bilder mit bestimmten Wörtern zu verknüpfen. Diese Assoziationen wurden anschließend und dann noch einmal nach zwei Stunden Mittagsschlaf abgefragt. Währenddessen zeichneten die Forschenden sowohl die Atmung als auch mittels EEG die Hirnaktivität auf. Atemrhythmus hilft beim mehrstufigen Prozess des Erinnerns Wie die jetzt im Fachmagazin „The Journal of Neuroscience“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen, konnten sich die Studienteilnehmenden besser an die Begriffe und die dazugehörigen Bilder erinnern, wenn die Hinweiswörter während oder kurz vor dem Einatmen präsentiert wurden. „Im EEG wird jedoch sichtbar, dass der eigentliche Erinnerungsabruf eher während der anschließenden Ausatmung stattfindet“, berichtet Schreiner. „Unsere Daten sprechen also für eine Art funktionale Zweiteilung: Das Einatmen ist ein günstiger Moment, um den Hinweisreiz aufzunehmen, und das Ausatmen ein günstiger Moment für die eigentliche Rekonstruktion der Erinnerung im Gehirn.“ So zeigt sich, dass der Atemrhythmus das zeitliche Zusammenspiel von Wahrnehmung und effektivem Erinnern prägt.In den EEG-Aufzeichnungen fanden die Forschenden zwei charakteristische Signaturen erfolgreichen Erinnerns, die Einblicke in die zugrundeliegenden neuronalen Muster geben. Zum einen schwächten sich bestimmte Hirnwellen ab, genauer die Alpha- und Beta-Aktivität. Das weist möglicherweise darauf hin, dass das Gehirn eine Erinnerung aktiviert und sich stärker auf den Abruf fokussiert. Zum anderen konnten sogenannte Gedächtnisreaktivierungen beobachtet werden. Das bedeutet, dass beim erfolgreichen Erinnern die neuronalen Muster wieder auftauchten, die auch beim Lernen aktiv waren.Im Versuch konzentrierten sich die Teilnehmenden ganz auf die Gedächtnisaufgabe, während sie ihren natürlichen Atemrhythmus beibehielten. „Um herauszufinden, ob sich aus unseren Erkenntnissen alltagstaugliche Strategien ableiten lassen, wären Studien mit gezielter Atemmanipulation notwendig“, erläutert Erstautor Esteban Bullón Tarrasó. Auch bestehe Forschungsbedarf bezüglich länger zurückliegender Erinnerungen. „Die zugrundeliegenden Mechanismen lassen aber vermuten, dass die Atmung auch hier eine Rolle spielt.“ Stärke der Synchronisation ist individuell Wie stark gedächtnisrelevante Hirnprozesse mit der Atmung synchronisiert sind, kann individuell variieren. Die Forschenden fanden graduelle Unterschiede zwischen den teilnehmenden Personen und schließen daraus, dass die Atmung bei manchen Menschen effizienter mit neuronalen Prozessen verknüpft ist als bei anderen. Und je besser Hirn und Atmung zusammenspielen, desto besser funktioniert vermutlich das Erinnern: „Die Atmung ist ein natürlicher Taktgeber für Gedächtnisprozesse und das verdeutlicht, wie eng Körper und Gehirn miteinander interagieren.“ Außerdem interessant zum Thema Erinnern & Lernen: Tagesrhythmen der Neuroplastizität Wie das Gehirn Erinnerungen speichert und verändert
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