Wie das Gehirn die Zahl Null verarbeitet27. September 2024 Prof. Florian Mormann (l.) und Esther Kutter haben zusammen mit Prof. Andreas Nieder von der Uni Tübingen die neuronalen Grundlagen des mathematischen Konzepts der „Null“ geklärt. (Quelle: © Alessandro Winkler | Universitätsklinikum Bonn) Trotz ihrer Bedeutung für die Mathematik war die neuronale Grundlage der Zahl Null im menschlichen Gehirn bisher unbekannt. Nun haben Forschende aus Bonn und Tübingen festgestellt, dass einzelne Nervenzellen im medialen Schläfenlappen die Null als einen Zahlenwert und nicht als separate Kategorie „Nichts“ erkennen. Das Konzept der Zahl Null hat eine zentrale Bedeutung für die Entwicklung von Zahlensystemen und der Mathematik und wird allgemein als eine der wichtigsten kulturellen Errungenschaften der Menschheit angesehen. „Anders als andere Zahlen wie Eins, Zwei oder Drei, die zählbare Quantitäten repräsentieren, bedeutet Null die Abwesenheit von etwas Zählbarem und gleichzeitig trotzdem einen numerischen Wert“, erklärt Co-Korrespondenzautor Prof. Florian Mormann von der Klinik für Epileptologie am UKB, der auch ein Mitglied in dem Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life & Health“ der Universität Bonn ist. Im Gegensatz zu positiven natürlichen Zahlen kam das Konzept der Zahl Null erst in der späteren Menschheitsgeschichte in den letzten zwei Jahrtausenden auf. Dies spiegelt sich auch in der Kindheitsentwicklung wider, da Kinder typischerweise erst im Alter von etwa sechs Jahren das Konzept der Null und damit verbundene Rechenregeln verstehen können. Neurone signalisieren die Zahl Null Wie dieses Konzept durch Nervenzellen im menschlichen Gehirn repräsentiert ist, wurde bislang noch nicht untersucht. Die Bonner Forschenden gingen jetzt zusammen mit Neurobiologen der Universität Tübingen dieser Frage auf den Grund. Dazu zeigten sie neurochirurgischen Patientinnen und Patienten, denen am UKB zur OP-Vorbereitung haarfeine Mikroelektroden in den Schläfenlappen eingesetzt worden waren, Zahlenwerte von Null bis Neun. Die Zahlenwerte wurden einerseits als arabische Ziffern und andererseits als Punktemengen gezeigt – einschließlich einer leeren Menge. „Währenddessen konnten wir die Aktivität einzelner Nervenzellen messen und fanden tatsächlich Neurone, welche die Null signalisierten“, berichtet Esther Kutter, die Erstautorin der Studie ist. „Solche Neuronen reagierten entweder auf die arabische Ziffer Null oder die leere Menge, nicht jedoch auf beides.“ Zahl Null ist für Neurone ein Zahlenwert In beiden Fällen zeigte sich ein numerischer Abstandseffekt, bei dem Neurone schwächer, aber deutlich auch auf die benachbarte Zahl Eins reagierten. „Also wird auf neuronaler Ebene das Konzept der Null nicht etwa als separate Kategorie ‚Nichts‘ kodiert, sondern als Zahlenwert integriert mit anderen, zählbaren Zahlenwerten am unteren Ende des Zahlenstrahls“, erklärt Prof. Dr. Andreas Nieder vom Institut für Neurobiologie der Universität Tübingen, und Mormann ergänzt: „Trotz dieser Integration wird speziell bei den Punktemengen die leere Menge auf der neuronalen Populationsebene unterschiedlich von anderen Anzahlen kodiert. Dies könnte erklären, warum auch auf Verhaltensebene das Erkennen der leeren Menge mehr Zeit in Anspruch nimmt als für andere kleine Anzahlen.“ Bei den arabischen Ziffern hingegen fand sich dieser Effekt weder auf neuronaler noch auf der Verhaltensebene. Die Forschenden erkennen daraus die Wichtigkeit symbolischer Repräsentationen, zum Beispiel durch arabische Ziffern, für die Integration der Zahl Null auf dem Zahlenstrahl im menschlichen Gehirn.
Mehr erfahren zu: "Glioblastom: Molekulare Diagnostik ermöglicht zielgerichtete Therapie ohne Zeitverzug" Weiterlesen nach Anmeldung Glioblastom: Molekulare Diagnostik ermöglicht zielgerichtete Therapie ohne Zeitverzug Forschende aus Heidelberg haben in der multizentrischen Studie „NCT Neuro Master Match (N2M2)“ den Einsatz zielgerichteter Medikamente in der Ersttherapie bei neu diagnostiziertem Glioblastom geprüft. Von fünf getesteten Medikamenten zeigte […]
Mehr erfahren zu: "Hoffnung auf Klicks: Mit Websites Menschen in Krisen erreichen" Weiterlesen nach Anmeldung Hoffnung auf Klicks: Mit Websites Menschen in Krisen erreichen Informationen im Netz können einen wichtigen Beitrag zur Suizidprävention leisten, wie erste Studien bestätigen. Forschende der Medizinischen Universität Wien, Österreich, testen und entwickeln nun Best-Practice-Beispiele, um Suizidgefährdete und ihr Umfeld […]
Mehr erfahren zu: "Bundes-Klinik-Atlas auf dem Prüfstand" Bundes-Klinik-Atlas auf dem Prüfstand Zum Angebot der Krankenhäuser gibt es seit einiger Zeit auch ein staatliches Informationsportal – und daran hält sich Kritik. Kommt nun das Aus?