Wie das Prinzip von Käsenudeln gegen Alzheimer hilft25. November 2025 Spermin kann bestimmte Eiweiße wie Amyloidprotein unschädlich machen, indem es ähnlich wirkt wie Käse, der Nudeln miteinander verklebt. (Bild: © sornram/stock.adobe.com) Forschende am Paul Scherrer Institut PSI haben untersucht, wie Spermin – ein kleines Molekül, das viele Prozesse in den Zellen des Körpers reguliert – Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson vorbeugt. Es macht bestimmte Eiweiße unschädlich, indem es ähnlich wirkt wie Käse, der Nudeln miteinander verklebt. Die Erkenntnis könnte den Autoren zufolge zukünftig helfen, solche Krankheiten zu bekämpfen. Unsere Lebenserwartung steigt – und so treten auch altersbedingte Leiden immer häufiger auf, darunter auch die neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson. Ursache dieser Erkrankungen im Gehirn sind Ablagerungen schädlicher Eiweißstrukturen, die aus falsch gefalteten Amyloidproteinen bestehen. Bis jetzt gibt es noch keine effektive Therapie, um solche Ablagerungen zu verhindern oder wieder loszuwerden. Doch ein körpereigenes Molekül namens Spermin wecke Hoffnung, so das Paul Scherrer Institut PSI). Wie Forschende um Studienleiter Jinghui Luo vom Zentrum für Life Sciences des PSI in Experimenten herausgefunden haben, ist diese Substanz imstande, das Leben von C. elegans zu verlängern, ihre Bewegung im Alter zu verbessern und die Kraftwerke der Zellen – die Mitochondrien – zu stärken. Insbesondere haben die Forschenden beobachtet, wie Spermin der körpereigenen Abwehr dabei hilft, die nervenschädigenden Ablagerungen von Amyloidproteinen zu entsorgen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ publiziert. Ein zentraler Vermittler für Zellvorgänge Spermin ist ein für den Organismus lebenswichtiger Stoff. Er gehört zu den Polyaminen und ist benannt nach der Samenflüssigkeit Sperma, da es darin in besonders hoher Konzentration vorkommt und vor über 150 Jahren erstmals entdeckt wurde. Doch es steckt auch in vielen Zellen des Körpers – vor allem jenen, die aktiv und teilungsfähig sind. Spermin fördert die Mobilität und Aktivität der Zelle und steuert vielerlei Prozesse. Vor allem interagiert es mit den Nukleinsäuren und reguliert so das Auslesen von Genen und deren Translation in Proteine. Damit sorgt es dafür, dass Zellen richtig wachsen, sich teilen und schließlich sterben können. Außerdem ist Spermin von zentraler Bedeutung für die biomolekulare Kondensation: Dabei entmischen sich bestimmte Makromoleküle wie Proteine und Nukleinsäuren und sammeln sich innerhalb der Zelle gewissermaßen zu Tröpfchen,sodass dort wichtige Reaktionen stattfinden können. Im Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson gab es zuvor schon Hinweise, dass Spermin Nervenzellen schützen und altersbedingten Gedächtnisverlust mildern kann. Doch ein genaueres Verständnis, wie es in die nervenschädigenden Prozesse eingreift, um daraus womöglich medizinischen Nutzen zu ziehen, fehlte bislang. Unterstützung für die zelluläre Müllabfuhr Die Gruppe um Jinghui Luo hat dies nun genauer untersucht. Die Forschenden verwendeten neben Lichtmikroskopie auch das Streumessverfahren SAXS an der PSI-eigenen Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS, um die molekulare Dynamik der Vorgänge zu beleuchten. Die Untersuchungen erfolgten sowohl in einer Glaskapillare (in vitro) als auch im Modellorganismus C. elegans (in vivo). Wie sich zeigte, sorgt Spermin dafür, dass sich die schädlichen Proteine über biomolekulare Kondensation sammeln und gewissermaßen verklumpen. Dies erleichtert den Prozess der Autophagie. „Die Autophagie kann mit größeren Proteinklumpen effektiver umgehen“, erklärt Studienleiter Luo. „Und Spermin ist sozusagen das Bindemittel, das die Stränge zusammenbringt. Es handelt sich um nur schwach anziehende elektrische Kräfte zwischen den Molekülen, die diese organisieren, nicht aber fest verbinden.“ Das Ganze, so Luo, könne man sich auch vorstellen wie einen Teller Spaghetti. «Das Spermin ist wie Käse, der die langen dünnen Nudeln miteinander verbindet, ohne sie zu verkleben, sodass sie besser verdaulich sind.» Gesucht ist die richtige Kombination von Zutaten Spermin nimmt auch auf andere Krankheiten wie etwa Krebs Einfluss. Auch dort benötigt es zunächst noch Forschung, um zu klären, welche Mechanismen dabei zum Tragen kommen. Dann wären den Autoren zufolge Therapieansätze auf der Basis von Spermin denkbar. Zudem gibt es neben Spermin noch viele weitere Polyamine, die ebenfalls wichtige Funktionen im Organismus erfüllen und daher medizinisch interessant sind. „Wenn wir die zugrunde liegenden Vorgänge besser verstehen“, berichtet Luo, „können wir sozusagen leckerere und besser verdauliche Gerichte kochen, weil wir dann genau wissen, welche Gewürze in welcher Dosis die Sauce besonders schmackhaft machen.“ Auf dieser Suche kommt auch künstliche Intelligenz zum Einsatz, die auf Basis aller verfügbaren Daten deutlich schneller vielversprechende Kombinationen von „Zutaten für die Sauce“ berechnen kann. Wichtig für diese sowie folgende Studien, so Luo, seien zudem zeitaufgelöste Streumessverfahren sowie hochauflösende Bildgebung, die solche Vorgänge in Echtzeit und bis hinunter auf die subzelluläre Ebene abbilden können. Außer am PSI sind solche Methoden nur an wenigen anderen Synchrotronanlagen der Welt verfügbar.
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