Wie die Auswirkungen von COVID-19 auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit bekämpft werden können22. September 2025 Symbolbild: ©Dr_Microbe/stock.adobe.com Neue Konsensempfehlungen erörtern Prävention, Behandlung, Rehabilitation und Impfung, um die schwerwiegenden Auswirkungen von COVID-19 auf Herz und Blutgefäße abzumildern. Es begann als grippeähnliche Lungenerkrankung, doch schnell wurde klar: Die Infektion mit SARS-CoV-2 und die damit einhergehende COVID-19-Erkrankung ist nicht nur auf dieses Organ beschränkt. Forschungsergebnisse zeigen, dass COVID-19-Patienten – insbesondere diejenigen, die eine Krankenhausbehandlung benötigten – ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, darunter Herzinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulär bedingter Tod. Auch wenn die Akutphase der Erkrankung überstanden ist, bleibt für einen beträchtlichen Anteil der Patienten die Genesung in weiter Ferne. Es wird geschätzt, dass derzeit etwa 100 Millionen Menschen mit Long-COVID leben und etwa fünf Prozent davon eine kardiale Beteiligung aufweisen, die sich in Symptomen wie Angina pectoris, Atemnot, Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, Müdigkeit und Schwindel äußert. Ferner kann Long-COVID zu einer autonomen Dysfunktion führen, bei der die Nerven, die normalerweise die Herzfrequenz, die Atmung und die Körpertemperatur steuern, nicht richtig funktionieren. Bislang existieren keine klaren Empfehlungen, wie diese Leiden gelindert und weitere Schäden verhindert werden können. Mitunter greifen verzweifelte Patienten auf unbewiesene oder unsichere Behandlungsmethoden zurück. Kardiovaskuläre Erkrankungen im Zusammenhang mit COVID-19 Um dies zu verhindern und die Versorgung der Patienten zu verbessern, erarbeitete eine europäische Expertengruppe im Auftrag der European Society of Cardiology (ESC) nun eine klinische Konsenserklärung. Der Bericht entstand unter der Leitung von Prof. Vassilios Vassiliou von der University of East Anglia und dem Norfolk and Norwich University Hospital (Großbritannien) und wurde jüngst im „European Journal of Preventive Cardiology“ veröffentlicht. „COVID-19 hat tiefgreifende und dauerhafte Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Gesundheit, mit Komplikationen während der akuten Erkrankung, der Genesung und sogar nach Reinfektionen oder Impfungen. In Ermangelung klarer evidenzbasierter Leitlinien riskieren Patienten schädliche Behandlungen und Ärzte sehen sich mit Unsicherheiten konfrontiert“, erläutert der Kardiologe Vassiliou den Hintergrund des aktuellen Statements. „Diese Erklärung enthält einheitliche, praktische Empfehlungen für Prävention, Rehabilitation und Langzeitpflege und identifiziert gleichzeitig kritische Forschungslücken, um sicherzustellen, dass sich die Strategien mit neuen Erkenntnissen weiterentwickeln.“ Empfehlungen zu Prävention und Management Zur Erstellung der Konsensempfehlung hat die Expertengruppe alle vorhandenen Forschungsergebnisse zu COVID-19 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausgewertet, darunter die Auswirkungen einer akuten Infektion, von Long-COVID sowie von kardialen Nebenwirkungen der COVID-Impfungen. Auf der Grundlage dieser Forschungsergebnisse einigte sich die Gruppe auf eine Reihe von Empfehlungen zur Behandlung oder Prävention der problematischen Auswirkungen von COVID-19 auf das Herz-Kreislauf-System. Konkret behandelt das Konsenserklärung folgende Themen: Kardiovaskuläre Prävention nach akuter COVID-19-Erkrankung Kardiovaskuläre Prävention bei vorausgehender COVID-19-Erkrankung Kardiale Rehabilitation nach COVID-19 Untersuchung und Behandlung von kardiovaskulären Manifestationen bei Long-COVID Verhinderung und Verringerung der Schwere von Long-COVID Wiederaufnahme von körperlicher Aktivität und Sport nach COVID-19 Herz-Kreislauf-Prävention nach unerwünschten Reaktionen auf die COVID-19-Impfung Die Expertenkonsenserklärung enthält die Empfehlung, die Impfung gegen SARS-CoV-2 fortzusetzen, da vollständig geimpfte Menschen weitaus seltener an Herzkomplikationen oder Long-COVID leiden, selbst wenn sie eine symptomatische COVID-Erkrankung entwickeln. Außerdem wird dargelegt, wie die durch COVID-19 verursachten Symptome wie Atemnot, Brustschmerzen und Ohnmacht diagnostiziert und behandelt werden können. Insbesondere empfiehlt das Papier strukturierte Herzrehabilitationsprogramme, einschließlich spezialisierter Physiotherapie, um längerfristige Probleme nach einer Infektion zu verhindern und die Genesung bei Long-COVID zu unterstützen. Das Dokument betont auch die Bedeutung von Änderungen des Lebensstils und personalisierten therapeutischen Ansätzen zur Verbesserung der Patientenergebnisse. Gesundheitssysteme auf anhaltende Belastung vorbereiten Schließlich fordern die Experten einen gleichberechtigten Zugang zu Herzrehabilitationsprogrammen, insbesondere für Menschen, die in ländlichen Gebieten leben. „Derzeit reichen die Kapazitäten der Rehabilitationsdienste in weiten Teilen Europas nicht aus, um sowohl herkömmliche Herzpatienten als auch Patienten mit kardialem Long-COVID zu versorgen. Außerdem gibt es erhebliche regionale Unterschiede. Daher sind gezielte finanzielle Investitionen und eine gezielte Zuweisung von Ressourcen erforderlich, um die Kapazitäten der Dienste zu erweitern und einen gleichberechtigten Zugang zu gewährleisten“, erklärt Vassiliou. Nach Ansicht der Verfasser der Konsenserklärung ist die fortlaufende Forschung von entscheidender Bedeutung, um bestehende Wissenslücken zu schließen, Präventionsstrategien zu optimieren und die Patientenversorgung zu verbessern. Zukünftige Studien sollten sich daher vorrangig mit der Individualisierung von Präventionsmaßnahmen für verschiedene Bevölkerungsgruppen, der Verfeinerung von Rehabilitationsstrategien und der Weiterentwicklung der langfristigen kardiovaskulären Versorgung befassen, um sicherzustellen, dass sich evidenzbasierte Praktiken parallel zu neuen Daten weiterentwickeln. „Die Gesundheitssysteme müssen auf die anhaltende Belastung vorbereitet sein, nicht nur auf die akute Infektion“, betont Vassiliou abschließend. (ah/BIERMANN)
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