Wie die Lunge zu ihren Immunzellen kommt

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Die Lunge eines Erwachsenen besteht aus verschiedenen, hochspezialisierten Zelltypen, die von einer Vielzahl an Immunzellen beschützt werden. Wie sich diese im Embryo und nach der Geburt in der Lunge ansiedeln und gegenseitig beeinflussen, ist jedoch in weiten Teilen noch unerforscht.

Forscher aus Israel und Österreich haben nun mit eigens entwickelten Hightech-Verfahren im Mausmodell einen fundamentalen, neuen Mechanismus entdeckt. Die Forschungsgruppe von Ido Amit vom Weizmann Institute of Science, gemeinsam mit den Teams von Sylvia Knapp am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und an der Klinik für Innere Medizin 1 der Medizinischen Universität Wien, und von Tibor Harkany am Zentrum für Hirnforschung der Medizinischen Universität Wien, konnte durch eine Kombination aus zehntausenden Einzelzell-RNA-Analysen zusammen mit Zelloberflächenfärbungen sowie neuesten Mikroskopiemethoden nun die erste, vollständige Entwicklungskarte der Lunge nachzeichnen. 

Das Ergebnis überraschte: basophile Granulozyten, Zellen des Immunsystems, die man bisher für allergische Reaktionen verantwortlich zeichnete, sind als eigene Unterart in der Lunge ansässig und produzieren hier entscheidende Wachstumsfaktoren und Zytokine für die Entwicklung der Lunge. Sie unterscheiden sich stark von bisher bekannten Basophilen, die im Blut zirkulieren, und noch nie wurde über eine Rolle dieser Immunzellen in Entwicklung und Homöostase, speziell der Lunge, berichtet.

„Wir konnten zeigen, dass die Lungenentwicklung in mehreren Schüben verläuft, und dass die Basophilen der Lunge eine wichtige Rolle dabei einnehmen“, erklärt Anna-Dorothea Gorki, CeMM PhD-Studentin und Co-Erstautorin der Studie, „sie interagieren auf breiter Basis mit anderen Zelltypen der Lunge, insbesondere den Makrophagen, einer extrem wichtigen Art von Immunzellen. Molekulare Signale, die von Basophilen ausgeschüttet werden, führen zur Reifung der Makrophagen-Vorläufer in ihre lungenspezifische Form, die sogenannten Alveolarmakrophagen.“

„Diese Entdeckung ist klinisch höchst interessant“, ergänzt Sylvia Knapp, Forschungsgruppenleiterin am CeMM und Professorin an der MedUni Wien, „diese außergewöhnliche Funktion der Basophilen und ihr Einfluss auf Makrophagen weisen darauf hin, dass sie auch bei Lungenerkrankungen eine Rolle spielen könnten und somit auch ein potentielles, therapeutisches Ziel für Immuntherapien darstellen.“

Die Studie wurde von der Chan Zuckerberg Initiative (CZI), einem HHMI International Scholar Award, dem Europäischen Forschungsrat (ERC), einem MRA Established Investigator Award, der Israel Science Foundation, einem Helen and Martin Kimmel Award for innovative investigation, dem Israelischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie, dem Fond zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) sowie der European Molecular Biology Organisation (EMBO) gefördert.