Wie Gene die Fovea-Entwicklung beeinflussen und zu seltenen Sehstörungen führen können

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Ein internationales Team hat unter der Leitung der University of Leicester in Zusammenarbeit mit 20 Expertenzentren erstmals beschrieben, wie genetische Defekte die Ausbildung der Fovea beeinflussen und Probleme bei der Augenentwicklung von Babys verursachen.

Die Fovea ist der Teil der Netzhaut des menschlichen Auges der für scharfes, zentrales Sehen verantwortlich ist. Eine verzögerte Entwicklung der Fovea oder eine Hypoplasie der Fovea ist selten und wird häufig durch genetische Veränderungen verursacht. Fovea-Defekte können schwerwiegende Folgen haben und betroffene Menschen stark beeinträchtigen.

Derzeit gibt es noch keine Behandlungsmöglichkeiten für diese Erkrankung. Erste sichtbare Anzeichen eines Foveaproblems – „wackelige Augen“ – treten meist im Säuglingsalter auf, oft in den ersten sechs Lebensmonaten. Welche Gene die Entwicklung der Fovea steuern und zu welchen Zeitpunkten in der Entwicklung dies geschieht, ist weitestgehend unbekannt.

Die Studie des Forschungsteams, die jetzt im Journal “Ophthalmology” publiziert wurde, analysiert Daten von mehr als 900 Fällen weltweit. Die Wissenschaftler identifizierten nicht nur das das Spektrum der genetischen Veränderungen, die diesen Fovea-Defekten zugrundeliegen, sondern auch, an welchem ​​​​Punkt sie in der Entwicklung des Ungeborenen auftreten.

Dr. Helen Kuht, Erstautorin der Studie und Postdoktorandin des Wellcome Trust in der Ulverscroft Eye Unit an der University of Leicester, kommentierte: „Diese Forschung hat wirklich dazu beigetragen, das Rätsel zu lösen, warum einige Babys mit solchen genetischen Veränderungen eine Foveahypoplasie mit unterschiedlichem Schweregrad aufweisen.“ Die gewonnen Erkenntnisse seien wichtig sowohl für die Diagnose als auch die Prognose der künftigen Sehleistung und könnten helfen, Gentests zu priorisieren sowie die spätere Beratung zu unterstützen.

Dr. Mervyn Thomas, Hauptautor der Studie und Dozent für Augenheilkunde und Genommedizin an der University of Leicester, entwickelte einen weltweiten Standard zur Einstufung des Schweregrades der Foveahypoplasie – dieser Standard wird als “Leicester-Grading-System” bezeichnet. Thomas fügte hinzu: „Die meisten früheren Studien in diesem Bereich waren auf ein oder zwei Zentren beschränkt, was es schwierig machte, aussagekräftige Schlussfolgerungen bei seltenen Erkrankungen wie der Foveahypoplasie zu ziehen. In dieser Studie konnten wir Datensätze aus großen kooperierenden Zentren auf der ganzen Welt zusammenführen. […] Dies hat geholfen zu verstehen, wie diese Gene die foveale Entwicklung beeinflussen und inwieweit die foveale Entwicklung aufgrund des genetischen Defekts gestoppt wird.“

Um die Fovea zu lokalisieren und deren Entwicklungsstand zu bestimmen, erstellten die Forscher mithilfe der optischen Kohärenztomographie (OCT) Scans des Augenhintergrundes. Diese wurden dann analysiert, um den Schweregrad jedes einzelnen Falls unter Verwendung des Leicester-Grading-Systems zu kategorisieren. Anschließend wurden diese Einstufungen mit genetischen Markern verglichen, um die Gene zu identifizieren, die mit den unterschiedlichen Schweregraden der Foveahypoplasie assoziiert sind.

Die Identifizierung dieser Beziehungen zwischen genetischen Defekten und dem Hemmungsgrad der fovealen Entwicklung ist nach Einschätzung der Autoren der erste Schritt hin zur Entwicklung möglicher zukünftiger Behandlungen für Personen mit Foveahypoplasie.

Weiterführende Informationen:
Leicester gründete 2020 die Foveal Development Investigators Group (FDIG), die Expertise in der Fovea-Entwicklungsforschung aus elf Ländern zusammenführt. Dazu gehören Zentren in Großbritannien, Südkorea, Dänemark, den Niederlanden, den USA, China, Frankreich, Australien, Deutschland, Brasilien und Indien.

Dr. Brian Brooks ist leitender Wissenschaftler am National Eye Institute in den USA, Abteilungsleiter für Augengenetik und Sehfunktion sowie Co-Autor dieser Studie. Er betonte: „Dr. Kuht und Dr. Thomas haben das weltweit größte Konsortium von Forschern, die sich für die Ursachen der Foveahypoplasie interessieren, zusammengestellt. Ihre Arbeit stellt die besten Querschnittsdaten dar, die wir bisher zur Genetik dieser Erkrankung haben.“

Die Studie wurde vom UK Medical Research Council, Fight for Sight, Nystagmus Network, Ulverscroft Foundation, Wellcome Trust, Korea Centers for Diseases Control and Prevention und der National Research Foundation of Korea finanziert.

Quelle: Ophthalmology. Published online: February 11, 2022.

doi: 10.1016/j.ophtha.2022.02.010