Wie künstliches Hören durch optische Stimulation natürlicher werden könnte30. April 2019 Rekonstruktion des Innenohrs einer Mongolischen Wüsten-rennmaus mit der Hörschnecke und Gleichgewichtsorganen.Foto: Carlos Duque-Afonso, Institut für Auditorische Neurowissenschaften/umg Eine verbesserte Frequenzauflösung des künstlichen Hörens durch optische Stimulation des Innenohrs konnten Forscher der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Deutschen Primatenzentrums – Leibniz-Institut für Primatenforschung (DPZ) zeigen. Musik genießen, Melodien erkennen oder das Zuhören in einer Umgebung mit vielen Hintergrundgeräuschen – das ist immer noch schwierig für Menschen, die beim Hören auf Cochlea-Implantate angewiesen sind. Göttinger Hörforscher konnten jetzt nachweisen, dass sich die Qualität des künstlichen Hörens maßgeblich verbessern ließe, wenn die Hörbahn mittels Licht statt mit elektrischem Strom stimuliert wird. Wissenschaftler um Prof. Tobias Moser, Direktor des Institutes für Auditorische Neurowissenschaften an der UMG sowie Leiter der Forschungsgruppe Auditorische Neurowissenschaften und Optogenetik am Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung (DPZ), haben in einer kürzlich veröffentlichten Studie das Auflösungsvermögen für Tonhöhen beim natürlichen sowie künstlichen Hören gemessen und bestimmt. Dabei verglichen sie die in Göttingen entwickelte Anregung optogenetische Anregung des Hörnervs mit natürlichem Hören und dem Hören mit Hilfe des etablierten elektrischen Cochlea-Implantats im Tiermodell. Über die Untersuchung der Nervenaktivität im Mittelhirn gewannen die Wissenschaftler vergleichbare Daten über das Auflösungsvermögen für Tonhöhen (Frequenz) bei akustischem, optischem und elektrischem Hören. Die Wissenschaftler kommen in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass die künstliche Anregung der Hörbahn mittels Licht eine wesentlich höhere Auflösung als die Anregung mittels Strom ermöglicht. Bei niedrigen Anregungsintensitäten war die Tonhöhenauflösung ihren Untersuchungen zufolge sogar so gut wie beim natürlichen Hören. Diese neuen Erkenntnisse lassen die Forscher hoffen, dass es mit künftigen optischen Cochlea-Implantaten gelingen könnte, das Hörvermögen von Schwerhörigen besser wiederherzustellen. Die vorklinische Forschung wurde durch das Projekt „OptoHear“ des Europäischen Forschungsrats (ERC) gefördert. Die Forschungsergebnisse sind veröffentlicht in Nature Communications. In ihrer Studie ist es den Forschern um Moser erstmals gelungen, die Frequenzauflösung der optogenetischen Anregung des Hörnervs umfassend zu charakterisieren und mit der Frequenzauflösung elektrischer und akustischer Anregung zu vergleichen. Während das Innenohr im Tiermodell optogenetisch, elektrisch oder akustisch angeregt wurde, zeichneten die Forscher die neuronale Aktivität im auditorischen Mittelhirn auf. Diese Untersuchung nutzt aus, dass im Hörsystem unterschiedliche Frequenzen an verschiedenen Orten verarbeitet werden. Über eine aktivitätsbasierte Analyse der Anregungsbreite – dies bedeutet in etwa, wie viele Nervenzellen, die verschiedene Frequenzen verarbeiten, gleichzeitig aktiv sind – bestimmten sie dann die Frequenzauflösung der verschiedenen Anregungsmodi. Dabei zeigte sich, dass die Frequenzauflösung künstlichen Hörens durch optische, im Vergleich zu elektrischer Stimulation wesentlich verbessert werden kann. Bei geringen Stimulationsintensitäten könnte sogar eine natürliche Hörqualität erreicht werden, da dann die Frequenzauflösung von optogenetischer und akustischer Anregung nicht zu unterscheiden war. „Unsere Ergebnisse zeigen erstmals, dass die Frequenzauflösung optogenetischer Stimulation des Hörnervs in feineren Stufen erfolgen kann, als mit der bisher in der Klinik verwendeten elektrischen Stimulation in Cochlea-Implantaten erreicht wird“, sagt Alexander Dieter, Doktorand am Institut für Auditorische Neurowissenschaften, UMG, und Erstautor der Studie. „Ein logischer nächster Schritt ist für uns nun, die Stimulation auf mehr Kanäle zu erweitern. In den bisherigen Untersuchungen haben wir die Einkanalstimulation eingesetzt. Nun wollen wir mittels Mikroleuchtdioden-Arrays über mehrere Kanäle stimulieren“, sagt Dr. Marcus Jeschke, Nachwuchsgruppenleiter am DPZ und am Institut für Auditorische Neurowissenschaften der UMG, einer der korrespondierenden Autoren der Studie. „So möchten wir untersuchen, ob die Aktivierungen nahe beieinander liegender LEDs unterschieden werden können und wie und ob die Aktivierungen der einzelnen LEDs interagieren“, so Jeschke weiter. „Wenn künftige Tierversuche unsere Ergebnisse bestätigen, und die Biosicherheit unserer Technologie nachgewiesen wird, haben wir Hoffnung, dass optische Cochlea-Implantate künftig auch bei Menschen eingesetzt werden können“.
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