Wie Long-COVID Betroffene einschränkt4. Februar 2025 Die EPILOC-Forschenden (v. l.): Erstautor Dr. Raphael Peter (Uni Ulm), Studienleiter Prof. Winfried Kern von der Uniklinik Freiburg und Prof. Dietrich Rothenbacher, Direktor des Instituts für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Uni Ulm (Quelle: © Elvira Eberhardt | Universität Ulm, Universität Freiburg) Für die baden-württembergische Langzeitstudie EPILOC (Epidemiologie von Long Covid) haben Forschende in den Universitätskliniken Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm mehr als 1500 ehemals Infizierte nachuntersucht und festgestellt: Zwei Drittel der am Post-COVID-Syndrom leidenden Patienten haben sich auch im zweiten Jahr ihrer Erkrankung kaum erholt. Zwei Jahre nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 haben viele Betroffene weiterhin erhebliche, bleibende Beschwerden. Dazu zählen beispielsweise chronische Müdigkeit und rasche Erschöpfung, Gedächtnisprobleme und Konzentrationsstörungen sowie Atemnot und Brustschmerzen. Auch innere Unruhe, Depressionen und Schlafstörungen kommen häufig vor. Das zeigen die Ergebnisse der EPILOC-Studie, für die in den Post-COVID-Ambulanzen der Universitätskliniken im Land mehr als 1500 ehemals Infizierte im Alter von 18 bis 65 Jahren nachuntersucht worden sind. Dabei wurde deutlich, dass sich mehr als zwei Drittel der Patienten im zweiten Jahr nach ihrer Erkrankung kaum erholt hatten und sie weiterhin in ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität und ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sind. Im Vergleich zu Kontrollpersonen waren funktionelle Parameter verschlechtert, also zum Beispiel die Handgreifkraft, der maximale Sauerstoffverbrauch bei Belastung und die Atemeffizienz sowie Ergebnisse bei neurokognitiven Testreihen. Trotz dieser objektiven Anzeichen von verminderter körperlicher Leistungsfähigkeit und kognitiven Defiziten zeigten beinahe alle Laboruntersuchungen der klinischen Routine keine pathologischen Befunde. Eine SARS-CoV-2-Persistenz oder Reaktivierung des Epstein-Barr-Virus, eine Nebenniereninsuffizienz oder Störungen der Blutgerinnung, wie oft in anderen Studien beschrieben, zeigten die Laborergebnisse nicht. Durch die hohe Zahl der Teilnehmenden und die Berücksichtigung möglicher Störfaktoren (wie Übergewicht oder Rauchen) beim Vergleich verschiedener Gruppen konnten solche Zusammenhänge klarer ausgeschlossen werden. Dies sei ein weiteres wichtiges Ergebnis der Untersuchung, betonen die Autorinnen und Autoren. Für eine fundierte medizinische Beurteilung seien Belastungstests im Bereich Herz-Lunge, Muskel- und Nervensystem erforderlich. „Die Diskrepanz zwischen den funktionellen Testergebnissen, dem subjektiven Leiden der Patienten und den vielen unauffälligen Routine-Laborparametern legen nahe, dass wir in einer anderen Richtung nach den pathophysiologischen Ursachen suchen müssen“, bemerkt Erstautor Dr. Raphael Peter vom Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm. „Vor allem die neurometabolischen und neuroinflammatorischen Störungen, die Rolle des Skelettmuskelstoffwechsels und dysfunktionale Atmung sollten vermehrt in den Fokus zukünftiger Forschung kommen“, empfiehlt Peter. Studienleiter Prof. Winfried Kern aus der Klinik für Innere Medizin II der Universitätsklinik Freiburg ergänzt dazu: „Es ist erschreckend, wie viele ehemals Infizierte nach zwei Jahren noch Beschwerden und Einschränkungen haben. Eine systematische längere Nachbeobachtung und medizinische Nachuntersuchung sind erforderlich, um Faktoren für Besserung beziehungsweise Nichterholung des Post-COVID-Syndroms und relevanter pathophysiologischer Pfade genauer zu identifizieren. Nur so werden sich therapeutisch wirksame Interventionsansätze finden und entwickeln lassen.“ Derzeit werten die Wissenschaftler weitere Daten aus und analysieren die zahlreichen Bioproben der EPILOC-Studie mit erweiterter Methodik. Sie erhoffen sich daraus dringend benötigte Erkenntnisse, um den Personen mit Post-COVID besser helfen zu können. Die rund 1500 Teilnehmenden stammen aus einer Gruppe von mehr als 11.000 Erwachsenen aus ganz Baden-Württemberg, die bereits in einer ersten Studie in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern sechs bis zwölf Monate nach der Indexinfektion zu ihren Symptomen befragt worden waren. Damals berichtete jeder Vierte von Beschwerden wie Fatigue, Gedächtnisproblemen und Konzentrationsstörungen sowie Atemnot und Brustschmerzen.
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