Wie rheumatologische Frühversorgung Neuerkrankte vor bleibenden Schäden schützen kann

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Von den ersten Rheumasymptomen bis zum Kontakt mit einem Rheumatologen können noch immer mehrere Monate vergehen. Dabei sind eine frühe Diagnose und ein schneller Behandlungsstart entscheidend für den Krankheitsverlauf. Diverse evaluierte Frühversorgungsmodelle zeigen mögliche Wege einer schnelleren ambulanten Versorgung auf, so die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) im Vorfeld ihres 50. Kongresses.

Immer noch warten Patienten zu lange auf eine rheumatologische Versorgung: „Dann drohen trotz hervorragender Behandlungsmöglichkeiten mit modernen Medikamenten bleibende Schäden, etwa an den Gelenken, deren Entstehung nur noch verlangsamt oder aufgehalten, aber nicht mehr geheilt werden können”, erklärt Prof. Andreas Krause, Kongresspräsident des Deutschen Rheumatologiekongresses und Chefarzt im Immanuel Krankenhaus Berlin. „Eine schnelle fachspezifische Behandlung nach Symptombeginn beeinflusst den weiteren Verlauf entzündlich-rheumatischer Erkrankungen maßgeblich.” Einzig eine schnelle Diagnose und Zuweisung in die fachärztliche Behandlung schaffe Abhilfe, so der Experte.

Erstversorgung häufig verzögert

Die Realität sieht für viele Patienten jedoch derzeit noch anders aus: Kapazitätsengpässe führen regional zu unterschiedlich langen Wartezeiten für den rheumatologischen Erstabklärungstermin. Dies schadet nicht nur den Patienten, sondern verursacht auch erhöhte Folgekosten für das Gesundheitssystem. Möglichkeiten einer effizienteren Frühversorgung zeigen einige Konzepte auf, die an rheumatologischen Kliniken in Altötting·Burghausen, Berlin-Buch, Düsseldorf und Heidelberg erprobt wurden.

An der Evaluation, die vier regionale rheumatologische Frühversorgungskonzepte in ihren Entwicklungsetappen untersuchte, war Krause als Autor beteiligt. Das Ergebnis: “Durch die sehr unterschiedlichen, an den lokalen Gegebenheiten orientierten Frühversorgungsmodellen, lässt sich unter effektiver Nutzung der vorhandenen Strukturen die Zeitspanne zwischen Auftreten der Symptome bis zur Diagnosestellung und Therapieeinleitung deutlich verkürzen”, so Krause. Dass unabhängig von den unterschiedlichen Rahmenbedingungen bei den analysierten Frühversorgungskonzepten eine beschleunigte Behandlung der Patienten erreicht werden konnten, liegt Krause zufolge an einigen gemeinsamen Merkmalen.

Kapazitäten besser nutzen und die Rolle des nichtärztlichen Personals stärken

So sind die gezieltere Zuweisung zu passenden Versorgungsformen durch eine strukturierte Vorselektion der Patienten und Screeningsprechstunden wesentliche Elemente für eine schnellere Erstversorgung. Die verbesserte Zusammenarbeit mit nichtrheumatologischen Zuweisern, die Erfassung von Symptomen, die auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung hindeuten schon vor der Terminvergabe oder offene rheumatologische Sprechstunden zur strukturierten Erfassung der Symptomatik und raschen Einleitung der weiteren Versorgung sind Beispiele für eine erfolgreiche Verkürzung der Wartezeiten.

Eine effektivere Nutzung der vorhandenen rheumatologischen Versorgungsmöglichkeiten gelingt zudem durch die Delegation ärztlicher Leistungen an speziell fortgebildete medizinische Fachassistenten und Fachassistentinnen. “Hierdurch werden wertvolle Kapazitäten für die frühe Diagnosestellung und die weitere Betreuung von Rheumapatientinnen und -patienten geschaffen”, so Krause. Eine zusätzliche Arbeitserleichterung stelle der Einsatz digitaler Hilfsmittel zur Erfassung und Auswertung der von Patienten berichteten Symptome dar, die in der Rheumatologie nun auf einer einheitlichen Plattform erfolgen sollen. Dass diese Maßnahmen erfolgreich sind, zeigt die nun vorliegende Auswertung. “Etwa in der Poliklinik für Rheumatologie des Universitätsklinikums Düsseldorf konnte die Zeit vom Erstsymptom bis zur Diagnosestellung bei zwei Dritteln der Patienten auf unter drei Monate verkürzt werden”, sagt Krause.

Trotz Erfolg keine Dauerlösung

Eine allgemeine Erfolgsformel lässt sich aus der Evaluation nicht ableiten, da lokale Rahmenbedingungen sich von Fall zu Fall unterscheiden. Dazu zählen verschiedene Ambulanzformen, unterschiedliche Personaldecken, heterogene Versorgungsdichte und nicht ausreichende Finanzierung. „Gerade die regionalen Besonderheiten haben uns gezeigt: Viele Wege führen nach Rom”, so Krause. Zudem ist aufgrund des zunehmenden rheumatologischen Versorgungsbedarfs, beispielsweise durch die demographische Entwicklung, eine Ausweitung der ambulanten Versorgungskapazitäten erforderlich. Abhilfe schafft hier die sektorübergreifende Behandlung durch die ambulante spezialfachärztliche Versorgung, die insbesondere durch die mögliche Teilnahme von Rheumakliniken an der ambulanten Versorgung eine spürbare Verbesserung der Versorgungssituation bringt. Letztlich wird es aber auch darauf ankommen, die rheumatologischen Weiterbildungsmöglichkeiten auszuweiten, um die zukünftige Versorgung zu sichern und auszubauen, betont die DGRh.

Literatur:

Benesova K, Hansen O, Sande, O. et al. Regionale Frühversorgung weiterentwickeln – viele Wege führen nach Rom. Z Rheumatol 2022;81:445–462. DOI: 10.1007/s00393-022-01220-6