Wie sich das frühe Herz entwickelt4. Juli 2025 Herz einer Maus im späten Embryonalstadium: Das Gewebe wurde per Tissue Clearing transparent gemacht. Auf dem mit dem Lichtblattmikroskop aufgenommenen Bild sind die sich entwickelnden Koronararterien zu sehen. Sie sind mit Antikörpern türkis gefärbt. (Foto: ©Mireia Pampols-Perez/Max Delbrück Center Der Ionenkanal PIEZO2 verarbeitet nicht nur Berührungsreize. Wie ein Team vom Max Delbrück Center berichtet, ist er auch für das Wachstum der Herzkranzgefäße wichtig. Die Erkenntnisse könnten helfen, angeborene Herzleiden besser zu verstehen. Unsere Haut spürt selbst einen leisen Lufthauch. Zu verdanken ist ihre Sensibilität speziellen Ionenkanälen, die in den Membranen ihrer Zellen liegen und dort auf feinste mechanische Reize reagieren. Dass einer dieser Kanäle, PIEZO2, zudem eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Herzkranzgefäße und des Herzens spielt, hat ein Team um Dr. Annette Hammes gezeigt. Die Forscherin leitet am Max Delbrück Center die Arbeitsgruppe „Molekulare Signalwege in der kortikalen Entwicklung“. Erschienen ist ihre Arbeit im Fachblatt „Nature Cardiovascular Research“. Weitere Arbeitsgruppen des Max Delbrück Center waren an der Studie maßgeblich beteiligt, darunter die Teams der Professoren Gary Lewin, Holger Gerhardt und Norbert Hübner. „An unserem Zentrum bündeln wir unterschiedliche Fachkompetenzen, um zentrale biologische Prozesse zu verstehen“, sagt Hammes. Die Ergebnisse der jüngsten Kooperation tragen dazu bei, die Ursachen angeborener Herzerkrankungen herauszufinden – mit dem Ziel, sie künftig früher erkennen und behandeln zu können. „Zudem könnte PIEZO2 eine neue Zielstruktur für Therapien gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden“, erläutert Hammes. Fehlerhafte Herzkranzgefäße Gemeinsam mit ihren Kollegen konnte die Erstautorin der Studie, Dr. Mireia Pampols-Perez aus Hammes’ Team, an Mausmodellen zeigen, dass sich die Koronararterien ohne PIEZO2 nicht korrekt entwickeln: Fehlt der Ionenkanal, bleiben die feinen Gefäße zu eng oder verzweigen sich anders als gewöhnlich. Dadurch wird der Herzmuskel nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Ähnliche Fehlbildungen traten bei Mäusen mit einer überaktiven PIEZO2-Variante auf, die beim Menschen unter anderem eine seltene Erbkrankheit, das Marden-Walker-Syndrom, hervorruft. In beiden Fällen verdickte sich besonders in der linken Herzkammer das Herzmuskelgewebe – vermutlich infolge des gestörten Wachstums der Gefäße. „Genomweite Assoziationsstudien deuten darauf hin, dass Mutationen im PIEZO2-Gen auch beim Menschen kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzinsuffizienz, Bluthochdruck oder Aneurysmen verursachen können“, sagt Hammes. „Fehlfunktionen des Ionenkanals während der Embryonalentwicklung führen vermutlich zunächst zu kaum erkennbaren Gefäßveränderungen – die im Alter oder bei starker körperlicher Belastung aber schwere Herzprobleme auslösen können.“ Gewöhnlich ist PIEZO2 nur bei Embryonen in den Endothelzellen der Koronararterien, die die Innenseite der Gefäße auskleiden, aktiv. Spätestens nach der Geburt stellt der Kanal dort in der Regel seine Arbeit ein. „Es gibt aber Hinweise, dass er im erwachsenen Herzen unter bestimmten Bedingungen wieder exprimiert wird und dann möglicherweise die Regeneration von Gefäßen fördern kann“, berichtet Hammes. „Das ist natürlich ein sehr spannender Aspekt – zum Beispiel bei der koronaren Herzkrankheit oder nach einem Infarkt.“ Neue Optionen für Diagnostik und Prävention Aktuell untersucht ihr Team daher gemeinsam mit Kolleg*innen des Helmholtz-Instituts für translationale AngioCardioScience (HI-TAC) in Heidelberg und Mannheim sowie der Technologie-Plattform „Pluripotente Stammzellen“ des Max Delbrück Center, inwieweit sich die an Mäusen gewonnenen Erkenntnisse über PIEZO2 auf den Menschen übertragen lassen. Dazu nutzen die Forschenden humane Endothelzellen, die sie aus pluripotenten Stammzellen gewinnen. „Mit diesen Modellen möchten wir herausfinden, wie sich die Expression und die Aktivität von PIEZO2 beim Menschen gezielt beeinflussen lassen“, sagt Hammes. Der medizinische Nutzen ihrer Forschung ist vielfältig. „Die aktuelle Studie erweitert das Verständnis für angeborene Herzfehler und ergänzt die Liste von Genen, die sich für die Diagnostik und Prävention nutzen lassen“, erklärt Hammes. „Unsere Ergebnisse können so dazu beitragen, genetisch bedingte Herz-Kreislauf-Erkrankungen früher zu erkennen – und langfristig vielleicht sogar zu verhindern.“
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