Wie sich die DNA im frühen Embryo selbst organisiert24. April 2025 Foto: © Anusorn/stock.adobe.com Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Helmholtz Munich hat erstmals detailliert gezeigt, wie sich die räumliche Organisation des Erbguts im Zellkern früher Embryonen in den ersten Stunden nach der Befruchtung entwickelt. Wenn Ei- und Samenzelle verschmelzen, beginnt eine umfassende Reorganisation der DNA im Zellkern. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Epigenetik, die die Genaktivität durch chemische Modifikationen an der DNA und ihren assoziierten Proteinen reguliert. „Wir wollten verstehen, wie diese epigenetischen Programme die Genaktivität beeinflussen und sicherstellen, dass die Zelle ihre entwicklungsbiologischen Aufgaben korrekt ausführt“, erklärt Studienleiterin Prof. Maria-Elena Torres-Padilla. „Bisher war nicht bekannt, ob ein einziger zentraler Mechanismus die Kernorganisation nach der Befruchtung steuert. Unsere Ergebnisse zeigen, dass dafür mehrere parallele regulatorische Wege zuständig sind, die sich gegenseitig verstärken“, fügt sie hinzu. Die neuen Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Cell“ veröffentlicht. Klassisches Modell der Kernorganisation infrage gestellt Um die Mechanismen dieser Reorganisation zu entschlüsseln, führten die Forschenden ein Störungs-Screening durch. Dabei veränderten sie gezielt epigenetische Faktoren in frühen Mausembryonen, um deren Einfluss auf die Kernorganisation zu analysieren. Zur Kartierung der epigenetischen Veränderungen nutzten die Forschenden molekularbiologische Techniken: Dam-ID: Diese Methode identifiziert DNA-Regionen, die mit der Kernlamina interagieren (eine Proteinstruktur an der Innenseite der Kernhülle, die die DNA-Struktur beeinflusst) und gibt Aufschluss über die dreidimensionale Genomorganisation. RNA-seq: Diese Technik misst die Genaktivität in frühen Embryonen, um Veränderungen in der Genexpression zu analysieren. CUT&RUN und CUT&Tag: Diese Methoden ermöglichen eine präzise Kartierung epigenetischer Markierungen, die für die Regulierung der Kernorganisation entscheidend sind. Die Analysen deckten mehrere redundante regulatorische Mechanismen auf, die an der Kernorganisation beteiligt sind. Darüber hinaus ergaben die Experimente, dass – entgegen bisheriger Annahmen – die Genaktivität nicht streng von der räumlichen Position im Zellkern bestimmt wird. „Die Position von Genen innerhalb des Zellkerns korrelierte nicht immer mit ihrer Aktivität“, erklärt Erstautor Mrinmoy Pal. Manche Gene blieben aktiv, obwohl sie sich in eine Region des Zellkerns verschoben, die traditionell als inaktiv gilt, während eine ähnliche Verlagerung in anderen Fällen zu einer drastischen Reduktion der Genexpression führte. „Das stellt das klassische Modell der Kernorganisation und der Genomfunktion infrage“, so Pal. Embryonen können Fehler selbst korrigieren Noch überraschender war die Erkenntnis, dass frühe Embryonen Störungen in der Kernorganisation selbst korrigieren können. War die Kernorganisation vor der ersten Zellteilung gestört, konnte sie während des zweiten Zellzyklus wiederhergestellt werden. Dies deutet darauf hin, dass frühe Embryonen nicht nur widerstandsfähig sind, sondern auch Mechanismen besitzen, um Fehler in ihrer anfänglichen Kernorganisation zu kompensieren. Die Forschenden entdeckten, dass dieser Prozess durch epigenetische Markierungen reguliert wird, die von der mütterlichen Eizelle vererbt werden. Falls diese mütterlichen Signale gestört sind, kann der Embryo allerdings alternative epigenetische Programme aktivieren, um die korrekte Kernorganisation dennoch wiederherzustellen – selbst, wenn diese Programme möglicherweise nicht von der Mutter stammen. Dies zeigt, dass Embryonen unterschiedliche Ausgangspunkte für ihre Entwicklung nutzen können, um Fehlentwicklungen zu verhindern. Relevanz für Altern und Krankheit Die Studienergebnisse könnten laut den Autoren weitreichende Auswirkungen haben: Bei Erkrankungen wie Progerie, einer genetischen Störung, die zu vorzeitiger Alterung führt, treten erhebliche Störungen in der mit der Kernlamina assoziierten DNA auf. Darüber hinaus sind verschiedene Krebsarten mit Veränderungen in der räumlichen Organisation des Genoms verbunden.
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