Wirbelsäulenverletzungen und Rückenschmerz: Können Bandagen und Orthesen helfen?  

Bild: Pixel-Shot – stock.adobe.com

Bei konservativ zu behandelnden Verletzungen und Brüchen an der Wirbelsäule gibt es bislang wenig Evidenz für Hilfsmittel wie Bandagen und Orthesen. Warum trotzdem ein sehr großes Potenzial in ihnen liegt und was dabei differenziert zu betrachten ist, weiß Prof. Bernd Greitemann, Referent auf dem ZKOS.

Eine Hauptgruppe Betroffener, denen bestimmte Orthesen gut helfen, sind Menschen ab 60/65 Jahren mit Sinterungsfrakturen. „Zwar heilt der Bruch durch die Orthese nicht schneller, aber den Patienten wird besser der Schmerz genommen“, so Greitemann im Vorfeld des Zeulenrodaer Kongress für Orthopädie und Sportorthopädie (ZKOS) . Durch eine spezielle Drei-Punkt-Abstützung erfolge eine Haltungsaufrichtung und damit eine Entlastung der Strukturen. De Orthopäde und Sportmediziner aus Bad Rothenfelde erläutert: „Die Betroffenen können sich besser bewegen und fallen durch das aufrechte Gehen nicht in fehlerhafte Haltungsmuster. Alle zwei Wochen sollte hierbei der Heilungsfortschritt vom Arzt kontrolliert werden. Wird es schlimmer, muss doch noch eine Stabilisierungs-OP erfolgen. Wenn nicht, können die Patienten meist nach drei Monaten die Orthese wieder zur Seite legen.

Eine weitere Gruppe, denen Bandagen und Orthesen helfen, sind ältere Menschen, die beim Laufen nach vorn fallen. Sie neigen häufiger zu Stürzen, was wiederum Frakturen mit sich bringt. Auch hier kann häufig mit aufrichtenden Orthesen konservativ sehr gut behandelt werden.

Eine dritte Gruppe sind Menschen aus allen Altersgruppen mit chronischen Rückenschmerzen in der unteren Lendenwirbelsäule. Dass es hier für die Hilfsmittel keine ausreichende Evidenz gibt, liegt dem Experten zufolge daran, dass sich immer noch zu wenige Mediziner mit Orthesen auskennen und deren biomechanische Wirkprinzipien nicht kennen.

So gebe es häufig falsche Verordnungen, zum Beispiel einfach Rückengürtel, wo eigentlich entlordosierende Orthesen benötigt würden. Oder auch Orthesen, wo die Stützpelotten an völlig falschen Punkten sitzen.

Greitemann betont, wie wichtig die Genauigkeit der Verordnung bei dem großen Portfolio an modernen Bandagen und Orthesen ist. Sein Fazit: „das große Potenzial dieser Hilfsmittel ist lange nicht ausgeschöpft. Die konservative Ausbildung der Orthopäden muss dringend intensiviert werden.“

Je nach Ursache die spezielle Orthese

Ob Orthesen oder Bandagen, rein flexible, mit Rückenpelotte oder Seitenstützen. Nach Angaben Greitemanns gilt grundsätzlich: Je mehr die Ursache im Muskel zu finden ist, desto weicher und flexibler muss die Unterstützung sein. Im Gegensatz zu knöchernen Ursachen, wo Festigkeit gefragt ist. Laien, die sich selbst für ihren Sport oder für den Alltag eine Bandage oder Orthese anschaffen wollen, rät er, dies nicht sofort und ohne Beratung im Internet zu tun. Man brauche einen guten Orthopäden, der nach dem Wirkprinzip des Heilmittels und nach dem Ziel, welches erreicht werden soll, gefragt werden muss. Das Gleiche gelte für Sanitätshäuser, deren Mitarbeiter exakt die spezielle Wirkung erklären können müssen.