Wirksamkeit onkologischer Therapien in Phase-III-Studien: Raum für falsch-positive Ergebnisse

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Neue Forschungsergebnisse, die gerade im „JNCCN – Journal of the National Comprehensive Cancer Network“ publiziert worden sind, zeigen, dass mehr als 80 Prozent der in onkologischen Phase-III-Studien getesteten Therapien keinen signifikanten klinischen Nutzen bei der Verlängerung des Überlebens erzielten.

Die Forschenden hatten 362 von der Industrie gesponserte randomisierte onkologische Phase-III-Studien aus dem Zeitraum 2008–2017 analysiert und dabei festgestellt, dass 87 Prozent in Bezug auf das Erreichen der Ziele das Gesamtüberleben betreffend entweder falsch-positiv oder richtig-negativ waren. Mehr als die Hälfte der positiven Studien erwies sich hinsichtlich des Gesamtüberlebens als falsch-positiv (58,4%), während die überwiegende Mehrheit der negativen Ergebnisse als richtig-negativ eingestuft wurde (nur 0,9% falsch-negativ).

Dr. Changyu Shen, zum Zeitpunkt der Durchführung der Studie als Associate Professor an der Harvard Medical School (USA) tätig, erklärt: „Unsere Studie zeigt, dass eine Reduktion falsch-positiver Fehleinschätzungen durch die Einführung strengerer statistischer Schwellenwerte in Phase-III-Studien wahrscheinlich praktisch nicht machbar ist. Eine bessere Strategie besteht darin, den Prozess zu überdenken, der zu der Entscheidung führt, eine neue Therapie zunächst in die Phase-III-Testung zu verschieben. In dieser Hinsicht ist mehr Forschung erforderlich.“

Shen ergänzt: „Unsere Studie unterstreicht die Notwendigkeit, auf effizientere Art und Weise festzustellen, welche neuen Therapien einer Phase-III-Testung wert sind. Um das Innovationstempo bei Krebstherapeutika aufrechtzuerhalten und um sicherzustellen, dass unsere Patientinnen und Patienten Zugang zu wirksamen und dennoch erschwinglichen Therapien haben, muss die Pipeline klinischer Studien in der Onkologie effizient und genau sein. Unsere Arbeit zeigt, dass dies in den letzten zehn Jahren nicht der Fall war.“

Die meisten Studien in der aktuellen Auswertung beschäftigten sich mit Lungen-, Brust- und Magen-Darm-Krebs sowie mit hämatologischen Krebserkrankungen, Studien mit weniger als 100 Teilnehmenden wurden von der Analyse ausgeschlossen. Das bedeutet, dass seltene Krebsarten mit geringerer Wahrscheinlichkeit eingeschlossen wurden. Bei den Phase-III-Studien handelte es sich überwiegend um zweiarmige Studien mit einem Interventionsregime im Vergleich zu einer Kontrollbehandlung.

„Dieses Papier zeigt, dass viele Medikamente mit ‚positiven‘ Phase-III-Studien möglicherweise einen geringeren ultimativen Nutzen haben als erwartet und dass eine Änderung des Schwellenwertes für die statistische Signifikanz keine schnelle Lösung ist“, erklärt Dr. Elizabeth A. Handorf vom Fox Chase Cancer Center (USA), die selbst an der Veröffentlichung nicht beteiligt war. „Ich denke, es unterstreicht die Notwendigkeit effizienterer Studiendesigns wie adaptiver Studien und klarer Definitionen dessen, was einen Effekt klinisch bedeutsam macht.“