Wirtschaftsinformatiker wollen Dopingsündern mithilfe Künstlicher Intelligenz auf die Schliche kommen22. August 2024 Foto: © adragan – stock.adobe.com Ging bei einem Wettkampf alles mit rechten Dingen zu oder war Doping im Spiel? Helfen, diese Frage zu beantworten, könnten bei künftigen Wettkämpfen auch Software. Mit bisher unerreichter Genauigkeit kann ein neues Programm anhand weniger Datenpunkte vorhersagen, wer sicher nicht gedopt hat und damit wer getestet werden sollte. Kampf gegen Windmühlen, die Suche nach der Nadel im Heuhaufen: Gängige Redewendungen, die auch für die Suche nach Dopingsündern passen könnten. Denn bei sportlichen Großereignissen wie Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften oder dem Profi-Ligenbetrieb zum Beispiel im Fußball kämpfen Tausende Sportlerinnen und Sportler um den Sieg. Nimmt man von all diesen Athleten Urinproben, um herauszufinden, ob jemand leistungssteigernde Mittel eingenommen hat, ist ein Labor wochenlang damit beschäftigt, die Proben zu analysieren. „Denn bisher werden all diese Proben händisch ausgewertet“, sagt Wolfgang Maaß, Professor für Wirtschaftsinformatik im Dienstleistungsbereich an der Universität des Saarlandes und Wissenschaftlicher Direktor des Forschungsbereichs Smart Service Engineering am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Angesichts der schieren Masse an Sportlern bei Großveranstaltungen wie den Olympischen Spielen – in Paris sind es rund 10.500 – und der zeitaufwändigen Untersuchungsmethode ist schnell klar: Hier gehen viele Dopingsünder durchs Netz. Im Labor kann allenfalls ein Bruchteil der Urinproben genau untersucht werden. Mitunter versuchen Sportlerinnen und Sportler, die betrügen, ihre eigenen Urinproben durch „saubere“ Proben, die von einer anderen Person stammen, auszutauschen. Bei den olympischen Winterspielen in Sotschi 2014 führte dies zu einem Doping-Skandal. Bislang ist eine DNA-Analyse die einzige zuverlässige Methode, diesem Probentausch auf die Spur zu kommen. „Das ist aber teuer und zeitaufwändig“, erläutert Maaß. Bei jeder einzelnen Probe eine DNA-Analyse zu machen, ist schlicht nicht möglich. Also haben er sowie weitere Kollegen des DFKI, der Deutschen Sporthochschule Köln sowie der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) ihre Expertise zusammengebracht und überlegt, wie man dieses Problem einfacher lösen kann. „Das ganze Problem schreit quasi nach maschineller Auswertung“, so Maaß. Herausgekommen ist dabei eine Software, die mithilfe Künstlicher Intelligenz ebenso schnell wie kostengünstig die Daten der Urinproben analysieren kann. „Bei Dopingtests werden die Konzentrationen und Verhältnisse verschiedener Steroide gemessen und auf Schlüssigkeit überprüft“, so Maaß. Sie ergeben eine Art Fingerabdruck, über den die Saarbrücker KI-Software Abweichungen zuverlässig bestimmen kann. Im Grunde genommen reichen dem lernenden Programm schon die Daten aus drei Urinproben, die ein Athlet im Laufe seines Sportlerlebens abgeben musste. Das Programm lernt dabei, welche Konzentrationen einzelner Stoffe für den jeweiligen Sportler typisch sind. Schließlich hat der eine vielleicht mehr Steroide im Körper, der andere weniger. Pro Probe werden sieben solcher Merkmale wie die Steroid-Konzentration und deren Verhältnisse im biochemischen Labor ermittelt. Und ganz ähnlich wie bei „Fehlersuchbildern“ für Kinder („Finde die zehn Unterschiede“) sucht die Software nun nach Abweichungen im gängigen Muster. „Legt man die drei oder mehr ‚Bilder‘ mit den Ergebnissen der einzelnen Urinproben und ihrer jeweiligen Messwerte übereinander, findet die Software diejenigen, bei denen alles übereinstimmt“, erklärt Maaß vereinfacht die Wirkungsweise des Computerprogramms. Übrig bleiben dann noch diejenigen Proben, bei denen die Bilder nicht übereinstimmen, es also Hinweise auf Abweichungen gibt. „Dieser kleine Rest kann dann von den Biochemikern im Labor genauer per DNA-Analyse untersucht werden. Jemand, der seine Leistung mit einer Substanz gesteigert hat, die über den Urin nachweisbar ist, kann mithilfe unserer Software ziemlich sicher gefunden werden“, sagt Maaß. Das Programm überführt die Dopingsünder nicht direkt. Die Software funktioniert vielmehr umgekehrt: Sie ist so justiert, dass sie „saubere“ Athleten mit 99-prozentiger Sicherheit identifiziert, um keine Unschuldigen anzuklagen. Dadurch werden zwar einige tatsächliche Dopingsünder übersehen, jedoch werden die positiven Fälle, bei denen Athleten zu unerlaubten Mitteln gegriffen haben, um höher, schneller, weiter zu kommen mit sehr hoher Sicherheit identifiziert. „Wer gedopt hat, ist ziemlich sicher unter diesem Rest zu finden, der dann per DNA-Test genauer untersucht werden kann“, konstatiert Maaß. Die neuartige und sehr treffsichere Methode könnte in Zukunft möglicherweise dazu führen, dass die Nadeln im Heuhaufen sehr viel einfacher zu finden sind als bisher.
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