Wissenschaftler haben Mutationen identifiziert, die eine erbliche Nierenerkrankung verursachen

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Genetische Veränderungen oder Mutationen können eine erbliche Nierenerkrankung verursachen, die schließlich dazu führen kann, dass eine Dialyse oder eine Nierentransplantation notwendig werden.

Die Ermittlung der Ursache einer erblichen Nierenerkrankung ist der erste Schritt bei der Wahl der Therapie. Mit diesem Ziel vor Augen haben Forschende der Wake Forest University School of Medicine (USA) und der Ersten Medizinischen Fakultät der Karls-Universität in Prag (Tschechische Republik) eine neue genetische Ursache für erbliche Nierenerkrankungen entdeckt.

Laut Dr. Anthony J. Bleyer, Professor für Nephrologie an der Wake Forest University School of Medicine und korrespondierender Autor der Studie, fanden die Wissenschaftler die Mutationen in einem Gen, das ein Protein kodiert, das am Lipidtransport beteiligt ist. Die Mutationen führen dazu, dass sich das Lipoprotein im Nierenmark ablagert, was zu einer chronischen Nierenerkrankung führt.

Bleyer untersucht seit 20 Jahren Mitglieder von Familien mit erblicher Nierenerkrankung und hat DNA von mehr als 500 Familien gesammelt. Zwar wurde die genetische Ursache der Nierenerkrankung in den meisten Familien gefunden, sie blieb jedoch bei einigen Familien ungeklärt.

In den vergangenen zehn Jahren hat Bleyer auch eng mit Stanislav Kmoch von der Ersten Medizinischen Fakultät der Karlsuniversität zusammengearbeitet. „Durch unsere Arbeit mit Dr. Bleyer und der Wake Forest University School of Medicine haben wir nun insgesamt fünf verschiedene Ursachen für erbliche Nierenerkrankungen identifiziert, die Tausende von Menschen betreffen“, berichtet Kmoch.

In der vorliegenden Studie entdeckten die Wissenschaftler eine Mutation im APOA4-Gen – einem Gen, das das Protein APOA4 kodiert, das Lipide im Kreislauf transportiert – als Ursache für Nierenerkrankungen in diesen Familien. „Wir waren wirklich überrascht, dass eine Mutation in einem Protein, das Lipide trägt, zu einer Nierenerkrankung führen würde“, erklärt Kmoch.

Für die Studie sammelten die Forschenden DNA-Proben einer großen Familie aus Neuengland. Kmoch verglich die DNA betroffener mit denen nicht betroffener Familienmitglieder.

„Als wir die DNA analysierten, fanden wir eine kleine Veränderung im APOA4-Gen, die bei den betroffenen Personen vorhanden war, die bei den nicht betroffenen Familienmitgliedern nicht existierte. Wir waren überrascht, weil APOA4 im Darmepithel und nicht in der Niere exprimiert wird. Anschließend untersuchten wir die DNA-Proben unserer anderen Familien [mit nicht bekannter Ursache für die Nierenerkrankungen] und fanden zwei, die dieselbe Mutation aufwiesen“, berichtet Kmoch.

Nachdem der Wissenschaftler die Mutation in einer Familie in Neuengland gefunden hatte, durchsuchte er das Wake-Forest-Register und stieß auf eine andere Familie in Neuengland mit derselben Mutation sowie einen Patienten aus einer Familie im Osten Kanadas. Bleyer und Kmoch starteten dann eine Zusammenarbeit mit dem Genetiker Dr. Andrew Orr, außerordentlicher Professor für Augenheilkunde an der medizinischen Fakultät der Dalhousie University in Halifax (Kanada), der die Familie im Osten Kanadas ausführlich charakterisiert hatte. Durch Gentests stellten die Forscher fest, dass die drei Familien entfernt miteinander verwandt sind.

Darüber hinaus wurde bei zwei weiteren Familien aus dem Wake-Forest-Register eine andere Mutation in APOA4 festgestellt. In allen fünf Familien litten Familienmitglieder, die die Veränderung im APOA4-Gen aufwiesen, an einer Nierenerkrankung, während diejenigen, die die Mutation nicht aufwiesen, keine Nierenerkrankung hatten.

Um herauszufinden, wie die APOA4-Mutationen Krankheiten verursachten, analysierten die Forscher Proteinablagerungen (Amyloide), die bei früheren Biopsien betroffener Personen in der Medulla der Niere gefunden wurden.

Diese Ablagerungen wurden von Wissenschaftlern unter der Leitung von Dr. Nelson Leung von der Mayo Clinic in Rochester (USA) analysiert. Dabei stellte man fest, dass sie das abnormale APOA4-Protein enthielten. Computermodelle der mutierten Proteine ergaben, dass die Mutationen dazu führen, dass das Protein instabil ist und zur Agglomeration neigt. Die Forscher zeigten, dass das normale APOA4-Protein zwar vom Blut gefiltert und wieder in den Körper aufgenommen oder mit dem Urin ausgeschieden wird, das mutierte Protein jedoch dazu neigt zu verkleben und sich im Nierenmark abzulagern. Diese langsame Proteinansammlung führt zu einer langsam fortschreitenden chronischen Nierenerkrankung.

Bleyer weist darauf hin, dass ein Großteil früherer Arbeiten zur Struktur und Funktion von APOA4 von Dr. Richard Weinberg, Professor für Innere Medizin an der Wake Forest University School of Medicine, durchgeführt wurde. „Dr. Weinberg erforschte APOA4 mehr als 30 Jahre lang“, unterstreich Bleyer. „Seine Hilfe trug maßgeblich zum Verständnis der Pathophysiologie dieser neu identifizierten Krankheit bei.“

Die Forschenden möchten auch erforschen, ob Ernährungsinterventionen die Produktion des abnormalen Proteins wirksam senken, um das Voranschreiten der Nierenerkrankung zu verhindern. Es seien jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, erklärt Bleyer. „Während eine erbliche Nierenerkrankung eine Dialyse oder eine Nierentransplantation erforderlich machen kann, kennen viele Familien die Ursache nicht“, betont Bleyer. „Wir setzen uns dafür ein, diesen Familien zu helfen.“