Zeitenwende in der stationären Krankenhausversorgung?2. Mai 2025 Markus Heming empfindet die Zukunft von Krankenhäusern ähnlich dem Wildwasserbootfahren: richtungslos. (Foto: hr) Die berufspolitischen Sessions auf dem VSOU 2025 stehen ganz unter dem Zeichen des Regierungswechsels von der Ampelkoalition auf Schwarz-Rot. Wird die neue CDU-Gesundheitsministerin Nina Warken die Reformen ihres Vorgängers Prof. Karl Lauterbach (SPD) fortsetzen und wie? Und was erhofft sich die Ärzteschaft von der Krankenhausreform? „Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) – was bringt die Reform?“, lautete der Vortragstitel von Prof. Bernd Kladny, Chefarzt der Fachklinik Herzogenaurach. Der stellvertretende Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) legte in seinem Vortrag die Schwachstellen der Reform dar. Diese sei zwar absolut notwendig, habe aber gerade bei den Finanzierungsfragen großen Nachbesserungsbedarf. Denn sie stelle keinen echten Ausstieg aus dem DRG-System dar, 60 Prozent der Vohaltevergütung sei fallzahlabhängig. „Faktisch gibt es nicht mehr Geld durch die Reform“, so Kladny. Zwei Finanzierungssysteme würden zudem die Kontrollbürokratie erhöhen. Er kritisierte außerdem, dass die Leistungsgruppensystematik dringend einer Überarbeitung bedürfe. Auch die Zeitschiene des Gesetzes stellte Kladny infrage. Noch immer gebe es keine belastbaren Simulationen zu den Auswirkungen der Reform auf die Versorgung und die Finanzierung der Krankenhäuser, geschweige denn von den Auswirkungen der Reform auf die Weiterbildung. „Krankenhäuser auf dem Weg in die Zukunft, das empfinde ich wie Rafting“, sagte Markus Heming, Geschäftsführer des Städtischen Klinikums Karlsruhe, der in seinem anschließenden Vortrag zum Thema „Vergütung der Krankenhausbehandlung – wird es in Zukunft besser?“ dieses Fazit zog. Ein Auf- und Ab mit ständigen Richtungswechseln treffe das Reformvorhaben aus seiner Sicht. „Die Vergütung wird in Zukunft nicht besser, wenn die Reform so kommt, wie sie bisher gestrickt ist“, lautete seine eindeutige Einschätzung. Denn statt einer bessern Vergütung finde lediglich eine Umverteilung statt. Dabei sei die wirtschaftliche Lage der Kliniken in Deutschland dramatisch: 79 Prozent der Klinken erwarteten 2024 ein negatives Ergebnis, betonte er. Bezüglich der neuen Leistungsgruppen verwies er darauf, dass es noch keine verbindliche Rechtsverordnung zu den Mindestmengen der einzelnen Gruppen gebe, da die Anpassungen der jeweiligen Landeskrankenhausgesetze bisher noch nicht erfolgt sei. Im neuen Koalitionsvertrag seien sich CDU und SPD zwar der schwierigen Lage der Kliniken bewusst, es fehle aber zum Beispiel die Erkenntnis, dass die Vorhaltefinanzierung nicht die Abkehr von Fallpauschalen bewirken werde. „Die Vorhaltevergütung muss ausgesetzt und umfassend überarbeitet werden“, forderte Heming. „Als Maximalversorger befinden wir uns derzeit gegenüber den kleinen Klinken der Grundversorgung, die massiv unter Druck stehen, zwar im Vorteil, ob sich dieses aber bewahrheitet, wird sich erst noch zeigen müssen“, so der Geschäftsführer des Maximalversorgers aus Karlsruhe. Man habe jetzt vielleicht ein besseres Grundbudget, dennoch werde man auf die Entwicklung der Einnahmen schauen müssen. „Die erbrachte Leistungsmenge wird weiterhin, die zentrale Größe für die Vergütung sein.“ Transparenter, wie es gedacht war, sei dies nicht. Die finanzielle Planungssicherheit bleibt laut Heming aus, auch ein einmaliger Inflationsausgleich von vier Milliarden Euro für 2022 und 2023 helfe da nicht weiter. „Statt Entökonomisierung und Transparenz, steigt die Komplexität und eine echte Verbesserung der Vergütung ist nicht absehbar“, so sein nüchternes Fazit. In der sich anschließenden Diskussion bewertete der Vorstand der Uniklinik Leipzig, Christoph Josten, der im Publikum saß, die Kritik an der Krankenhausreform als zu negativ und verteidigte den verantwortlichen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. „Er hat das ganze System infrage und auf den Kopf gestellt. Das war im Hinblick auf das im Vergleich teuerste Krankenhaussystem überhaupt auch notwendig“, so Josten, der die Sorge äußerste, dass die Länder nun die Reformen wieder zurückdrehten. „Wir müssen weiter reformieren“, so sein Appell. Kladny pflichtete Josten bei: „Auch ich finde die Krankenhausreform ja gut, aber wir müssen ihr mehr Zeit geben. Wenn Kliniken wegfallen, wer soll denn dann all die Patienten aufnehmen, fragte er. Wir müssen doch zuerst eine funktionierende Ambulantisierung aufbauen, damit wir die Patienten dorthin verweisen können. „In meiner Region rund um Leipzig sind vier Krankenhäuser vom Netz gegangen und es ist kein Notstand ausgebrochen, wie alle befürchtet haben“, entgegnete Josten, worauf Heming erwiderte: „Was das Personal betrifft, so sind auch nicht die Ärzte das Problem. Denn diese seien wohl der Ausbildung geschuldet in der Regel sehr mobil. Probleme machten hier eher die Pflegekräfte, „die gehen entweder ganz aus dem Job oder diffundieren in andere Berufe“. Das Reformthema beendete Kladny mit seinem Statement: „Man muss reformieren, aber auch die Schwachpunkte der Reform erkennen.“ Die Länder seien diesbezüglich kompetenter als der Bund, da sie ihre Regionen und die Situation vor Ort einfach besser kennen. (hr)
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