Zellen der Geschmacksknospen kein Ziel für SARS-CoV-2

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Frühes Symptom einer SARS-CoV-2-Infektion kann der Verlust von Geruchs- beziehungsweise Geschmackssinns sein. Daher lag die Annahme nahe, dass SARS-CoV-2 möglicherweise die Zellen der Geschmacksknospen infiziert. Dass dies nicht der Fall ist, konnten US-amerikanischen WissenschaftlerInnen nachweisen.

Forschungen haben bereits gezeigt, dass bei menschlichen Zellen das Angiotensin-converting-Enzym 2 (ACE2-Rezpetor) das Einfallstor für SARS-CoV-2 ist. ACE2 kommt auch auf der menschlichen Zunge vor. Die AutorInnen einer aktuellen Studie gingen der Frage nach, ob ACE2 auch in den Zellen der Geschmacksknospen exprimiert wird. Außerdem wollten sie herausfinden, ab welchem Zeitpunkt in der fetalen Entwicklung der ACE2-Rezeptor auf der Zunge auftaucht.

Das Team um Hong-Xiang Liu nutze Mäuse als Modell-Organismus. Auch wenn das ACE2 der Mäuse nicht für SARS-CoV-2 empfänglich ist, gingen die Forschenden davon aus, dass die Beantwortung der Frage wo ACE2 bei Mäusen exprimiert wird, zu erklären hilft, was bei der Infektion beim Menschen passiert und warum der Geschmackssinn verloren gehen kann.

Durch die Analyse der Daten erwachsener Mäuse konnte die Studie zeigen, dass ACE2 in den Zellen, die für die raue Oberfläche der Zunge bilden, angereichert war, allerdings nicht in den Zellen der Geschmacksknospen vorkam. Daraus folgerten die StudienautorInnen, dass SARS-CoV-2 den Geschmacksverlust nicht durch die direkte Infektion der Zellen der Geschmacksknospen verursacht. Stattdessen könnte deren Beschädigung durch die Infektions-bedingte Entzündung, für den Verlust des Geschmackssinns verantwortlich sein. Das Team konnte außerdem zeigen, dass andere Viren, die den Geschmackssinn beeinflussen können – etwa Grippeviren – möglicherweise andere Zelltypen befallen.

Die WissenschaftlerInnen analysierten darüber hinaus orale Maus-Zellen aus drei verschiedenen Entwicklungsstadien. Ergebnis: Sie fanden ACE2 in Zellen neugeborener Mäuse, aber nicht in fetalen Zellen. Frühere Studien, die humane Zellen – allerdings nicht die oralen Zellen – im Fokus hatten, legten bereits nahe, dass ACE2 in einem frühen fetalen Stadium und dann wieder viel später exprimiert werden könnte. Daher gehen die StudienautorInnen davon aus, dass Föten in unterschiedlichen Stadien ihrer Entwicklung unterschiedlich anfällig für eine SARS-CoV-2-Infektion sind. Allerdings werden noch weitere Forschungarbeiten benötigt, um Timing und Lokalisation der menschlichen ACE2-Expression zu untersuchen, so das Fazit der StudienautorInnen. (red/ja)

Originalpublikation:
Wang Z et al. SARS-CoV-2 Receptor ACE2 Is Enriched in a Subpopulation of Mouse Tongue Epithelial Cells in Nongustatory Papillae but Not in Taste Buds or Embryonic Oral Epithelium. ACS Pharmacol Transl Sci 2020.