Zellfusion weckt regeneratives Potenzial der menschlichen Netzhaut16. März 2022 Querschnitt eines Netzhaut-Organoids, der die Lage verschiedener Arten von Neuronen wie Ganglien (rot) und Müller-Gliazellen (grün) zeigt. (Abbildung: © Sergi Bonilla/Lancet eBioMedicine) Die Fusion menschlicher Netzhautzellen mit adulten Stammzellen könnte eine therapeutische Strategie zur Behandlung von Netzhautschäden und Sehbehinderungen sein. Das geht aus einer neuen Studie hervor. Der Untersuchung zufolge wirken die Hybridzellen, indem sie das regenerative Potenzial des menschlichen Netzhautgewebes aktivieren, von dem man bisher nur annahm, dass es kaltblütigen Wirbeltieren vorbehalten sei. Zellfusionsereignisse – die Vereinigung zweier verschiedener Zellen zu einer einzigen Einheit – sind bekanntermaßen ein möglicher Mechanismus bei der Geweberegeneration. Obwohl das Phänomen beim Menschen selten ist, wurde es durchweg in der Leber, im Gehirn und im Gastrointestinaltrakt nachgewiesen. Ein Team unter der Leitung von ICREA-Forschungsprofessorin Pia Cosma am Centre for Genomic Regulation (CRG) in Barcelona (Spanien) hat nun herausgefunden, dass Zellfusionsvorgänge auch in der menschlichen Netzhaut stattfinden. Die Forschenden untersuchten, ob sich Zellfusionsereignisse in Zellen differenzieren könnten, die sich in Neuronen umwandeln, was Potenzial für die Geweberegeneration bieten würde. Das Team fusionierte Müller-Gliazellen mit adulten Stammzellen, die aus menschlichem Fettgewebe oder Knochenmark stammten. „Wir konnten Zellfusionen in vitro durchführen, wodurch Hybridzellen entstanden. Wichtig ist, dass der Prozess in Gegenwart eines chemischen Signals, das von der Netzhaut als Reaktion auf eine Schädigung übertragen wird, effizienter war, was zu einer Verdoppelung der Hybridisierungsraten führte. Das hat uns einen wichtigen Hinweis auf die Rolle der Zellfusion in der Netzhaut gegeben“, sagt Sergi Bonilla, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Postdoktorand am CRG und Erstautor der Studie. Die Hybridzellen wurden in ein wachsendes retinales Organoid injiziert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten fest, dass die Hybridzellen erfolgreich mit dem Gewebe verwuchsen und sich zu Zellen differenzierten, die Ganglienzellen sehr ähnlich sind. „Unsere Ergebnisse sind wichtig, weil sie zeigen, dass die Müller-Gliazellen in der menschlichen Netzhaut das Potenzial haben, Nervenzellen zu regenerieren“, erläutert Cosma. „Salamander und Fische können Schäden an der Netzhaut dank ihrer Müller-Gliazellen reparieren, die sich in Neuronen differenzieren, die beschädigte Neuronen retten oder ersetzen. Müller-Gliazellen beim Säugetier haben diese Regenerationsfähigkeit verloren, was bedeutet, dass Netzhautschäden oder -abbau zu lebenslanger Sehbehinderung führen können. Unsere Ergebnisse bringen uns der Wiederherstellung dieser Fähigkeit einen Schritt näher.“ Die Autoren weisen darauf hin, dass vor der Entwicklung möglicher Behandlungen noch viel zu tun bleibt. Einer der nächsten Schritte besteht darin, zu verstehen, warum Hybridzellen – mit vier vollständigen Chromosomensätzen – nicht zu chromosomaler Instabilität und Krebsentstehung führen. Die Autorinnen und Autoren der Studie glauben, dass die Netzhaut einen ähnlichen Mechanismus zur Regulierung der Chromosomentrennung haben könnte wie die Leber, die tetraploide Zellen enthält, die als genetisches Reservoir fungieren und als Reaktion auf Stress und Verletzungen eine Mitose durchlaufen.
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