Zi-Erhebung: Sonderkosten im Praxismanagement 2019/202013. Oktober 2020 Illustration: ©Eigens – stock.adobe.com Sonderaufwendungen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie, kurzfristig nicht wahrgenommene Patiententermine sowie die Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) haben seit 2019 zu erheblichen Zusatzkosten in den deutschen Vertragsarzt- und Psychotherapiepraxen geführt. Dies ist das Resümee einer aktuellen Umfrage des Zentralinstitutes für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Bislang hat nach Angaben des Zi jede Praxis im Mittel mehr als 1300 Euro für persönliche Schutzausrüstung und weitere Hygienemaßnahmen wie Plexiglastrennwände zum Infektionsschutz gegen die COVID-19-Pandemie aufgewendet. Die erweiterten Hygienemaßnahmen haben die gewohnten Arbeitsabläufe im Praxisalltag in knapp 90 Prozent aller Praxen verändert. Dies war insgesamt mit über sechs Stunden durchschnittlicher wöchentlicher Mehrarbeit verbunden. Zur Umsetzung der DSGVO mussten der Umfrage zufolge Praxen im Jahr 2018 im Schnitt insgesamt 2487 Euro für Maßnahmen aufwenden. 2019 sind diese Aufwendungen um rund 18 Prozent auf 2932 Euro gestiegen. Insgesamt schlugen die Kosten für IT in den Praxen 2019 mit rund 6000 Euro pro Jahr zu Buche, die Steigerung betrug hier 60 Prozent gegenüber 2017. Für das Terminmanagement – vor allem mit den Regelungen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) seit Mai 2019 – sind den Praxen für IT und Mitarbeiterschulung zur Terminvergabe Aufwendungen in Höhe von 885 Euro entstanden. Dabei verursachten kurzfristig nicht wahrgenommene Termine Ausfälle insbesondere in der fachärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung; die so entgangenen Honorare werden auf durchschnittlich rund 3500 Euro im vergangenen Jahr geschätzt. Mehraufwendungen der Praxen vollständig vergüten„Die deutlichen Mehrkosten, die die Vertragsärzte und Psychotherapeuten durch das COVID-19-Pandemiemanagement sowie die Umsetzung von TSVG, DSGVO und anderen gesetzlichen Vorgaben schultern müssen, belasten den ambulanten Bereich in einer Zeit, in der viele Praxen am Anschlag arbeiten und die Budgets auf Kante genäht sind”, konstatierte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. Allein diese zusätzlichen Kostenbelastungen seien geeignet, die für 2020 vereinbarte Preisanpassung für ärztliche Leistungen von 1,5 Prozent oder rechnerisch 3900 Euro pro Praxis weitestgehend zu absorbieren – sofern diese Zahlungen bei pandemiebedingt rückläufigen Fallzahlen in den Praxen überhaupt ankämen. „Damit sind etwa steigende Personalkosten der Praxen noch gar nicht berücksichtigt”, erklärte von Stillfried und führt zum Vergleich an, dass die Kliniken ein vier Milliarden schweres Gesetzespaket zur Finanzierung von IT-Kosten zugestellt bekommen hätten, obwohl die Niedergelassenen die Hauptlast der Versorgung während der Corona-Pandemie tragen würden. „Wer den ambulanten Schutzwall lobt, sollte die Mehraufwendungen der Praxen auch vollständig vergüten“, forderte der Zi-Vorstandsvorsitzende. Die Ergebnisse der Erhebung zeigen nach Angaben des Zi außerdem, dass mehr als 80 Prozent der befragten Praxen von Lieferengpässen im Arzneimittelbereich betroffen gewesen seien, besonders in der hausärztlichen Versorgung. Im Durchschnitt hätten bei 138 Patienten im ersten Quartal 2020 Arzneimittelverordnungen aufgrund von Lieferengpässen geändert oder neu ausgestellt werden müssen. „Lieferengpässe bei Arzneimitteln betreffen demnach fast ein Viertel der Patienten mit einer Verordnung in den Hausarztpraxen. Für die Praxen bedeutet das einen Mehraufwand von rund vier Stunden pro Woche für die Suche nach geeigneten Alternativpräparaten oder die Medikationsumstellung“, sagte von Stillfried. Aber auch für Patienten könne dies unerfreuliche Konsequenzen haben. Die teilnehmenden Praxen hätten berichtet, dass in etwa zehn Prozent der Lieferengpässe das Therapieziel nicht habe erreicht werden können. Im Erhebungszeitraum vom 2. Juli 2020 bis 31. August 2020 haben laut Mitteilung des Zi knapp 1900 Praxen an der Online-Befragung teilgenommen. Ausgewertet worden seien 1744 Rückmeldungen, davon 455 Hausärzte, 774 Fachärzte und 515 Psychotherapeuten. Zu weiteren Details der Erhebung erläutert das Zi: “Rund 55.000 Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten sind persönlich zur Teilnahme an der Online-Befragung eingeladen worden. Die Praxen wurden aus dem Bundesarztregister zum Stand 31. Dezember 2019 auf Grundlage einer Stichprobe ausgewählt. Die Stichprobe umfasst 40 Prozent der hausärztlichen Praxen (Allgemeinmediziner), alle Facharztpraxen sowie 30 Prozent der Praxen der ärztlichen und psychologischen Psychotherapie und stellt die Stichprobengesamtheit dar. Hausärztliche und psychotherapeutische Praxen wurden zufällig unter Berücksichtigung der Bevölkerungsdichte des jeweiligen Praxisstandortes ausgewählt, um eine möglichst repräsentative Stichprobe zu erhalten, allerdings sind die Rückläufe nicht nach geografischen Merkmalen auswertbar. Die Ergebnisse können nach Versorgungsbereichen, nicht jedoch nach Praxisgröße gewichtet berichtet werden.” Zi-Paper „Besondere Kosten im Praxismanagement“: https://www.zi.de/fileadmin/images/content/Publikationen/Zi-Paper_15-2020_Erhebung_Praxismanagement.pdf
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