Zi zum Thema Reserveantibiotika: “WIdO schießt über das Ziel hinaus”

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Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hat die vor wenigen Tagen vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) geübte Kritik an der Verordnung von Reserveantibiotika als „fragwürdig“ bezeichnet.

Der Vorstandsvorsitzende des Zi, Dr. Dominik von Stillfried, kommentiert die Aussagen des WIdO wie folgt: „Das WIdO schießt in seinem Bericht meilenweit übers Ziel hinaus, denn es suggeriert, dass Ärztinnen und Ärzte bei der Verordnung von Reserveantibiotika ‚sorglos‘ vorgingen. Dies ist keineswegs der Fall und verstellt den Blick auf das Erreichte: So sind zum Beispiel die Verordnungen von Fluorchinolonen 2019 um 62 Prozent gegenüber 2010 zurückgegangen. Auch der Anteil der Fluorchinolone an allen Verordnungen hat sich im Vergleich zu 2010 halbiert, bei gleichzeitiger Reduktion des Gesamtverordnungsvolumens um gut neun Millionen Verordnungen.

Der WIdO-Report weise bei der Einstufung von Reserveantibiotika bedenkliche Unschärfen auf, kritisierte wiederum das Zi. So sei etwa das Antibiotikum Trimethoprim nach der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) das Mittel der Wahl bei Harnwegsinfekten. Dieses als Reserveantibiotikum zu klassifizieren, betrachtet das Zi daher als wissenschaftlich höchst fragwürdig, zumal auch die Weltgesundheitsorganisation WHO den gleichen Wirkstoff (auch in Kombination mit zum Beispiel Sulfamethoxazol) als Basisantibiotikum (Kategorie: Access) einstufe. Folge man internationalen Standards, ergebe sich ein gänzlich anderes Bild. Auf Basis der WHO-Klassifikation entfielen auf Reserveantibiotika lediglich 0,1 Prozent der Verordnungen im Jahr 2019, zitiert das Zi.

Zudem führe die „undifferenzierte Bewertung“ [des WIdO], dass Verordnungen von Reserveantibiotika generell kritikwürdig seien, in die Irre, meint das Zi. Dabei werde völlig außer Acht gelassen, dass diese Medikamente bei bestimmten Krankheitsbildern sehr wohl empfohlen würden.

Gleichwohl unterstütze aber auch das Zi die Forderung, dass bestimmte Wirkstoffe besonders zurückhaltend verordnet werden sollten und mehr Forschung zur Entwicklung neuer antibiotischer Wirkstoffe notwendig ist, heißt es in einer aktuellen Mitteilung der Institution.

Erfreulicherweise, so ergänzt das Zi, zeigten aktuelle Verordnungsdaten, dass niedergelassene Ärzte in Deutschland Antibiotika immer seltener und differenzierter verschreiben. Die könne insbesondere für Cephalosporine und Fluorchinolone belegt werden. Die kürzlich vorgestellten Ergebnisse zum RESIST-Forschungsprojekt zeigen nach Ansicht des Zi auch, dass Veränderungen in der Verordnungspraxis durch gezielte Interventionen nachhaltig verstärkt werden können.