Zwei auf einen Streich? Beidseitiger Gelenkersatz in einer Sitzung

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Unter den richtigen Voraussetzungen ist der beidseitige Gelenkersatz in einer OP die bessere Wahl, so das Fazit von Prof. Robert Hube, Incoming Präsident AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik, der im Rahmen des diesjährigen AE-Kongresses die Vor- und Nachteile erläuterte.

Oft schreite die Arthrose der Hüft- und Kniegelenke auf beiden Seiten voran, obwohl eine Seite meist führend sei. Wenn beide Hüften oder Knie Leidensdruck verursachen, stellt sich die Frage, ob diese auch bilateral während einer Narkose operiert werden sollten, so Hube, Leitender Arzt, Orthopädische Chirurgie München (OCM). Er erklärte: „Richtig gemacht hat dies eigentlich nur Vorteile: Es gibt praktisch nur „eine Operation“, eine Narkose, einen Krankenhausaufenthalt und eine Reha. Auch sind die Kosten für das Gesundheitssystem geringer und bei berufstätigen Patienten der Arbeitsausfall geringer.“

Dass die Option des beidseitigen Ersatzes in einer Sitzung in Deutschland lange nicht wahrgenommen wurde, lag Hube zufolge am Erstattungsystem: Die Rückerstattung für die Krankenhäuser war deutlich geringer als bei zwei Operationen zu unterschiedlichen Zeiten. Hier sei inzwischen eine Anpassung erfolgt. Hube betonte: „Die Entscheidung sollte aus rein medizinischen Gesichtspunkten im Sinne der Patienten erfolgen.“

Hube verwies darauf, dass in der Vergangenheit bei bilateraler Versorgung höhere Komplikationsraten und längere Krankenhausaufenthalte beschrieben wurden. Neueren Studien zufolge kann das aber mit den richtigen Voraussetzungen vermieden werden. Wichtig seien, eine hohe Spezialisierung in einem interdisziplinären Team, schonende Operationstechniken und ein suffizientes perioperatives Management, erläuterte Hube, der die Bedeutung der Patientenselektion wichtig hervorhob.

Neben einer beidseits klaren Indikation zur Endoprothese, sollten die Patienten jünger als 75 Jahre sein und keine schweren Komorbiditäten, etwa an Herz, Leber oder Niere und keine schwere Adipositas vorliegen. Ideal sei ein ASA-Score von 1 oder 2, bei Operateuren mit sehr viel Erfahrung und hoher Spezialisierung, kämen auch Patienten mit einem ASA-Score von 3 in Frage. Eine weitere Voraussetzung ist, das Implantat und OP-Technik eine Vollbelastung der betroffenen Extremitäten nach der OP erlauben.

Hube verwies auf drei aktuelle Studien seines Teams, die nachweisen, dass durch Spezialisierung und Patientenselektion eine sichere Patientenversorgung bei bilateraler Versorgung sowohl für die Hüfte als auch für das Knie möglich ist. „Hier machen aus unserer Sicht Standardisierung, ein hoch spezialisiertes Team und ein optimiertes perioperatives Management den Unterschied – dann gibt es auch keine höhere Komplikationsraten“, so Hubes Take-Home-Message. (ja)