Zytomegalievirus: Zusammenhang mit rascherer Progression der Mukoviszidose?

Zytomegalievirus in menschlicher Zelle. (Grafik: © Kateryna_Kon/Fotolia)

Eine neue Studie hat gezeigt, dass bei Patienten mit Mukoviszidose, die mit einem häufig vorkommenden Virus infiziert sind, die Erkrankung rascher voranschreitet als bei solchen ohne eine derartige Infektion.


Gegenstand der Untersuchung war das Zytomegalievirus, ein normalerweise harmloses Herpesvirus, das häufig im späten Jugendalter und im frühen Erwachsenenalter erworben wird. Es wird geschätzt, dass mehr als 90 Prozent aller Menschen im Alter von 80 Jahren das Virus haben. Normalerweise verursacht es keine Symptome.
Laut den Forschern deuten ihre Ergebnisse darauf hin, dass das Virus möglicherweise einen bisher nicht bekannten Beitrag zur Mukoviszidose leistet. Es müsse jedoch noch weiter erforscht werden, ob das Virus einen rascheren Verlauf der Krankheit bewirkt.

Michael Parkins von der University of Calgary und einer der Hauptautoren der Studie erklärt: „Wir wissen bereits, dass das Zytomegalievirus die Gesundheit von lungentransplantierten Mukoviszidosepatienten negativ beeinflussen kann, da es das Risiko einer Organabstoßung erhöht. Wir wissen aber nur sehr wenig darüber, welchen Einfluss dieses Virus auf Mukoviszidosepatienten vor einer Transplantation hat.“

„Es gibt zunehmende Evidenz dafür, dass ein Zusammenhang zwischen dem Zytomegalievirus und einer Reihe chronischer Erkrankungen wie Alzheimer, Herzkrankheiten und verschiedenen Krebsarten besteht. Bis heute ist jedoch in noch keiner Studie der Zusammenhang zwischen dem Virus und einer Verschlechterung bei chronischen Atemwegserkrankung untersucht worden.“

Die Studie umfasste 56 Mukoviszidosepatienten, die in der Calgary Adult Cystic Fibrosis Clinic für eine Lungentransplantation vorgesehen waren. Von diesen Patienten wurden 30 (54,6%) positiv auf das Zytomegalievirus getestet. Die Forscher schlossen auch das Geschlecht, den Body-Mass-Index und den Bildungsstand der Patienten sowie eventuelle andere Infektionen und genetische Merkmale der Patienten in ihre Analyse ein, um festzustellen, ob diese Faktoren Einfluss auf den Zeitpunkt der Überweisung dieser Patienten zur Transplantation oder des Erreichens des Endstadiums der Erkrankung hatten. Die Analysen ergaben, dass eine Zytomegalievirusinfektion der wichtigste Faktor ist, der mit einer Krankheitsprogression zusammenhängt. Patienten mit dem Virus waren im Durchschnitt 8 Jahre jünger als diejenigen ohne das Virus, wenn sie zu einer Lungentransplantation überwiesen wurden. Patienten mit dem Virus starben zudem im Durchschnitt zehn Jahre früher.

Parkins erklärt: „Das Zytomegalievirus schlummert normalerweise bei davon betroffenen Menschen, kann aber nach einer Infektion mit anderen Bakterien wieder aktiv werden und sich schneller verbreiten. Wir wissen, dass Mukoviszidosepatienten häufiger Lungeninfektionen bekommen. Es ist also möglich, dass wiederholte Zyklen der Aktivierung des Virus zu einer stärkeren Lungenschädigung führen und so zu einem schnelleren Voranschreiten der Krankheit beitragen.“

„Der von uns beobachtete Zusammenhang bedeutet nicht notwendigerweise, dass das Zytomegalievirus in direkter Weise einen schnelleren Krankheitsverlauf verursacht“, ergänzt Parkins. „Weitere Studien sind erforderlich, bevor man eine solch gewagte Behauptung aufstellen könnte. Unsere Ergebnisse liefern jedoch den ersten Hinweis, dass dieses Virus einen Einfluss auf das Voranschreiten einer Mukoviszidose haben kann, und möglicherweise früher zu einer Lungentransplantation und sogar rascher zum Tod führt.“

Laut den Forscher wird derzeit eine Reihe von Zytomegalievirus-Impfstoffen in anderen Bereichen der Medizin untersucht; diese könnten auch bei Mukoviszidosepatienten getestet werden könnten, um eine mögliche Infektion zu verhindern. Die Wissenschaftler ergänzen, dass es auch verschiedene Interventionen gebe, deren Einsatz man im Management von Mukoviszidosepatienten testen könnte. „Die Behandlung könnte eine regelmäßige Medikation umfassen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Alternativ könnte die Behandlung nur während einer Reaktivierung erfolgen, zum Beispiel nach einer Infektion oder einem Auftreten von Symptomen“, so Parkins.

Die Forscher weisen darauf hin, dass die Studie durch die geringe Anzahl von Patienten, die alle aus nur einer Klinik kamen, und durch das Fehlen von Informationen über die direkte Ursache für den Tod oder die Transplantation bei den Patienten in ihre Aussagekraft begrenzt ist.

Prof. Tobias Welte (Hannover), Präsident der European Respiratory Society, der an der Studie nicht beteiligt war, erklärt zum Kontext der Arbeit: „Mit verbesserter Diagnose und medizinischer Behandlung wandelt sich Mukoviszidose von einer Erkrankung im Kindesalter in eine Erkrankung von Erwachsenen, da die Patienten länger leben. Die durchschnittliche Lebenserwartung für Menschen mit dieser Erkrankung liegt derzeit bei 37 Jahren. In Europa sind jedoch nur fünf Prozent der Mukoviszidose-Patienten über 40 Jahre alt.“

„Es handelt sich hier um eine explorative Studie, die eine interessante Hypothese aufwirft. Aufgrund der Einschränkungen der Studie bestätigt sie jedoch nicht, dass das Zytomegalievirus bei Mukoviszidose eine Rolle spielt. Weitere Beobachtungsstudien sind notwendig, um den Wert dieser Ergebnisse bestätigen zu können“, kommentiert Welte die kürzlich im „European Respiratory Journal“ publizierte Arbeit.

Die Studienautoren planen jetzt weitere, multizentrische Untersuchungen auf diesem Forschungsgebiet mit größeren internationalen Registern.