Adipositas-Chirurgie: Manche Patienten werden unempfindlicher gegenüber Alkohol17. Februar 2020 Studienautorinnen M. Yanina Pepino (l.) und Maria Belen Acevedo. (Foto: © L. Brian Stauffer) Eine neue Studie, an der 55 Frauen teilgenommen haben, hat ergeben, dass zwei der häufigsten bariatrischen Eingriffe – der Roux-en-Y-Magenbypass und die laparoskopische Schlauchmagenbildung – die Empfindlichkeit der Betroffenen gegenüber Alkohol dramatisch verändern können. Die Empfindlichkeit einiger Frauen gegenüber Alkohol nahm nach einer bariatrischen Operation so stark zu, dass sich die Menge, die sie konsumieren konnten, bevor sie die Auswirkungen spürten, im Vergleich zu ihren Trinkgewohnheiten vor der Operation um die Hälfte verringerte. Bei anderen Probandinnen hingegen nahm die Empfindlichkeit gegenüber Alkohol ab, wie die Forscher von der Universität Illinois in Urbana-Champaign (USA) feststellen mussten. Nach dem Konsum eines alkoholischen Getränks, das zwei Standardgetränken entsprach, traten bei Frauen mit Magenbypass oder Schlauchmagen früher als bei solchen mit einem Magenband Spitzen in der Blutalkoholkonzentration auf. Diese waren zudem etwa doppelt so hoch und lagen bei 50 Prozent über der gesetzlichen Grenze für Alkohol am Steuer von 0,8 Promille, wie sie in vielen US-Bundesstaaten besteht. Die Ergebnisse stimmten mit früheren Studien überein, die zeigten, dass der Roux-en-Y-Magenbypass und die Schlauchmagenbildung einen zweifachen Anstieg der maximalen Blutalkoholspiegel verursachen. Einige Frauen in der aktuellen Studie, bei denen diese erhöhten Spitzenwerte auftraten, waren jedoch weniger empfindlich gegenüber den Auswirkungen des Alkohols und gaben an, dass sie fast keinen sedativen Effekt dadurch verspürten, wie M. Yanina Pepino berichtet. Sie ist Professorin für Lebensmittelwissenschaft und menschliche Ernährung und leitete die Studie. „Ungefähr ein Drittel der Frauen in der Studie bemerkte fast keine sedative Wirkung, selbst wenn sie maximale Blutalkoholkonzentrationen erreichten, die mit denen von Frauen in der Allgemeinbevölkerung nach vier Standardgetränken vergleichbar waren“, so Pepino. Sie betont: „Menschen, die sich keiner bariatrischen Operation unterzogen haben und weniger empfindlich auf die sedativen oder beeinträchtigenden Effekte von Alkohol reagieren, sowie solche, die empfindlicher für seine stimulierende Wirkung sind, besitzen im Allgemeinen auch Jahrzehnte später ein höheres Risiko für Alkoholprobleme.“ Die Ergebnisse beruhten auf den Antworten der Frauen auf mehrere Befragungen dazu, welche Auswirkung Alkohol auf sie hat, sowie auf Analysen ihrer Blutalkoholkonzentrationen nach dem Genuss eines alkoholischen Getränks. Die Resultate geben Aufschluss darüber, warum bei Patienten nach einem Magenbypass oder einer Schlauchmagenoperation möglicherweise ein erhöhtes Risiko dafür besteht, Alkoholprobleme zu entwickeln. In der Studie hatten 16 Frauen einen Magenbypass erhalten und 28 einen Schlauchmagen, während sich 11 für ein verstellbares Magenband entschieden hatten. Zu Beginn der Studie füllten die Teilnehmerinnen den Fragebogen zur Alkoholempfindlichkeit aus, in dem nach der Anzahl der Getränke gefragt wurde, die sie normalerweise konsumieren mussten, um beispielsweise gesprächiger zu werden, zu flirten oder später einen Kater zu haben. „Diese und andere Effekte wie ein sediertes Gefühl können ein Signal sein, mit dem Trinken aufzuhören. Die Unempfindlichkeit gegenüber diesen Signalen erhöht die Wahrscheinlichkeit, größere Mengen Alkohol zu konsumieren, sowie das Risiko für eine Alkoholkonsumstörung“, erläutert Maria Belen Acevedo, Postdoktorandin an der Universität Illinois und Erstautorin der Studie. Die Teilnehmer füllten den Fragebogen zweimal aus und machten aus der Erinnerung heraus Angaben dazu, wie sich Alkohol vor und nach der Operation auf sie ausgewirkt hatte. Von den Frauen, die die Fragebögen ausfüllten, nahmen 45 außerdem an Tests teil, bei denen ihre individuelle Reaktion auf Alkohol bewertet wurde. Die Tests bestanden darin, an einem Tag einen alkoholfreien Saft zu sich zu nehmen und an einem anderen Tag dasselbe Getränk mit Alkohol gemischt zu konsumieren. Zu verschiedenen Zeitpunkten an beiden Tagen wurde die Blutalkoholkonzentration gemessen. Die Getränke waren so präpariert, dass sie nicht nach Alkohol rochen oder schmeckten, sodass die Teilnehmerinnen beim ersten Schluck nicht erkennen konnten, ob es sich um ein alkoholisches Getränk handelte. Jeweils vor dem Trinken und zu verschiedenen Zeitpunkten danach beantworteten die Probandinnen Fragen zu den Auswirkungen, während die Forscher mehrere Blutproben nahmen. Ein Screening von Patienten mit dem Alcohol Sensitivity Questionnaire nach einem bariatrischen Eingriff könnte laut den Studienautoren dazu beitragen, Personen zu identifizieren, bei denen nach der Operation ein erhöhtes Risiko für Alkoholprobleme besteht. Es könnte Medizinern auch ermöglichen, effektivere Präventionsprogramme für diese Patienten anzubieten.
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