„Ärzte müssen auf die Integrität der elektronischen Patientenakte vertrauen können”

Norbert Smetak (Foto: Phil Dera)

Anlässlich der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Gesundheit des Bundestages am 15. November bezieht der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) Stellung zur elektronischen Patientenakte (ePa), deren Integrität eine zwingende Voraussetzung sei.

Der SpiFa begrüßt den beabsichtigten Übergang bei der ePA zu einer Opt-Out-Anwendung, um so die Hürden für die Nutzung durch die Versicherten insbesondere bei der Bereitstellung durch die Krankenkassen herabzusetzen. Außerdem befürwortet er eine weitestgehend automatisiert laufende Befüllung der ePA mit strukturierten Daten, vorausgesetzt, dass die Steuerung der Befüllung der ePA mit Daten aus den elektronischen Akten der Ärztinnen und Ärzte ausschließlich in ärztlicher Hand verbleibt.

Dreh- und Angelpunkt für eine künftige Akzeptanz und breite Nutzung durch die Fachärzteschaft bleibt dem Verband zufolge aber die Sicherstellung der Integrität der ePA und ihrer Inhalte und damit verbunden die notwendige Transparenz, was eine mögliche (Teil-)Löschung von Daten oder (Teil-)Zugriffsverweigerung durch die jeweiligen Versicherten betrifft.

SpiFa: Änderungen müssen ersichtlich sein

„Ärztinnen und Ärzte werden die ePA nur zur Anwendung bringen, wenn sie ganz sicher auf die Integrität der ePA vertrauen können. Dafür müssen die Informationen in der ePA korrekt sein und es muss klar ersichtlich sein, ob ursprünglich in der Akte hinterlegte Informationen vorenthalten werden. Dazu gehören beispielsweise Informationen zu bestimmten Arzneimitteltherapien, die eine lebensgefährliche Wechselwirkung mit geplanten Therapien auslösen können”, betont Dr. Norbert Smetak, Mitglied des SpiFa-Vorstandes und Vorsitzender des SpiFa-Ausschusses „Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung”. „Bleibt die ePA jedoch für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte eine Blackbox, werden sie die ePA nicht benutzen“, so Smetak weiter.

Deshalb fordert der SpiFa zum einen, dass für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte klar ersichtlich ist, ob in der ePA Inhalte gelöscht wurden und ob ihnen durch Widerspruch Zugriffe auf die ePA verweigert werden. Zum anderen bedarf es aus Sicht des SpiFa der Aufklärung der Patientinnen und Patienten durch die Krankenkassen, welche Risiken eine Löschung beziehungsweise ein Widerspruch im Einzelnen bewirken können.

Beratung zu Gesundheitsrisiken durch Kassen nachteilig für Patienten

Kritisch sieht der SpiFa auch, dass Krankenkassen künftig ihre Versicherten anhand von automatisierten Auswertungen von Gesundheitsdaten zu Gesundheitsrisiken beraten können: „Es ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten, eine Entscheidung über Diagnose und Therapie zu fällen, und das muss auch so bleiben,“ hebt Dr. Helmut Weinhart, stv. 2. Vorsitzender des SpiFa-Vorstandes, hervor. „Stellen Sie sich vor, Sie als Patientin oder Patient werden unerwartet von der Krankenkasse kontaktiert und auf ein potenzielles Gesundheitsrisiko hingewiesen. Viele Patientinnen und Patienten dürften damit überfordert, vor allem aber verunsichert sein und landen mit dieser Information in den Praxen. Nur dort finden sie ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis, die Basis für eine solide Beratung und Aufklärung über Gesundheitsrisiken.“

Der SpiFa erachtet es im Hinblick auf ihre eigentliche Aufgabe als sozialversicherungsrechtlicher Kostenträger weder als sachgerecht noch als vorteilhaft für die Versorgung von Patientinnen und Patienten, wenn Krankenkassen plötzlich im Rahmen dieser Regelung eine Rolle als Leistungserbringer im Gesundheitswesen zuteilwird. Stattdessen könnten die Auswertung und Kenntnis dieser Daten zu erheblichen Interessenkollisionen innerhalb der jeweiligen Krankenkassen führen und so den Patientinnen und Patienten eher zum Nachteil gereichen.