Alagille-Syndrom: Therapie-Option für eine als unheilbar geltende Lebererkrankung scheint gefunden

Studienautor Duc Dong. (Foto: © Sanford Burnham Prebys)

Eine Gruppe US-amerikanischer und chinesischer Forschender hat in einer neuen Studie gezeigt, dass die Auswirkungen des Alagille-Syndroms – einer unheilbaren genetischen Störung, die die Leber betrifft – mit einem Medikament rückgängig gemacht werden könnte.

Die Ergebnisse der in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlichten Untersuchung könnten nicht nur die Therapie dieser seltenen Krankheit verändern, sondern auch Auswirkungen auf Erkrankungen haben, die häufiger vorkommen.  „Das Alagille-Syndrom wird allgemein als unheilbare Krankheit angesehen, aber wir glauben, dass wir auf dem Weg sind, dies zu ändern“, erklärt Prof. P. Duc Si Dong vom Human Genetics Program am Sanford Burnham Prebys Medical Discovery Institute in La Jolla (USA). „Wir möchten dieses Medikament in klinische Studien bringen, und unsere Ergebnisse zeigen zum ersten Mal seine Wirksamkeit.“

Das Alagille-Syndrom wird durch eine Mutation verursacht wird, die die Bildung und Regeneration von Gallengängen in der Leber verhindert. Kinder mit Alagille-Syndrom benötigen häufig eine Lebertransplantation. Neben der geringen Verfügbarkeit von Spenderorganen sei aber auch ein Problem, dass nicht alle Kinder mit Alagille-Syndrom geeignet sind, wie das Sanford Burnham Prebys Medical Discovery Institute schreibt. Ohne Transplantation liege die Mortalitätsrate bis zum späten Jugendalter bei von 75 Prozent.

„Duc und sein Team betreiben weiterhin spannende Forschungen zum Alagille-Syndrom, und diese Durchbrüche geben Familien, die mit dieser sehr komplizierten und komplexen Störung leben, sicherlich Hoffnung“, unterstreicht Roberta Smith, Präsidentin der internationalen Alagille Syndrome Alliance. Die Organisation unterstützt Ducs Arbeit nach eigenem Vernehmen seit Langem.

Das neue Medikament namens NoRA1 aktiviert den Notch-Signalweg, der an der Regulierung grundlegender biologischer Prozesse beteiligt ist und neben dem Alagille-Syndrom bei vielen Erkrankungen eine Rolle spielt. Bei Kindern mit Alagille-Syndrom verursacht eine genetische Mutation eine Verringerung der Notch-Signalübertragung, was zu einem schlechten Wachstum und einer schlechten Regeneration der Lebergänge führt.

Die Forschenden fanden heraus, dass NoRA1 bei Tieren mit Mutationen im selben Gen, das beim Alagille-Syndrom betroffen ist, die Notch-Signalgebung erhöht und die Zellen der Lebergänge dazu veranlasst, sich zu regenerieren und in der Leber neu anzusiedeln. Dadurch werden den Wissenschaftlern zufolge Leberschäden rückgängig gemacht und das Überleben erhöht.

„Die Leber ist bekannt für ihre große Regenerationsfähigkeit, aber dazu komme es bei den meisten Kindern mit Alagille-Syndrom aufgrund der beeinträchtigten Notch-Signalübertragung nicht“, beschreibt Erstautor Chengjian Zhao, Postdoktorand in Dongs Labor. „Unsere Untersuchung legt nahe, dass es ausreichen könnte, dem Notch-Weg mit einem Medikament einen Schubs nach oben zu geben, um so das normale regenerative Potenzial der Leber wiederherzustellen.“

Die Studienautoren testen das Medikament derzeit an Miniaturlebern, die im Labor mit Stammzellen kultiviert werden, die aus den Zellen von Alagille-Patienten stammen. „Anstatt die Zellen zu etwas Ungewöhnlichem zu zwingen, fördern wir nur einen natürlichen Regenerationsprozess“, ergänzt Dong. „Daher bin ich optimistisch, dass dies ein wirksames Therapeutikum für das Alagille-Syndrom sein wird.“

Dong unternimmt auch Schritte zur Gründung eines Start-up-Unternehmens, um das Medikament in klinische Studien zu bringen. Das neue Unternehmen wird sich zunächst auf das Alagille-Syndrom konzentrieren, plant aber auch, dieses Medikament für andere, häufigere Krankheiten, einschließlich bestimmter Krebsarten, zu entwickeln.