Alkohol-produzierende Bakterien können auch bei Nicht-Trinkern Leberschäden verursachen

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Von der nicht alkoholbedingten Fettlebererkrankung (NAFLD) ist rund ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung weltweit betroffen. Die Ursache der Erkrankung ist aber nicht bekannt. Jetzt haben Forscher die NAFLD mit Darmbakterien in Verbindung gebracht, die eine große Menge Alkohol im Körper produzieren. Solche Bakterien wurden bei Untersuchungen bei mehr als 60 Prozent der NAFLD-Patienten gefunden.

Die Ergebnisse der Forscher könnten dazu beitragen, ein Screening-Verfahren zur Früherkennung und Behandlung der NAFLD zu entwickeln.

„Wir waren überrascht, dass Bakterien so viel Alkohol produzieren können“, sagt Hauptautorin Jing Yuan vom Capital Institute of Pediatrics. „Wenn der Körper überlastet ist und der von diesen Bakterien produzierte Alkohol nicht abgebaut werden kann, kann es zu einer Fettlebererkrankung kommen, auch wenn man nicht trinkt.“

Yuan und ihr Team entdeckten den Zusammenhang zwischen Darmbakterien und NAFLD, als sie einen Patienten mit schwerem Leberschaden und einer seltenen Erkrankung untersuchten, der als „Auto-Brewery Syndrome“ (ABS) bezeichnet wird. Patienten mit ABS zeigen sich nach dem Verzehr alkoholfreier und stark zuckerhaltiger  Lebensmittel alkoholisiert. Der Zustand wurde mit einer Hefeinfektion in Verbindung gebracht, die im Darm zur Produktion von Alkohol und einer Vergiftung führen kann.

„Wir dachten zunächst, es liege an der Hefe, aber das Testergebnis bei diesem Patienten war negativ“, berichtet Yuan. „Auch eine gegen die Hefe gerichtete Medikation funktionierte nicht. Also vermuteten wird, dass [seine Krankheit] durch etwas anderes verursacht wurde.“ Bei der Analyse von Stuhlproben des Patienten stellte das Team fest, dass er verschiedene Stämme des Bakteriums Klebsiella pneumonia in seinem Darm aufwies, die große Mengen Alkohol produzierten.

K. pneumonia ist ein Bakterium, das häufig im menschlichen Darm zu finden ist. Die aus dem Darm des Patienten isolierten Stämme können jedoch etwa vier- bis sechsmal mehr Alkohol erzeugen als Stämme, die bei gesunden Menschen vorkommen.

Darüber hinaus untersuchte das Team die Darmmikrobiota von 43 NAFLD-Patienten und 48 gesunden Personen. Sie fanden heraus, dass etwa 60 Prozent der NAFLD-Patienten K. pneumonia in ihrem Darm aufwiesen, die Alkohol in mittlerer und hoher Menge produzierten. Nur sechs Prozent der gesunden Kontrollpersonen wiesen solche Stämme auf.

Um zu untersuchen, ob K. pneumonia eine Fettleber verursachen kann, transferierten die Forscher über einen Zeitraum von drei Monaten K. pneumonia, die in Alkohol in großer Menge produzierten und von ABS-Patienten stammten, in keimfreie Mäuse. Diese begannen nach dem ersten Monat, eine Fettleber zu entwickeln. Nach 2 Monaten zeigten die Leber der Mäuse Anzeichen von Narbenbildung, was bedeutet, dass ein langfristiger Leberschaden aufgetreten war. Das Voranschreiten der Lebererkrankung bei diesen Mäusen war vergleichbar mit dem von Mäusen, denen man Alkohol verabreicht hatte. Als das Team den  Mäusen, in die man K. pneumonia transferiert hatte, ein Antibiotikum verabreichte, das dieses Bakterium abtötete, kehrte sich der Zustand der Versuchstiere um.

Diese Grafik zeigt, dass K. pneumoniae, die große Mengen Alkohol produzieren bei einem hohen Prozentsatz von NAFLD-Patienten vorkommen. (© Yuan et al./Cell Metabolism)

„Die NAFLD ist eine heterogene Erkrankung und kann viele Ursachen haben“, betont Yuan. „Unsere Studie zeigt, dass K. pneumonia sehr wahrscheinlich eine davon ist. Diese Bakterien schädigen die Leber genauso wie Alkohol – der Unterschied ist, dass man keine Wahl hat.

„Es ist jedoch nicht bekannt, warum manche Menschen einen K.-pneumonia-Stamm im Darm haben, der in hoher Menge Alkohol produziert, und andere nicht.“

„Es ist wahrscheinlich, dass diese speziellen Bakterien über Träger aus der Umwelt in den Körper der Menschen gelangen, beispielsweise über Lebensmittel“, sagt Koautor Di Liu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. „Aber ich glaube nicht, dass diese Überträger weit verbreitet sind – ansonsten wäre eine viel höhere NAFLD-Rate zu erwarten. Möglicherweise haben manche Menschen ein Darmmilieu, das aufgrund der Genetik besser für das Wachstum und die Besiedlung von K. pneumonia geeignet ist als andere. Wir wissen nicht, welche Faktoren jemanden anfälliger für diese bestimmten Stämme von K. pneumonia machen. Das wollen wir als nächstes herausfinden.“

Dieser Befund könnte laut Yuan auch bei der Diagnose und Behandlung von bakterienbedingter NAFLD hilfreich sein. Da K. pneumonia unter Verwendung von Zucker Alkohol produziert, haben Patienten, die diese Bakterien tragen, nach dem Trinken einer einfachen Glucoselösung eine nachweisbare Menge Alkohol im Blut. „Im Frühstadium ist eine Fettlebererkrankung reversibel. Wenn wir die Ursache früher identifizieren können, könnten wir Leberschäden behandeln und sogar verhindern.“