Alkoholabstinenz: Auch bei fortgeschrittener Leberzirrhose essenziell

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Vollständige Alkoholkarenz gilt als Grundpfeiler in der Behandlung von Patienten mit alkoholbedingter Lebererkrankung. Ob diese Maßnahme die Prognose auch bei bereits fortgeschrittener Leberzirrhose noch verbessern kann, wurde bisher nicht ausreichend erforscht.

Wissenschaftler der Universitätsklinik für Innere Medizin III von Medizinischen Universität (MedUni) Wien und des Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien (AKH)/Universitätsklinikum Wien (Österreich) haben nun den Nachweis für die positiven Effekte der Alkoholabstinenz selbst in weit fortgeschrittenen Krankheitsstadien erbracht. Die Ergebnisse ihrer klinischen Studie wurden kürzlich im Fachjournal „Clinical Gastroenterology and Hepatology“ veröffentlicht.

Im Rahmen der Studie analysierte das Forschungsteam um Dr. Benedikt Hofer und Dr. Thomas Reiberger von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Universitätsklinik für Innere Medizin III von MedUni Wien und AKH Wien den klinischen Verlauf von 320 Patienten mit alkoholbedingter Leberzirrhose. Dabei wurde nicht nur der Einfluss der Alkoholabstinenz, sondern auch die Auswirkung der portalen Hypertension untersucht. 

Mit der Analyse beider Faktoren erzielten die Forschenden nun erstmals Erkenntnisse über den Effekt der Alkoholabstinenz bei fortgeschrittener Leberzirrhose in verschiedenen Stadien der portalen Hypertension. „Unsere Ergebnisse zeigen eindeutig, dass alle Patient:innen mit alkoholbedingter Leberzirrhose, die eine anhaltende Alkoholabstinenz einhalten, nicht nur signifikant seltener Komplikationen der Leberzirrhose erleiden, sondern auch deutlich länger leben – sogar  bei ausgeprägter portaler Hypertension“, erklärt Erstautor Hofer.

Evidenz für prognostische Relevanz

Obwohl die vollständige Alkoholabstinenz als Basistherapie für Patienten mit alkoholbedingter Lebererkrankung empfohlen wird, wurde die prognostische Relevanz der Abstinenz bei fortgeschrittener Leberzirrhose bisher nur unzureichend erforscht. „Unsere neuen Daten liefern eine wichtige Evidenz für die tägliche Beratung unserer Patient:innen und zeigen, dass es nie zu spät ist, vollständige Alkoholabstinenz anzustreben“, erklärt Studienleiter Reiberger. Allerdings zeigte die Studie auch, dass selbst Patienten mit anhaltender Alkoholkarenz ein Risiko für die Entwicklung von Komplikationen aufweisen – insbesondere wenn das Ausmaß der portalen Hypertension sehr ausgeprägt bleibt. Daher benötigen alle Betroffenen regelmäßige medizinische Kontrollen.

Personalisierte Therapiemöglichkeiten

Wie ebenfalls in der Studie gezeigt, liefert die Messung der portalen Hypertension unabhängig vom Alkoholkonsum wichtige prognostische Informationen bei Patient:innen mit alkoholbedingter Leberzirrhose. Die minimalinvasive Untersuchung des Lebervenendruckgradienten gilt als Goldstandard, um das Ausmaß der portalen Hypertension zu evaluieren. Die Methodik der Messung wurde im Laufe der vergangenen Jahre im Labor für hepatische Hämodynamik der MedUni Wien stetig weiterentwickelt. So können optimierte, personalisierte Therapiemöglichkeiten für die Patienten geschaffen werden.