Alkoholkonsum kann das Darmmikrobiom verändern – aber nicht so, wie man vielleicht denkt

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Übermäßiger Alkoholkonsum kann zu einem übermäßigen Wachstum bakterieller Gemeinschaften führen. Aus einer Untersuchung an Mäusen geht aber nun hervor, dass dieses Ungleichgewicht keine große Rolle beim Risiko einer alkoholischen Lebererkrankung zu spielen scheint.

Zu den negativen Auswirkungen übermäßigen Alkoholkonsums gehört, dass er dazu in der Lage ist, das Darmmikrobiom zu beeinträchtigen: Allerdings war bisher unklar, wie es dazu kommt, da der Großteil des konsumierten Alkohols im Mund und Magen absorbiert wird und nicht den Darm erreicht.

In einer neuen Studie schlagen nun Forschende eine Antwort vor: Die Umprogrammierung der Darmmikrobiota wird dadurch verursacht, dass von der Leber produziertes Acetat zurück in den Darm diffundiert, wo es zu einer Kohlenstoffquelle zur Unterstützung des Bakterienwachstums wird.

„Man kann sich das ein bisschen so vorstellen, als würde man Dünger in einen Garten kippen“, formuliert Mitautor Dr. Karsten Zengler, Professor in den Abteilungen für Pädiatrie und Bioingenieurwesen an der School of Medicine der University of California in San Diego beziehungsweise der Jacobs School of Engineering (USA). „Das Ergebnis ist eine Explosion unausgewogenen biologischen Wachstums, von der einige Arten profitieren, andere jedoch nicht.“

Acetat kommt im Zellstoffwechsel zum Einsatz und spielt eine Rolle bei der Appetitregulierung, dem Energieverbrauch und der Immunantwort. In moderaten Mengen fördert es die allgemeine Gesundheit, von einer verbesserten Herzfunktion bis hin zu einer gesteigerten Produktion roter Blutkörperchen und der Gedächtnisfunktion. In übermäßigen Mengen wird es mit Stoffwechselveränderungen im Zusammenhang mit Krankheiten, einschließlich Krebs, in Verbindung gebracht.

In der neuen Studie fütterten Zengler und Kollegen Mäuse mit einem Molekül, das im Darm der Nagetiere in drei Acetate zerlegt werden konnte. Die Forscher stellten fest, dass die Darmmikrobiota der Tiere durch das zusätzliche Acetat in ähnlicher Weise verändert wurde, wie sie es bei der Fütterung von Alkohol an Mäuse beobachteten, jedoch ohne schädigende Auswirkungen auf die Leber der Tiere.

„Chronischer Alkoholkonsum ist mit einer geringeren intestinalen Expression antimikrobieller Moleküle verbunden”, erklärt Zengler. “Personen mit alkoholbedingter Lebererkrankung weisen häufig eine bakterielle Überwucherung im Darm auf. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der mikrobielle Ethanolstoffwechsel nicht wesentlich zur Dysbiose des Darmmikrobioms beiträgt und dass das durch Acetat veränderte Mikrobiom keine große Rolle bei Leberschäden spielt.“

„Die Situation ist komplizierter als bisher angenommen”, so Zengler weiter. “Es ist nicht einfach so, dass mehr Ethanol zu Veränderungen des Mikrobioms führt und somit eine Mikrobiom-Dysbiose zu mehr Lebererkrankungen. Obwohl sich diese Erkenntnis nicht auf unmittelbar bevorstehende neue Therapien bei alkoholbedingten Lebererkrankungen übertragen lässt, wird sie dazu beitragen, die Wirkung von Acetat auf die Mikrobiota abzugrenzen und die Designs zukünftiger Studien zu verfeinern.“

Laut den Autoren sind die Ergebnisse wichtig, weil sie darüber hinausgehen, ob „Veränderungen im Darmmikrobiom im Zusammenhang mit dem Ethanolkonsum per se kritisch sind” … und “hin zur Identifizierung von Bakterien, die ursächlich für die schädlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums sind, und nicht für Nebenwirkungen entweder des Konsums oder Krankheit.“