All-in-One-Modell rekonstruiert komplexe Leberarchitektur25. Juni 2025 Periportales Assembloid mit Visualisierung der drei beteiligten Zelltypen: Cholangiozyten in Rosa, Portalfibroblasten in Grün und Hepatozytenkerne in Blau; alle Zellränder sind in Weiß dargestellt. (Abbildung: © Anna Dowbaj, Aleksandra Sljuk et al. Nature, 2025/MPI-CBG) Von Dresdner Forschenden entwickelte komplexe Leberorganoide transportieren wie im echten Organ kontinuierlich Galle aus Gallenkanälchen in den Gallengang. Möglich wird dies durch die exakte Nachbildung der Gewebearchitektur. Bisher aus Gewebe gewonnenen Leberorganoidmodelle bestehen aus nur einem Zelltyp und können die komplexe Zellzusammensetzung und Gewebearchitektur, wie beispielsweise die periportale Region der Leber, nicht nachbilden. Um diese Hürde zu überwinden, sucht die Forschungsgruppe von Prof. Meritxell Huch, Direktorin am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) in Dresden, schon seit Langem nach besseren Lösungen. So publizierten die Forschenden im Jahr 2021 zu einem Leberorganoid, das aus zwei Zelltypen bestand: Cholangiozyten und Mesenchymzellen. Mit diesem Organoid konnten sie zwar Zell-Zell-Interaktionen und die Anordnung der Zellen modellieren, es fehlten jedoch andere periportale Zelltypen – vor allem Hepatozyten, die den größten Teil der Lebermasse ausmachen. Entwicklung eines Organoidmodells der nächsten Generation In der aktuellen Studie, die in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht wurde, konnten Forschende aus Huchs Arbeitsgruppe gemeinsam mit Kollegen aus den Gruppen von Prof. Marino Zerial und Prof. Heather Harrington (beide ebenfalls Direktoren am MPI-CBG) ein Organoidmodell der nächsten Generation entwickeln. Dieses „periportale Assembloid“ besteht aus adulten Cholangiozyten und mesenchymalen Leberzellen (wie im vorherigen Modell), enthält nun aber zusätzlich auch Hepatozyten, die wichtigsten funktionellen Zellen der adulten Leber. Dieses Modell kombiniert in einem schrittweisen Prozess verschiedene Zellen. „Unser Assembloid rekonstruiert die periportale Region der Leber und kann Aspekte der cholestatischen Leberschädigung und der biliären Fibrose modellieren. Wir haben uns bewusst für diesen Bereich entschieden, da dieser eine wichtige Rolle beim Gallentransport spielt und bei Lebererkrankungen häufig beeinträchtigt ist, da die Verbindung der für den Gallentransport verantwortlichen Zellen blockiert ist,“ erklärt Dr. Anna Dowbaj, eine der Erstautorinnen. Sie ist Postdoktorandin in der Huch-Gruppe und seit Juni Assistenzprofessorin an der Technischen Universität München (TUM). Nachbildung der Interaktion von Leberzellen „Um unser Ziel zu erreichen, haben wir zunächst Organoide hergestellt, die ausschließlich aus Hepatozyten bestehen, funktionierende Gallengänge bilden und wichtige Eigenschaften echter Hepatozyten im Gewebe beibehalten“ erklärt Aleksandra Sljukic, ebenfalls Erstautorin der Studie und Doktorandin in der Huch-Gruppe. „Anschließend haben wir Cholangiozyten und Fibroblasten hinzugefügt, um periportale Assembloide herzustellen. Unser Lebermodell funktioniert wie echtes Lebergewebe und transportiert die Galle aus dem Inneren der Leberzellen in die Gallengänge. Das zeigt uns, dass wir die Interaktionen zwischen den verschiedenen Leberzellen nachbilden konnten.“ Indem die Forschenden die Anzahl mesenchymaler Zellen veränderten, konnten sie eine Reaktion auslösen, die der Leberfibrose ähnelt. Damit konnten sie auch zeigen, dass dieses Modell dazu genutzt werden kann, die Rolle bestimmter Gene bei Lebererkrankungen zu untersuchen, indem normale und mutierte Zellen gemischt oder Gene ausgeschaltet werden. Mithilfe topologischer Datenanalyse waren Harrington und ihre Kollegen an der Universität Oxford (Großbritannien) in der Lage, die Formen der Assembloide zu klassifizieren. Dabei stellten sie fest, dass einige Formen im Laufe der Zeit mit einer besseren Leberfunktion in Zusammenhang standen. Untersuchung von Lebererkrankungen und eine Vision für die Zukunft „Obwohl noch einige Zellen fehlen, darunter Endothel- und Immunzellen, bildet das Modell die zelluläre und strukturelle Architektur des periportalen Bereichs der Leber im Maßstab einer Zellkulturplatte mit hoher Präzision nach“, sagt Huch. „Dank seiner modularen Bauweise lässt es sich außerdem leicht untersuchen, handhaben und im Labor verändern. Unsere Leber-Assembloide sind das erste All-in-One-Labormodell, mit dem der Gallenfluss, Verletzungen der Gallengänge und die Rolle verschiedener Leberzellen bei der Entstehung von Krankheiten untersucht werden können.” Die Forscherin ergänzt: „Wir können uns vorstellen, dass unsere periportalen Lebermodelle letztendlich zur Untersuchung von Krankheitsmechanismen eingesetzt werden könnten. Nach der Übertragung auf menschliche Zellen könnte dies ein Weg sein, um von 2D-Modellen, die in pharmazeutischen Screenings verwendet werden, zu physiologischeren 3D-Modellen überzugehen. Mit diesen kann die Wirksamkeit und Toxizität von Medikamenten in einem physiologisch relevanteren Kontext untersucht werden.“
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