Angeborene Darmfehlrotation: Kein erneuter Volvulus nach Kareem-Verfahren in neuer Studie 

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In einer neuen Studie beschreiben Medizinerinnen und Mediziner von der Cleveland Clinic (USA) ein chirurgisches Verfahren zur Behandlung von Kindern und Erwachsenen mit angeborener Darmfehlrotation.

In der in den „Annals of Surgery“ veröffentlichten Studie definieren die Autorinnen und Autoren auch das Krankheitsbild sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen, identifizieren die Patientinnen und Patienten, bei denen das Risiko eines Darmverlustes besteht, und bewerten die Langzeit-Outcomes nach verschiedenen chirurgischen Interventionen.

Eine Fehl- oder Malrotation des Darms trete in den USA bei etwa einer von 500 Geburten auf, berichten die Verfasserinnen und Verfasser der neuen Arbeit. Während der Schwangerschaft dreht sich der Darm eines Babys normalerweise um 270 Grad gegen den Uhrzeigersinn und wird dann in seiner Position fixiert. Bei einer Darmmalrotation ist funktionier dieser embryonale Prozess jedoch nicht richtig und ist in der Folge manchmal mit einer Fehlentwicklung des Darms, der Bauchdecke und der Nervenversorgung des Darms verbunden. Infolgedessen können Babys, Kinder und Erwachsene mit dieser Erkrankung an verschiedenen Magen-Darm-Beschwerden leiden – von Bauchschmerzen, Übelkeit und Blähungen bis hin zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten und verändertem Stuhlgang. Im schlimmsten Fall führt ein Volvulus zum Verlust des größten Teils des Dünndarms und der Hälfte des Dickdarms, wodurch eine langfristige intravenöse Ernährung notwendig wird. Einige Patientinnen und Patienten benötigen möglicherweise schließlich eine lebensrettende Darm- oder Multiviszeraltransplantation.

Dr. Kareem Abu-Elmagd, Leiter des Zentrums für Darmrehabilitation und Transplantation der Cleveland Clinic und Hauptautor der Studie hat ein neues Verfahren zur Korrektur der Darmmalrotation entwickelt, mit dem sich gastrointestinale Symptome lindern und die Notwendigkeit einer Darmtransplantation verhindern lässt. „Während des Eingriffes werden die Verdauungsorgane neu angeordnet und an ihren korrekten anatomischen Positionen fixiert, was ein Verdrehen des Darms verhindert, die Verdauungssymptome behebt und die Lebensqualität verbessert“, berichtet Abu-Elmagd.

Die Operation, die traditionell zur Behandlung einer Darmfehlrotation verwendet wurde, wird als Ladd-Verfahren bezeichnet; dabei wird die Verdrehung des Darm behoben und ein Darmverschluss verhindert, indem peritoneale Ligamente zwischen Zwölffingerdarm und Dickdarm geteilt werden.

Trotz der Linderung der Obstruktion mit einer vorübergehenden Verbesserung der Symptome verhindert das Ladd-Verfahren laut den Autorinnen und Autoren der aktuellen Studie jedoch nicht, dass sich der Darm in Zukunft wieder verdreht, was die Blutversorgung unterbrechen und in jedem Alter lebensbedrohlich sein kann.

Die neu vorgestellte Studie ist laut den Forschenden die bisher weltweit größte Serie mit dem längsten Follow-up in der Literatur.

Von den 500 Patientinnen und Patienten in der Studie wurden 41 Prozent nach einem Darmverlust aufgrund eines Volvulus überwiesen. Die übrigen 59 Prozent zeigten eine Vielzahl von Verdauungssymptomen, hatten aber einen intakten Darm. Bei Patientinnen und Patienten mit massivem Darmverlust war eine Darmtransplantation erforderlich. Die neue Operation („Kareem-Verfahren“) wurde bei Patientinnen und Patienten mit intaktem Darm und Symptomen durchgeführt, die Betroffenen stark beeinträchtigten.

Die Studie ergab, dass die Patientinnen und Patienten mit dem höchsten Risiko für einen Darmverlust angeborene Anomalien aufwiesen, die den Gastrointestinaltrakt und die Bauchdecke betrafen, und männlich waren – Merkmale, die zuvor in der medizinischen Literatur für ein erhöhtes Risiko für diese Erkrankung zuvor nicht beschrieben worden waren. Zudem entwickelten 21 Prozent der Betroffenen, bei denen in der Vergangenheit ein Ladd-Verfahren durchgeführt worden war, in der Folge einen weiteren Volvulus.

Die Studienautorinnen und -autoren stellten fest, dass eine Darmtransplantation das Leben von Kindern nach einem erlitten Darmverlust retten kann. Das Überleben dieser Kinder erreichte 63 Prozent nach zehn Jahren und 54 Prozent nach 20 Jahren. Säuglinge hatten mit bis zu 64 Prozent im Alter von 20 Jahren das beste Überleben. Die meisten Überlebenden besaßen laut den Verfasserinnen und Verfassern eine bessere Lebensqualität.

Abu-Elmagd betont: „Eltern müssen die ermutigenden Ergebnisse kennen, damit sie anhand dieser gemeinsam mit dem sie betreuenden ärztlichen Team gemeinsam eine Entscheidung treffen können.“

Dies Studie zeigt laut ihren Autorinnen und Autoren auch, dass mehr Bewusstsein für die Darmfehlrotation erforderlich ist, um die Erkrankung proaktiv behandeln und ihre potenziell lebensbedrohlichen Komplikationen verhindern zu können.

„Übersehene Symptome oder Fehldiagnosen können dazu führen, dass es zu einer Verzögerung in der lebensverändernden Versorgung kommt“, erklärt Abu-Elmagd. „Daher ist es wichtig, die angeborene Erkrankung früh im Leben zu diagnostizieren – möglicherweise, indem man verstärkt perinatale Screening-Programme anbietet – damit Patientinnen und Patienten rechtzeitig eine wirksame chirurgische Behandlung erhalten können, damit ein Volvulus verhindert und der Darm gerettet werden kann.“

In dieser Studie wurde das Kareem-Verfahren bei 80 Patientinnen und Patienten mit intaktem Darm und zu Beeinträchtigungen führenden Symptomen durchgeführt – 92 Prozent waren Erwachsene und acht Prozent Kinder. Schon bald nach der Operation besserten sich deren Verdauungsbeschwerden deutlich. In bis zu zehn Jahren Nachbeobachtung konnten die Autorinnen und Autoren feststellen, dass die Mehrheit der operierten Patientinnen und Patienten normal essen können und eine bessere Lebensqualität haben als vor der dem Eingriff. Nach Durchführung des Kareem-Verfahrens entwickelte keiner der Operierten einen Volvulus. Derzeit läuft an der Cleveland Clinic eine Machbarkeitsstudie zu einem laparoskopischen Ansatz des Verfahrens.