Antibiotika verlängerten das Leben von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs8. Juli 2025 Immunhistochemischer Nachweis bakterieller Zellwandbestandteile (A/B Lipoteichonsäure, C/D Lipopolysaccharid) im Tumorgewebe von Bauchspeicheldrüsenkrebs-Proben. (Abbildungen: Quelle: Institut für Allg. Pathologie, Copyright: MUI/BJC) Patienten mit einem Pankreaskarzinom überlebten doppelt so lange, wenn sie nach der Resektion zusätzlich zur Chemotherapie mit Gemzitabin ein Antibiotikum erhielten. Das ist die zentrale Erkenntnis einer neuen retrospektiven Studie. Laut dem Autor Prof. Steffen Ormanns, Leiter des Institutes für Allgemeine Pathologie an der Medizinischen Universität Innsbruck (Österreich) und seinem Team könnte diese Erkenntnis rasch in der Praxis umgesetzt werden. Die Forschenden planen jetzt Nachfolgestudien, um die Ergebnisse zu sichern. Bakterien unterdrücken die Wirkung von Gemzitabin „Wir haben in unseren Studien der vergangenen Jahre gesehen, dass es bestimmte Keime gibt, die für eine sehr schlechte Prognose der PatientInnen sorgen“, erläutert Ormanns. Dies gilt dem Mediziner zufolge insbesondere im Setting der adjuvanten Chemotherapie. Genau gesagt wird ein Tumor, der sehr viele dieser Keime enthält, von dem Chemotherapeutikum Gemzitabin nicht ausreichend angegriffen. Eine israelische Forschungsgruppe hatte bereits 2017 im Mausmodell gezeigt, dass bestimmte Keime in der Lage sind, Gemzitabin abzubauen: Der Wirkstoff wird zu einem inaktiven Stoffwechselprodukt und zerstört die Krebszellen nicht mehr. Ganz grundsätzlich könne man sagen: Je höher die Bakterienlast im Tumor, desto schlechter die Prognose, meint Ormanns. Überleben von 28,5 auf 56 Monate fast verdoppelt Im Rahmen der retrospektiven Studie haben die Forschenden um Erstautor Dr. Michael Günther vom Institut für Pathologie (Innpath) der Tirol Kliniken und Seniorautor Ormanns gesehen, dass das Überleben all jener Patienten, die aus unterschiedlichsten Gründen – meist Infektionskomplikationen nach der Operation – vor Beginn der Chemotherapie mit Antibiotika behandelt werden mussten, deutlich besser war. „Es ist offensichtlich so, dass diese antibiotische Therapie die Keime, die die Effektivität der Chemotherapie reduzieren, unterdrückt und dadurch die Wirksamkeit der Therapie steigt“, sagt Günther.342 Pankreastumoren wurden insgesamt untersucht. Während diejenigen Patienten, die von vorneherein eine niedrige Bakterienlast im Tumor aufwiesen und ein Antibiotikum erhielten, das beste Gesamtüberleben von 56,0 Monaten aufwiesen, verbesserte eine antibiotische Therapie die Prognose von Betroffenen mit hoher Bakterienlast im Tumor auf 29,6 Monate ‒ im Vergleich zu 28,5 Monaten bei niedriger Bakterienlast ohne Antibiose. „Das sind zwar retrospektiv errechnete Werte“, räumt Ormanns ein. „Sie zeigen aber klar, dass eine antibiotische Therapie in Zusammenhang mit dieser Chemotherapie die Prognose der PatientInnen deutlich verbessern kann.“ Die eindeutigen Ergebnisse der Arbeit von Ormanns Arbeitsgruppe konnten von Kollegen in den USA untermauert werden. Die amerikanischen Forschenden haben Ormanns zufolge dieselben Effekte sowohl in der adjuvanten Situation als auch bei fortgeschrittenen Pankreastumoren beobachtet.Nur etwa jeder fünfte Patient kommt zum Zeitpunkt der Diagnose eines Pankreaskarzinoms für eine Operation noch in Betracht. „Diese PatientInnnen leben zwar länger, sie werden durch die Operation in der Regel aber nicht geheilt“, verdeutlicht Ormanns. „Selbst die histopathologisch gesicherten, chirurgisch vollständig entfernten Erkrankungen haben ein hohes Rückfallrisiko. Das heißt, der Tumor kehrt nach rund 18 Monaten meist in Form einer Fernmetastase in der Leber, der Lunge oder im Bauchraum zurück.“ Begleitend zur Operation erhalten die Betroffenen daher eine adjuvante Chemotherapie, häufig mit Gemzitabin. „Das ist seit mehr als 15 Jahren Standard und hat die Prognose der PatientInnen deutlich verbessert. Im Vergleich zu anderen, moderneren Chemotherapeutika ist es etwas weniger effizient, dafür aber weniger toxisch“, erklärt der Mediziner. In der Praxis würden daher sehr viele, nämlich die schwachen, multimorbiden PatientInnen nach wie vor die schonendere Gemzitabin-basierte Chemotherapie sowohl adjuvant als auch im palliativen Setting erhalten. Steffen Ormanns (Foto: Quelle: David Bullock, Copyright: MUI) Patienten mit anderen Krebsformen profitieren von Erkenntnis Ormanns betont: „Diese Publikation hat eine relevante klinische Bedeutung. Die Ergebnisse liefern einen neuen Behandlungsansatz, der schnell und unkompliziert in die Praxis umzusetzen wäre. Dazu kommt, dass Antibiotika weitverbreitete Medikamente sind, die schon lange zugelassen und sicher sind. Eine Kombinationstherapie mit Chemotherapeutika ließe sich somit leicht umsetzen.“ Dazu komme, dass derselbe Mechanismus auch bei anderen Tumorformen, die eine hohe Bakterienlast aufweisen, wie zum Beispiel Gallengangs- oder Blasenkrebs, greifen kann und auch in diesen Fällen die Patienten von der Kombination Chemotherapie und Antibiotikum profitieren könnten. Zunächst gelte es nun aber, die Studienergebnisse zu validieren. Die Innsbrucker Pathologen sind gerade dabei, eine entsprechende prospektive Beobachtungsstudie zu entwerfen und auch eine neuerliche retrospektive Untersuchung ist geplant, diesmal in Zusammenarbeit mit weiteren nationalen und internationalen Kooperationspartnern.
Mehr erfahren zu: "Durch Alkohol verursachte Leberschäden: Sport und gute Ernährung vermitteln offenbar geringeres Mortalitätsrisiko" Durch Alkohol verursachte Leberschäden: Sport und gute Ernährung vermitteln offenbar geringeres Mortalitätsrisiko In einer neuen Studie haben Wissenschaftler untersucht, wie körperliche Aktivität und die Qualität der Ernährung mit unterschiedlichen Leveln und Mustern des Alkoholkonsums interagieren – mit dem Ergebnis, dass gesundes Essen […]
Mehr erfahren zu: "Exzessiver Alkoholkonsum: Gestörtes Protein-Recycling trägt zu MASLD bei" Exzessiver Alkoholkonsum: Gestörtes Protein-Recycling trägt zu MASLD bei US-Forschende haben herausgefunden, dass der Schlüssel für den Zusammenhang zwischen Alkoholmissbrauch und einer Stoffwechseldysfunktion-assoziierten steatotischen Lebererkrankung (MASLD) in einem Enzym liegt, das am Recycling unerwünschter Proteine beteiligt ist.
Mehr erfahren zu: "Neue Studie: weitaus weniger Mikroorganismen in Tumoren als bisher angenommen" Weiterlesen nach Anmeldung Neue Studie: weitaus weniger Mikroorganismen in Tumoren als bisher angenommen Ein Forschungsteam der Johns Hopkins University (USA) hat herausgefunden, dass sequenzierte Tumorproben deutlich weniger mikrobielles Erbgut aufweisen, das tatsächlich mit einer bestimmten Krebsart assoziiert ist, als bisher angenommen. Bisherige Ergebnisse […]