Antikoagulation bei Device-detektiertem Vorhofflimmern? Bei Gefäßerkrankten möglicherweise nützlich6. September 2024 Symbolfoto: ©luchschenF/stock.adobe.com Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern und gleichzeitiger Gefäßerkrankung profitieren möglicherweise stärker von einer oralen Antikoagulation als ohne Gefäßerkrankung. Das ist das Ergebnis einer neuen kombinierten Subgruppenanalyse der Studien NOAH-AFNET 6 und ARTESiA. Die Erkenntnisse wurden von Renate Schnabel, Professorin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und Lenkungsausschussmitglied beim Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET), auf dem Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in London vorgestellt und im „European Heart Journal“ veröffentlicht. Bei Device-detektiertem Vorhofflimmern handelt es sich um kurze und typischerweise seltene Episoden von Vorhofflimmern, die von Herzschrittmachern, Defibrillatoren oder implantierten Ereignisrekordern erkannt werden. Bei einem Fünftel aller Patienten mit einem am Herzen implantierten elektronischen Gerät kommt es zu Device-detektiertem Vorhofflimmern. Diese subklinische Form des Vorhofflimmerns kann zu einem Schlaganfall führen, aber das Risiko scheint geringer zu sein als bei EKG-dokumentiertem Vorhofflimmern (1 Prozent pro Jahr). Bislang ohne echten Erfolg: Antikoagulation bei subklinischem Vorhofflimmern Die beiden Studien NOAH-AFNET 6 und ARTESiA untersuchten den Nutzen einer Antikoagulation bei Menschen mit Device-detektiertem Vorhofflimmern und Schlaganfall-Risikofaktoren, aber ohne EKG-dokumentiertes Vorhofflimmern. In beiden Studien wurden die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt, von denen die eine Gruppe eine Antikoagulation (Edoxaban in NOAH-AFNET 6 und Apixaban in ARTESiA) und die andere Gruppe keine Antikoagulation erhielt, mit dem Ziel, die Wirksamkeit und Sicherheit in beiden Gruppen zu vergleichen. NOAH-AFNET 6, eine vom AFNET durchgeführte Wissenschafts-initiierte Studie, wurde aufgrund einer erwarteten Zunahme von Blutungsereignissen bei Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern vorzeitig abgebrochen, während die Schlaganfall-verhindernde Wirkung geringer als erwartet ausfiel. Die schwache Wirkung der Antikoagulation wurde auch bei mehreren Untergruppen festgestellt, darunter Patienten mit langen Episoden von Device-detektiertem Vorhofflimmern, Patienten mit vielen Begleiterkrankungen und Patienten mit einem früheren Schlaganfall. ARTESiA bestätigte die niedrige Schlaganfallrate bei Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern und zeigte eine geringe Schlaganfall-reduzierende Wirkung der Antikoagulation. Eine Metaanalyse der Studien NOAH-AFNET 6 und ARTESiA bestätigte eine Zunahme von Blutungen und stellte eine geringe Abnahme von ischämischen Schlaganfällen unter Antikoagulation fest. Unter Antikoagulation weniger kardiovaskuläre Ereignisse bei Gefäßerkrankten Prof. Schnabel, wissenschaftliche Leiterin der kombinierten NOAH-AFNET 6/ARTESiA-Subanalyse, die jetzt auf dem ESC-Kongress vorgestellt wurde, erläutert den Hintergrund dieser Forschung: „Etwa die Hälfte der Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern hat eine begleitende Gefäßerkrankung, das heißt einen früheren Schlaganfall oder eine transitorische ischämische Attacke (TIA), eine koronare oder periphere Gefäßerkrankung. Das Hauptziel unserer vorab festgelegten Subgruppenanalyse bestand darin, festzustellen, ob Gefäßerkrankungen die Wirksamkeit und Sicherheit der oralen Antikoagulations-Therapie bei Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern beeinflussen. Die Ergebnisse aus NOAH-AFNET 6 wurden in einer vordefinierten Sekundäranalyse aus ARTESiA validiert und einer Metaanalyse unterzogen.“ Etwa die Hälfte der Studienpopulation von NOAH-AFNET 6 und ARTESiA (56 % in NOAH-AFNET 6; 46 % in ARTESiA) hatte eine begleitende Gefäßerkrankung mit einer bestehenden Indikation für eine Acetylsalicylsäure-Therapie. Bei diesen Patienten traten Schlaganfall, Herzinfarkt, systemische oder Lungenembolie oder kardiovaskulärer Tod mit Antikoagulation seltener auf als ohne (3,9 % vs. 5,0 % pro Patientenjahr in NOAH-AFNET 6 und 3,2 % vs. 4,4 % pro Patientenjahr in ARTESiA). Ohne Gefäßerkrankung waren die Ergebnisse mit und ohne Antikoagulation gleich (2,7 % pro Patientenjahr in NOAH-AFNET 6 und 2,3 % pro Patientenjahr in ARTESiA in beiden Gruppen). Die Metaanalyse ergab übereinstimmende Ergebnisse für beide Studien. Erhöhtes Blutungsrisiko bleibt bestehen Die Antikoagulation führte zu einer vergleichbaren Zunahme schwerer Blutungen bei Patienten mit Gefäßerkrankungen (Edoxaban 2,1 % pro Patientenjahr; keine Antikoagulation 1,3 % pro Patientenjahr; Apixaban 1,7 % pro Patientenjahr; keine Antikoagulation 1,1 % pro Patientenjahr) und jenen ohne Gefäßerkrankungen (Edoxaban 2,2 % pro Patientenjahr; keine Antikoagulation 0,6 % pro Patientenjahr; Apixaban 1,4 % pro Patientenjahr; keine Antikoagulation 1,1 % pro Patientenjahr). Der AFNET-Vorstandsvorsitzende und wissenschaftliche Leiter der NOAH-AFNET-6-Studie Prof. Paulus Kirchhof, UKE, schlussfolgert: „Diese kombinierte NOAH-AFNET-6- und ARTESiA-Subanalyse deutet darauf hin, dass die Antikoagulation unterschiedlich wirkt, je nachdem ob zusätzlich zum Device-detektierten Vorhofflimmern eine Gefäßerkrankung vorliegt oder nicht. In der Hochrisiko-Untergruppe der Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern und Gefäßerkrankungen scheint eine Antikoagulation thromboembolische Ereignisse stärker zu reduzieren als bei Patienten ohne Gefäßerkrankungen. Diese Daten können die gemeinsame klinische Entscheidungsfindung zur Antikoagulations-Therapie bei Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern unterstützen.“
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